Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 VAs 20/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Auch ausländischen Straftätern steht die Möglichkeit des § 35 BtMG grundsätzlich offen steht. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn aufgrund drohender ausländerrechtlicher Maßnahmen der Erfolg der Therapie nicht wahrscheinlich ist.

Senat: 1

Gegenstand: Strafvollzugssache

Stichworte: Zurückstellung der Strafvollstreckung, Ausländer, Ermessen, Therapie, ausländerrechtliche Maßnahmen

Normen: BtMG 35

Beschluss: Justizverwaltungssache betreffend N.T. wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 03.03.2000 auf gerichtliche Entscheidung gemäß den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Essen vom 05.01.2000 in der Form des Beschwerdebescheids der Generalstaatsanwaltschaft vom 01.03.2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts in Hamm beschlossen:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet kostenpflichtig verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:
Der Antragsteller wurde von der 5. großen Strafkammer des Landgerichts Essen am 23.11.1998 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Diese Strafe hat er bis zum 03.03.2000 zur Hälfte verbüßt. Die Vollstreckung ist zur Verbüßung einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die durch Urteil des Amtsgerichts Geldern vom 18.12.1997 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verhängt wurde, unterbrochen worden. Diese Strafe wird derzeit verbüßt. Die Hälfte dieser Strafe wird am 16.10.2000 verbüßt sein. Die Staatsanwaltschaften Kleve und Essen haben eine Übereinstimmung dahingehend erzielt, dass in beiden Verfahren jeweils eine Unterbrechung der Strafvollstreckung gemäß § 456 a StPO zum Halbstrafentermin erfolgen soll.

Mit Schreiben vom 28.12.1999 beantragte der Verurteilte bei der Staatsanwaltschaft Essen eine Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG. Die zur Durchführung einer Therapie erforderlichen Unterlagen brachte er bei.

Nach der von der Staatsanwaltschaft Essen eingeholten Auskunft der Stadt Gelsenkirchen vom 16.02.2000 erhob das zuständige Ausländeramt Bedenken gegen die Durchführung einer Therapie, da der Erlass der Ausweisungsverfügung unmittelbar bevorstehe. Daraufhin lehnte die Staatsanwaltschaft die Aussetzung der Strafvollstreckung ab. Auf die hiergegen rechtzeitig erhobene Beschwerde des Betroffenen bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft mit Bescheid vom 01.03.2000 die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Dieser Bescheid ist wie folgt begründet:

"Sehr geehrte Herren Rechtsanwälte,

auf Ihre Einwendungen sind mir die Vorgänge zur Entscheidung vorgelegt worden. Ich habe den Sachverhalt geprüft, sehe mich jedoch zu Maßnahmen nicht veranlasst.

Der ablehnenden Entschließung der Staatsanwaltschaft liegt die Auffassung zugrunde, die Durchführung der von Ihrem Mandanten gewünschten Therapie sei nicht gewährleistet, da die Ausländerbehörde der Stadt Gelsenkirchen beabsichtige, Ihren Mandanten so bald wie möglich aus dem Bundesgebiet auszuweisen.

Zwar soll grundsätzlich drogenabhängigen Verurteilten aus dem Ausland auch Therapie statt Strafe gewährt werden, wenn keine ausländerrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Nach der von der Staatsanwaltschaft Essen eingeholten Auskunft der Stadt Gelsenkirchen vom 16.02.2000 (33/2-3 T-2562) erhebt das zuständige Ausländeramt indes erhebliche Bedenken, da der Erlass der Ausweisungsverfügung unmittelbar bevorstehe. Danach soll Ihr Mandat aus der Bundesrepublik Deutschland unbefristet ausgewiesen und die sofortige Vollziehung der Ausweisungsverfügung angeordnet werden.

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 35 BtMG vorliegen. Vorliegend besteht zudem ein weiteres Zurückstellungshindernis. Wegen der Strafvollstreckung in der Strafsache 6 VRs 21/98 StA Kleve kann der Zweck der Zurückstellung im vorliegenden Strafvollstreckungsverfahren nicht erreicht werden.

In der vorliegenden Strafsache besteht mithin ein Zurückstellungshindernis gemäß § 35 Abs. 6 Nr. 2 BtMG.

Bei dieser Sachlage vermag ich Ihren Einwendungen nicht stattzugeben und weise sie deshalb als unbegründet zurück.

Eine Durchschrift meines Bescheides habe ich zur Unterrichtung Ihres Mandaten beigefügt."

Unter dem 14. März 2000 hat das Ausländeramt der Stadt Gelsenkirchen mitgeteilt, dass am 25. Februar 2000 die Ausweisung und die sofortige Vollziehung der Ausweisungsverfügung angeordnet worden ist.

Gegen die ablehnende Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft richtet sich der rechtzeitig gestellte und auch im Übrigen zulässige Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Bei der Frage, ob einem Verurteilten Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG zu bewilligen ist, handelt es sich nach dem Willen des Gesetzgebers um eine Ermessensentscheidung. Eine solche Ermessensentscheidung ist gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG rechtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob die Staatsanwaltschaft die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, ob von dem Ermessen in einer dem Zwecke der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden und ob die Vollstreckungsbehörde den Sachverhalt in dem gebotenen Umfang unter Ausschöpfung aller ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. OLG Hamm, NStZ 1982, 483, 484; OLG Hamm, Beschluss vom 16. März 2000 - 1 VAs 11/2000 -).

Die demgemäss vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Bescheids führt zu dem Ergebnis, dass Ermessensfehler nicht zu erkennen sind. Die Staatsanwaltschaft ist von dem zutreffenden Ansatzpunkt ausgegangen, dass auch ausländischen Straftätern die Möglichkeit des § 35 BtMG grundsätzlich offen steht. Dies kann allerdings dann nicht gelten, wenn aufgrund drohender ausländerrechtlicher Maßnahmen der Erfolg der Therapie nicht wahrscheinlich ist (vgl. Senatsentscheidung in NStZ 1999, 591).

Hiervon ist die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht ausgegangen. Die Therapiemaßnahme des Betroffenen stünde ständig unter dem drohenden Abbruch aufgrund der Durchführung der Abschiebeverfügung. Hieran ändert auch die Absicht des Betroffenen, sich gegen etwaige Maßnahmen durch Rechtsbehelfe zur Wehr zu setzen, nichts. Denn ein Erfolg seines Antrages auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist nicht ohne weiteres voraussehbar. Es besteht somit einerseits die Gefahr, dass er aufgrund der Durchführung der Abschiebung die Therapie abbrechen muss, andererseits sich der Abschiebung möglicherweise durch das Verlassen der Therapieeinrichtung zu entziehen sucht.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".