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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 Ss 1133/99 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe bei einem versuchten Betrug.
Zur Strafzumessung bei Einsatz eines agent provocateurs im BtM-Bereich

Senat: 5

Gegenstand: Revision

Stichworte: Betrug, Verstoß gegen das BtM-Gesetz, Abgrenzung Mittäterschaft und Beihilfe, Scheinkäufer, Rücktritt, Strafzumessung, agent provocateur

Normen: StGB 263, StGB 27, StGB 24

Beschluss: Strafsache gegen C.S. wegen Betruges

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 5. März 1999 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückverwiesen.

G r ü n d e :

I.
Das Amtsgericht Dortmund hat den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil "wegen eines gemeinschaftlichen versuchten Betruges in Tateinheit mit einem Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 60,- DM verurteilt." Zum Tatgeschehen enthält das angefochtene Urteil folgende Feststellungen:

"Der Angeklagte S. ist geständig, dem Zeugen F.St. und dem von der Kripo Unna eingesetzten Scheinaufkäufer mit dem Decknamen "Hans" 1 Kilogramm Kokain zu einem Kaufpreis von mindestens 80.000,- DM angeboten zu haben. Dabei vermittelte der Angeklagte S. dem Zeugen St. einen nicht mehr identifizierbaren "Nobi", der in Absprache mit dem Angeklagten S. keinesfalls beabsichtigte, das Rauschgift tatsächlich zu liefern. Diesem kam es vielmehr nur darauf an, sich in den Besitz vom Scheinaufkäufer mitgeführten Kaufgeldes zu setzen.

Vor diesem Hintergrund kam es am 23.06.1997 auf Veranlassung des Angeklagten S. auf dem ersten Parkplatz an der A 1 in Fahrtrichtung Oberhausen hinter der Auffahrt Bergkamen zu einem Treffen zwischen dem Angeklagten S., Nobi und dem Zeugen St. Hierbei erklärte Nobi dem Zeugen wahrheitswidrig, dass er diesem 1 kg hochwertiges Kokain aus Albanien verschaffen könne. Anschließend konkretisierte Nobi in der Gaststätte "Jägerhof" in Dortmund-Derne seine angebliche Verkaufsabsicht gegenüber dem Zeugen dahingehend, dass zunächst nur 400-500 Gramm auf einem bestimmten Parkplatz übergeben werden sollten. Die Lieferung der weiteren Teilmenge von wiederum 400-500 Gramm sollte erst dann erfolgen, wenn die erste Menge bezahlt worden sei. Bei einem erneuten Treffen am selben Tag auf demselben Parkplatz an der A 2 übergaben Nobi und der Angeklagte S. dem Zeugen 0,5 g Kokain von mittlerer Qualität, um bei diesem den Eindruck zu erwecken, dass die Verkaufsabsichten tatsächlich ernst gemeint seien.

Nach zwei weiteren Telefonaten zwischen dem Angeklagten S. und dem Zeugen kam es sodann am 25.06.1997 gegen 19.00 Uhr auf der Autobahnraststätte Lichtendorf-Nord zu einem Zusammentreffen zwischen dem Angeklagten S., dem Zeugen St. und dem Scheinaufkäufer "Hans", der von dem Zeugen St. als eigentlicher Kaufinteressent vorgestellt worden war. Nobi erschien gegen 21.55 Uhr auf dem Rastplatz. Der Angeklagte S. und Nobi prüften nacheinander das vom Scheinaufkäufer mitgeführte Kaufgeld in Höhe von 70.000,- DM. Eine Übergabe des angeblich zur Verfügung stehenden Rauschgiftes auf dem Rastplatz lehnte Nobi jedoch zunächst ab. Er bot stattdessen an, das Geschäft direkt an der Autobahnabfahrt Schwerte durchzuführen, er brauche nur seinen Bruder über Handy anzurufen und die Ware käme sofort. Diese vorgeschlagene Geschäftsabwicklung wurde jedoch von dem Scheinaufkäufer abgelehnt und alle Beteiligten begaben sich in ihre Fahrzeuge zur Abfahrt. Kurz nach der Abfahrt auf der Sperrfläche unterhalb des dort befindlichen Restaurants hielten der Angeklagte S. und Nobi nochmals an. Es kam wiederum zu einer Unterredung zwischen Nobi und dem Scheinaufkäufer. Hierbei erklärte Nobi, dass "Hans" bloß keinen "Scheiß" machen und nicht "abhauen" solle. Sein Bruder wäre bereits auf dem Wege, eine Übergabe könne in drei Minuten erfolgen. Dieses Angebot wurde jedoch von dem Scheinaufkäufer ebenfalls abgelehnt. Zu einem späteren Zeitpunkt nahm Nobi nochmals telefonisch Kontakt zum Zeugen "Hans" auf. Zu einem weiteren Treffen kam es jedoch nicht mehr."

Zur Beweiswürdigung ist in dem Urteil folgendes ausgeführt:

"Der Angeklagte S. war geständig, für den versuchten betrügerischen Betäubungsmittelhandel sich als Vermittler zur Verfügung gestellt zu haben. Diese seine Beteiligung habe darin bestanden, dass er den Zeugen St. mit dem jetzt auch von ihm nicht mehr weiter identifizierbaren Nobi zusammengebracht habe und Nobi auch mit seinem Fahrzeug mehrfach zu den vereinbarten Treffen gefahren habe. Auch habe er das von dem Scheinaufkäufer "Hans" im Kofferraum mitgeführte Geld in Augenschein genommen.

Danach habe er sich überlegt, dass er mit dem Geschäft nichts mehr zu tun haben wolle. Es sei auf dem Parkplatz auch davon die Rede gewesen, dass die Polizei von dem vorgesehenen Geschäft möglicherweise bereits Kenntnis habe. Später habe er dann einen Anwalt, den Zeugen Köhler, aufgesucht und um Rechtsrat nachgefragt. Der Zeuge habe für ihn bei der Polizei angerufen und von dort habe man an ihn das Ansinnen gestellt, eventuell für ein Scheingeschäft tätig zu werden. Dies habe er, der Angeklagte S., jedoch abgelehnt, weil er weiterhin mit derartigen Geschäften nichts mehr zu tun haben wollte."

Das festgestellte Verhalten des Angeklagten hat das Amtsgericht als versuchten gemeinschaftlichen Betrug in Tateinheit mit einem Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz gewertet und einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom Versuch mit der Begründung abgelehnt, dass sein Tatbeitrag bereits beendet gewesen sei, als er den Gedanken verfolgt habe, sich von der Tat zu distanzieren.

Zur Strafzumessung hat das Amtsgericht folgendes ausgeführt:

"Zur Strafzumessung war zugunsten des Angeklagten sein Geständnis zu bewerten sowie seine spätere Einsicht in sein Fehlverhalten, das ihn veranlasste, seine Situation freiwillig einem Verteidiger zu offenbaren und dort um Rat nachzusuchen, auch wenn im Raume steht, dass er sich hierdurch möglicherweise veranlasst sah, dass der Angeklagte befürchten musste, dass sein Fehlverhalten bereits bei der Polizei bekannt war. Bei den angeblich zu liefernden Drogen handelt es sich bei Kokain um Drogen minderen Suchtstoffgehalts. Des weiteren war eine objektive Gefährdung für Dritte auch wegen des Umstands des Scheingeschäfts unter polizeilicher Überwachung nicht gegeben. Zudem war die Initiative für dieses Geschäft durch einen "agent provocateur" veranlasst, so dass die Initiative für das kriminelle Handeln nicht dem Angeklagten S. anzulasten war. Dieser ist vielmehr dem Drängen des Zeugen St. erlegen. Da der Angeklagte auch einschlägig noch nicht in Erscheinung getreten ist, erschien die Ahndung mit einer Geldstrafe im Hinblick auf die oben aufgelisteten gesamten schuldmindernden Umstände noch als ausreichend, um dem Angeklagten sein Fehlverhalten mit dem nötigen Nachdruck vor Augen zu führen. Diese wurde mit 150 Tagessätzen, die entsprechend seinen Einkommensverhältnissen auf je 60,- DM bemessen wurden, als tat- und schuldangemessen beurteilt."

Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 12. März 1999, bei dem Amtsgericht Dortmund eingegangen am 13. März 1999, "Rechtsmittel" eingelegt, welches mit Schriftsatz vom 20. Mai 1999, am gleichen Tage eingegangen beim Amtsgericht Dortmund, als Revision bezeichnet und begründet worden ist, nachdem das schriftliche Urteil dem Verteidiger des Angeklagten am 20. April 1999 zugestellt worden war. In der Revisionsbegründungsschrift vom 20. Mai 1999 wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt und zur Begründung der erhobenen Sachrüge näher ausgeführt, dass das Amtsgericht zu Unrecht einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom Versuch verneint habe.

Mit Beschluss vom 16. Juni 1999 hat das Amtsgericht Dortmund die Revision als verspätet und damit als unzulässig verworfen. Auf seinen rechtzeitig gestellten Wiedereinsetzungsantrag hat der Senat dem Angeklagten durch Beschluss vom 30. November 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gewährt. Der Senatsbeschluss ist dem Verteidiger des Angeklagten am 20. Dezember 1999 zugestellt worden, der mit Schriftsatz vom 18. Januar 2000 mitgeteilt hat, dass die Revision nach Maßgabe der Revisionsbegründungsschrift vom 20. Mai 1999 weiter verfolgt werde.

II. Die von dem Angeklagten aufgrund der gewährten Wiedereinsetzung rechtzeitig eingelegte sowie form- und fristgerecht begründete Revision ist zulässig und hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die Sachrüge ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 349 Abs. 4 StPO) sowie zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts (§ 354 Abs. 2 StPO).

Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen den Schuldspruch nicht.

Dies gilt zum einen in Bezug auf die Verurteilung wegen gemeinschaftlichen versuchten Betruges. Die hierzu von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um den Schuldspruch wegen einer mittäterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an einem versuchten Betrug (§§ 263, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB) - in Abgrenzung zu einer bloßen Beihilfe des Angeklagten zu einem versuchten Betrug (§§ 263, 22, 23, 27 StGB) - zu tragen. Auf der Grundlage der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte zwar an einem versuchten Betrug beteiligt, da der Scheinaufkäufer durch Vortäuschung einer tatsächlich nicht vorhandenen Bereitschaft zur Lieferung von 1 kg Kokain zur Übergabe des Kaufgeldes in Höhe von 70.000,- DM veranlasst werden sollte und zur Verwirklichung dieses Betruges am 25. Juni 1997 gegen 21.55 Uhr bei dem Treffen an der Autobahnraststätte Lichtendorf-Nord, bei dem es zur Übergabe des Kaufgeldes in Höhe von 70.000,- DM kommen sollte, unmittelbar angesetzt worden war. Als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) des versuchten Betruges neben dem weiteren Tatbeteiligten "Nobi" wäre der Angeklagte jedoch nur dann anzusehen, wenn der Mitwirkungshandlung des Angeklagten ein gemeinsam mit dem Mitbeteiligten "Nobi" gefasster Tatentschluss und ein Wille zur gemeinsamen Tatausführung zugrunde gelegen hätten. Mittäterschaftlich handelt der Beteiligte einer strafbaren Handlung, der einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit eines Anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint, wohingegen lediglich als Gehilfe (§ 27 StGB) bestraft wird, wer lediglich die Tat eines Anderen ohne Täterwillen durch eine Hilfeleistung unterstützen will und fördert (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 25 Rdnr. 6 und
§ 27 Rdnr. 2 und 8 m.w.N.). Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, um die Beteiligung an einer Tat, die über das Versuchsstadium nicht hinausgelangt ist, kommt es für die Abgrenzung der Mittäterschaft von der Beihilfe entscheidend auf das Vorstellungsbild des Beteiligten an. Ein Wille des Angeklagten zur mittäterschaftlichen Beteiligung an dem versuchten Betrug wäre insbesondere dann anzunehmen, wenn er in der Rolle eines gleichberechtigten Partners neben dem "Nobi" an der Durchführung des Scheinverkaufs mitwirken wollte (vgl. BGH GA 68, 18; OLG Hamm GA 73, 385). Wesentliche Kriterien hierfür sind der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der (angestrebten) Tatbeteiligung sowie die Möglichkeit, Durchführung und Ausgang der Tat zu bestimmen (vgl. BGH NStZ 1999, 451). Zu dem damit für die Abgrenzung der Mittäterschaft zur Beihilfe mit entscheidenden Kriterium des Grades des eigenen Interesses des Angeklagten am Erfolg der geplanten Betrugstat enthalten die Urteilsgründe jedoch keine Angaben. In den Urteilsgründen wird nicht mitgeteilt, ob und ggf. welchen Anteil der Angeklagte von dem Bargeldbetrag nach dessen Aushändigung durch den (Schein-)Käufer erhalten sollte. Offen bleibt auch, ob dem Angeklagten von "Nobi" als Gegenleistung für seine Tatbeiträge ein sonstiger Vorteil versprochen worden war. Die Feststellung des Amtsgerichts, dass der Angeklagte dem Zeugen St. einen nicht mehr identifizierbaren "Nobi" vermittelte, der in Absprache mit dem Angeklagten keinesfalls beabsichtigte, das Rauschgift tatsächlich zu liefern, dem es vielmehr nur darauf ankam, sich in den Besitz des vom Scheinaufkäufer mitgeführten Kaufgeldes zu setzen, deutet eher darauf hin, dass das Kaufgeld dem Vermögen des "Nobi" zufließen sollte. Auch die Tatbeiträge, die der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen erbringen sollte und bis zum Scheitern der Tatvollendung auch erbracht hat, erlauben für sich gesehen nicht die rechtliche Schlussfolgerung, dass der Angeklagte Mittäter des versuchten Betruges war. Diese Tatbeiträge, die darin bestanden, dass der Angeklagte die Kontakte zwischen dem "Nobi" auf der einen Seite und dem Zeugen St. mit dem Scheinaufkäufer "Hans" auf der anderen Seite knüpfte, die Verabredungen zu dem Vortreffen vom 23. Juni und zur eigentlichen Übergabeverhandlung am 25. Juni 1997 traf, wobei der Angeklagte jeweils auch als Fahrer des "Nobi" fungierte, waren zwar nicht unwesentlich, zumal der Angeklagte auch das vom Scheinaufkäufer mitgeführte Kaufgeld in Höhe von 70.000,- DM bei dem Treffen am 25. Juni 1997 mitüberprüfte. Allerdings deuten die Formulierungen in den Urteilsgründen, dass der Angeklagte dem Zeugen St. den nicht mehr identifizierbaren "Nobi" vermittelt habe und der Angeklagte auch eingeräumt habe, "sich für den versuchten betrügerischen Betäubungsmittelhandel als Vermittler zur Verfügung gestellt zu haben", darauf hin, dass der Angeklagte sich nicht in der Rolle eines gleichberechtigten Partners, der das angebahnte betrügerische Scheingeschäft gemeinsam mit "Nobi" durchführte, sah, sondern lediglich ein fremdes, betrügerisches Geschäft des "Nobi" unterstützen wollte. Im letzteren Fall wäre die Tatbeteiligung des Angeklagten aber rechtlich als bloße Beihilfe zum versuchten Betrug des "Nobi" zu werten.

Zu Recht hat das Amtsgericht allerdings, entgegen der Ansicht der Revision, einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom versuchten Betrug gemäß § 24 StGB verneint, wobei insoweit dahinstehen kann, ob der Angeklagte Mittäter oder Gehilfe war. Da an der versuchten Betrugstat mehrere, nämlich der Angeklagte und "Nobi" beteiligt waren, ist die Frage, ob der Angeklagte von seiner Beteiligung an dem Versuch strafbefreiend zurückgetreten ist, nach Maßgabe des § 24 Abs. 2 StGB zu beantworten. Ein Fall des § 24 Abs. 2 2. Alt. StGB liegt ersichtlich nicht vor, da es zu einer Vollendung der Betrugstat nicht gekommen ist. Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen scheidet auch ein Rücktritt gemäß § 24 Abs. 2 S. 1 StGB aus, da die Vollendung der Tat nicht durch das Verhalten des Angeklagten verhindert worden ist. Die Übergabe des Kaufgeldes durch den Scheinaufkäufer scheiterte vielmehr daran, dass dieser den Vorschlag des "Nobi" ablehnte, das Geschäft direkt an der Autobahnabfahrt Schwerte durchzuführen oder an der Autobahnraststätte Lichtendorf-Nord auf den angeblich per Handy verständigten Bruder des "Nobi", der mit dem Kokain unterwegs sei, zu warten.

Die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 1. Alt. StGB sind nach den Urteilsfeststellungen ebenfalls nicht erfüllt, denn der Versuch war auch aus Sicht des Angeklagten fehlgeschlagen, als der Scheinkäufer "Hans" das letzte Angebot des "Nobi", an der Autobahnraststätte auf den angeblich unterwegs befindlichen Bruder zu warten, ablehnte. Aufgrund dieser ablehnenden Haltung des Scheinkäufers hätte die geplante Betrugstat nur noch mit zeitlicher Verzögerung nach dem Ingangsetzen einer neuen Kausalkette vollendet werden können, was der Angeklagte auch erkannte, so dass ein auch subjektiv fehlgeschlagener Versuch vorlag, bei dem ein strafbefreiender Rücktritt ausgeschlossen ist (vgl. BGHSt 34, 56; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 24 Rdnr. 7 a m.w.N.). Im Übrigen hat sich der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen auch nicht freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung der Tat zu verhindern, da er nicht einmal versuchte, den Mitbeteiligten "Nobi" von weiteren Kontaktaufnahmen zu dem Scheinaufkäufer abzuhalten.

Auch soweit das Amtsgericht den Angeklagten wegen eines tateinheitlich begangenen "Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz" verurteilt hat, tragen die Urteilsfeststellungen den Schuldspruch nicht. Aus der Liste der angewendeten Vorschriften, die unmittelbar nach der Urteilsformel sowie am Schluss der Urteilsgründe aufgeführt sind, geht hervor, dass das Amtsgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG bejaht hat. Weder ein unerlaubtes Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln, noch eine unerlaubte Abgabe oder ein sonstiger in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG aufgeführter Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz lässt sich jedoch den Urteilsfeststellungen hinreichend sicher entnehmen.

Dem Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens unterfallen alle eigennützigen Bemühungen, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern, wobei eigennützig handelt, wer sich vom Streben nach Gewinn leiten lässt oder sich zumindest materielle oder immaterielle Vorteile erwartet (BGHSt 34, 124, 126; BGHR BtMG, § 29 Abs. 1 Nr. 1, Handeltreiben 48; Körner, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rdnr. 140 und 207). Die Eigennützigkeit ist dabei ein ungeschriebenes Merkmal des subjektiven Tatbestandes und muss daher in der Person des Täters selbst gegeben sein (vgl. BGHSt 34, 124). Konkrete Feststellungen dazu, ob und welche Vorteile sich der Angeklagte von der Übergabe der 0,5-Probe-Kokain am 23. Juni 1997 an den Zeugen St. versprach, werden in den Urteilsgründen nicht getroffen. Im Übrigen wurden die 0,5 g Kokain dem Zeugen St. als Probe kostenlos übergeben, d.h. geschenkt. Bei einer Schenkung handelt es sich jedoch um kein Handeltreiben, es sei denn, das Verschenken dient dazu, Kunden für beabsichtigte Drogengeschäfte zu gewinnen (vgl. Körner, a.a.O., § 29 Rdnr. 143 und 422). Im vorliegenden Fall sollte mit der Übergabe der 0,5 g Kokain tatsächlich kein Rauschgiftgeschäft angebahnt, sondern lediglich die Bereitschaft zum Verkauf von Drogen vorgetäuscht werden. Auch aus diesem Grunde kann eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens nicht festgestellt werden.

Die getroffenen Feststellungen reichen auch nicht aus, um eine Strafbarkeit des Angeklagten gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln bejahen zu können. Unter einer Abgabe im Sinne dieser Vorschrift ist die Übertragung der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und ohne Gegenleistung an einen Dritten, der über Betäubungsmittel frei verfügen kann, zu verstehen, wobei nur der Besitzer von Betäubungsmitteln diese auch abgeben kann (vgl. Körner, a.a.O., § 29 Rdnr. 665). Ob der Angeklagte zumindest vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über die 0,5 g Kokain, die dem Zeugen St. am 23. Juni 1997 übergeben wurden, ausübte, bleibt nach den Urteilsfeststellungen offen. In den Urteilsgründen werden keine näheren Feststellungen dazu getroffen, ob sich das Kokain in dem Besitz des Angeklagten oder des "Nobi" befand und von wem das Kokain in welcher Weise übergeben wurde. Insbesondere bleibt unklar, ob und in welcher Form der Angeklagte selbst an dem Übergabeakt mitwirkte. Aus den genannten Gründen kann im Übrigen auch keine Strafbarkeit des Angeklagten gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln festgestellt werden.

Schon aufgrund dieser sachlich-rechtlichen Mängel war das angefochtene Urteil nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Für den Fall eines erneuten Schuldspruchs weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:

Das Amtsgericht wird im Falle der erneuten Bejahung einer Strafbarkeit des Angeklagten auch nach dem BtMG in der Urteilsformel auszusprechen haben, gegen welchen Straftatbestand des BtMG verstoßen worden ist (vgl. Körner, a.a.O., § 29 Rdnr. 17). Der Tenor des angefochtenen Urteils ist insoweit fehlerhaft, als darin die Verurteilung wegen eines "Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz" ausgesprochen worden ist.

Sollte das Amtsgericht nach erneuter Verhandlung zur Feststellung gelangen, dass der Angeklagte nicht nur wegen seiner Beteiligung an dem versuchten Betrug, sondern auch wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgrund der Mitwirkung bei der Übergabe der 0,5 g-Kokain-Probe am 23.06.1997 zu verurteilen ist, wird es die mehreren Gesetzesverletzungen als realkonkurrierende Delikte i.S.d. § 53 StGB zu behandeln haben. Da die Übergabe der 0,5 g Heroin am 23. Juni 1997 lediglich der Vorbereitung des geplanten Betruges diente und zur Verwirklichung der Betrugstat unmittelbar erst am 25. Juni 1997 bei dem eigentlichen Übergabetreffen angesetzt wurde, handelt es sich bei dem möglichen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vom 23. Juni 1997 und bei dem Betrugsversuch vom 25. Juni 1997 rechtlich um zwei selbständige Handlungen i.S.d. § 53 StGB. Beide Handlungen könnten über das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG nur dann zu einer rechtlichen Bewertungseinheit zusammengefasst werden, wenn die am 23. Juni 1997 übergebenen 0,5 g Kokain Teil einer Gesamtmenge an Betäubungsmitteln gewesen wäre, aus der eine weitere Teilmenge am 25. Juni 1997 veräußert werden sollte (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., § 52 Rdnr. 2 b). Dies war jedoch tatsächlich nicht beabsichtigt. Eine Abänderung des Schuldspruchs dergestalt, dass der Angeklagte zweier realkonkurrierender Delikte schuldig gesprochen wird, würde auch nicht gegen das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) verstoßen, sofern die in dem angefochtenen Urteil verhängte Strafe von der neuen Gesamtstrafe, nicht überschritten wird (vgl. BGH StV 82, 510; BGHR § 358 StPO, Nachteil 5; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 331 Rdnr. 18).

Der Senat weist weiter vorsorglich darauf hin, dass auch die Strafzumessungserwägungen in dem angefochtenen Urteil nicht frei von Rechtsfehlern sind. So wird nicht angegeben, von welchem Strafrahmen der Tatrichter bei der Festlegung der Strafe ausgegangen ist. Der Senat kann daher auch nicht nachvollziehen, ob das Amtsgericht im Hinblick darauf, dass der angestrebte Betrug nicht über das Versuchsstadium hinausgelangte, von der fakultativen Strafmilderungsmöglichkeit gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht hat oder aus welchen Gründen er von einer solchen Milderung abgesehen hat. Ferner ist den Strafzumessungserwägungen in dem angefochtenen Urteil nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, ob das Amtsgericht dem festgestellten Einsatz eines polizeilichen Lockspitzels (sog. agent provocateur) das gebührende strafmildernde Gewicht beigemessen hat. Die Einwirkung eines polizeilichen Lockspitzels auf den Täter ist grundsätzlich bei der Strafzumessung und dort vor allem auch bei der Entscheidung über den anzuwendenden Strafrahmen zu würdigen, wobei dies allgemein für jede Einwirkung eines polizeilichen Lockspitzels gilt (vgl. BGHSt 32, 345, 355; NStZ 1986, 162; StV 1994, 368; 1995, 247). Welches strafmildernde Gewicht dem Umstand, dass die Tat unter dem Einfluss eines polizeilichen Lockspitzels begangen worden ist, zukommt, hängt von den näheren Umständen des Einsatzes des polizeilichen Lockspitzels, insbesondere von der Intensität seiner Einwirkung auf den Täter, ab (vgl. BGHSt 32, 345, 355; NStZ 1994, 289). Dient der Einsatz des polizeilichen Lockspitzels der Bekämpfung besonders gefährlicher und schwer aufklärbarer Kriminalität, zu der auch der Rauschgifthandel gehört, und richtet sich der Einsatz gegen Personen, gegen die schon ein Verdacht i.S.d. § 160 Abs. 1 StPO besteht, entsprechende Straftaten zu planen oder darin verwickelt zu sein, so hält sich der Einsatz des Lockspitzels noch innerhalb der durch das Rechtsstaatsprinzip und das Gebot des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK) gesetzten Grenzen, wenn die Einwirkung des Lockspitzels einem solchen Verdächtigen lediglich die Gelegenheit zur Tatbegehung und den Anstoß zu ihrer Ausführung gibt, das vermutete strafbare Handeln des Tatverdächtigen somit in einer für die Überführung der Beteiligten geeigneten Weise gesteuert wird (vgl. BGHSt 32, 345; NStZ 1984, 78; 1995, 506; StV 1993, 127; 1994, 368; 1995, 309; NJW 2000, 1123, 1126 ff.). Werden dann mit Hilfe eines solchen Lockspitzeleinsatzes angebahnte strafbare Handlungen so überwacht, dass eine erhebliche Gefährdung des angegriffenen Rechtsgutes ausgeschlossen ist, so ist diesem Umstand regelmäßig bei der Strafzumessung unter dem Gesichtspunkt des geringeren Erfolgsunwertes der Tat Rechnung zu tragen (vgl. BGH NStZ 86, 162).

Werden allerdings die Grenzen eines noch mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK) zu vereinbarenden Lockspitzeleinsatzes überschritten, weil der von der Polizei gesteuerte Lockspitzel etwa gegen Personen eingesetzt wird, gegen die ein Verdacht i.S.d. § 160 Abs. 1 StPO nicht besteht oder weil der zunächst nicht tatbereite Täter erst durch die nachhaltige Beeinflussung seitens des Lockspitzels den Tatentschluss fasst und die Tat ausführt (vgl. BGH NJW 2000, 1123, 1126), so liegt darin regelmäßig ein gewichtiger unabhängiger Strafmilderungsgrund, der bei der Strafzumessung im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung zugunsten des Täters wesentlich ins Gewicht fallen muss; hierbei kann auch die Unterschreitung der sonst schuldangemessenen Strafe geboten sein (vgl. BGHSt 32, 345; StV 1994, 368; MDR 1995, 879; NStZ 1995, 506; 1999, 501; NJW 2000, 1123, 1127). Das Ausmaß der dadurch bedingten Strafmilderung bedarf dann exakter Bestimmung in den Urteilsgründen (BGH NJW 2000, 1123, 1127).

Ob das Amtsgericht bei der Strafzumessung von einem Fall zulässiger oder unzulässiger Tatprovokation ausgegangen ist, geht aus den Urteilsgründen nicht hervor. Insoweit sind auch die für die Abgrenzung maßgeblichen Umstände der Tat und des Einsatzes des polizeilichen Lockspitzels in den Gründen des Urteils nicht festgestellt worden. Offen bleibt danach, ob gegen den Angeklagten bereits ein Tatverdacht i.S.d. § 160 Abs. 1 StPO bestand, in Betäubungsmittelgeschäfte verwickelt zu sein, und ob der Angeklagte schon vor dem Einsatz des Lockspitzels tatgeneigt war oder erst durch den nachhaltigen Einfluss des Zeugen St. zur Mitwirkung beim Geschäftsabschluss überredet wurde.


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