Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 45/2000 OLG Hamm
Senat: 1
Gegenstand: Strafvollzugssache
Stichworte: Ausschluss von der gemeinschaftlichen Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit, Rechtsbeschwerde, Anforderungen an Entscheidung der Strafvollstreckungskammer
Normen: StVollzG 17
Beschluss: Strafvollzugssache betreffend K.K. wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von der gemeinsamen Unterbringung während der Freizeit für die Dauer von vier Wochen).
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 29. März 2000 gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve vom 15. März 2000 und seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Präsidenten des Justizvollzugsamtes Rheinland beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Festsetzung des Geschäftswertes aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve zurückverwiesen.
G r ü n d e :
Der Antragsteller verbüßt zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt Geldern-Pont eine Freiheitsstrafe. Am 7. Januar 2000 wurde er zur Abgabe einer Urinprobe aufgefordert. Diese verweigerte er zunächst. Etwa eine halbe Stunde später erklärte er sich jedoch gegenüber einem Sanitätsbeamten bereit, die Urinprobe noch abzugeben. Dies wurde jedoch verweigert. Der Antragsteller wurde vom Antragsgegner so behandelt, als sei er "positiv" getestet worden. Am 10. Januar 2000 wurde ihm eröffnet, dass er ab diesem Tag für die Dauer von vier Wochen von der gemeinsamen Unterbringung während der Freizeit ausgeschlossen werde. Der hiergegen beim Präsidenten des Justizvollzugsamtes eingelegte Widerspruch blieb ebenso erfolglos wie sein Antrag an die Strafvollstreckungskammer auf einstweilige Aussetzung der Vollstreckung der Maßnahme.
Mit seinem Antrag vom 22.02.2000 begehrte er die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses. Durch die angefochtene Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Dabei hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner habe zu Recht "die Disziplinarmaßnahme verhängt, die ihre rechtliche Grundlage in § 17 Abs. 3 Ziffer 3 StVollzG findet".
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner in zulässiger Weise erhobenen Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Diese hat der Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
Das Rechtsmittel hatte auch Erfolg. Der angefochtene Beschluss leidet an durchgreifenden Mängeln. Ihm lässt sich schon nicht der Sachverhalt entnehmen, welcher das Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung unter Hinweis auf die Besonderheiten des revisionsrechtlich ausgestalteten Rechtsbeschwerdeverfahrens in Strafvollzugssachen ausgeführt, dass die Strafvollstreckungskammer den für erwiesen erachteten Sachverhalt, der ihrer rechtlichen Würdigung zugrunde liegt, in den Gründen des Beschlusses wenigstens in gedrängter Form unter Verzicht auf eine Bezugnahme darzulegen hat, damit eine rechtliche Überprüfung anhand der tatrichterlichen Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ermöglicht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 1997
- 1 Vollz (Ws) 56/97 - m.w.N.; Beschluss vom 18. Januar 2000
- 1 Vollz (Ws) 1/2000 -). Neben den wesentlichen rechtlichen Erwägungen müssen von der Strafvollstreckungskammer auch die entscheidungserheblichen Tatsachen so vollständig wiedergegeben werden, dass anhand dieser Feststellungen eine rechtliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht möglich ist. Hieran fehlt es.
In dem Beschluss ist schon nicht mitgeteilt, ob der Antragsgegner bzw. der Präsident des Justizvollzugsamts in seinem Widerspruchsbescheid den Ausschluss des Betroffenen von der gemeinschaftlichen Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auf § 17 Abs. 3 Ziffer 3 StVollzG gestützt hat oder aber diese Einschränkung als Disziplinarmaßnahme gemäß § 103 Abs. 1 Ziffer 4 und 5 StVollzG gegen den Betroffenen verhängt wurde. Der Beschluss ist insoweit zweideutig. Einerseits wird auf die Vorschrift des § 17 Abs. 3 Ziffer 3 StVollzG verwiesen, andererseits wird davon gesprochen, dass es sich um eine Disziplinarmaßnahme gehandelt habe. Die Feststellung, worauf die Maßnahme gegen den Betroffenen gestützt wurde, ist für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit jedoch wesentlich. So kann eine Disziplinarmaßnahme nur verhängt werden, wenn der Gefangene schuldhaft gegen Pflichten, die sich aus dem StVollzG ergeben, verstoßen hat, § 102 Abs. 1 StVollzG. Maßnahmen nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG können bereits dann verhängt werden, wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordern.
Sollte es sich tatsächlich um eine Disziplinarmaßnahme gehandelt haben, enthält der Beschluss keine Feststellungen dazu, ob die Maßnahme formell rechtmäßig verhängt wurde, d.h. ob das Verfahren gemäß § 106 StVollzG eingehalten und die Anordnung durch den Anstaltsleiter, § 105 Abs. 1 StVollzG, erfolgte.
Ferner enthält der Beschluss keinerlei Hinweise, woher der erkennende Richter seine Sachkunde nimmt, eine halbe Stunde reiche aus, so viel Wasser zu sich zu nehmen, damit eine anschließende Urinprobe "verwässert" sei. Hierbei handelt es sich nicht um eine offenkundige, allgemein bekannte Tatsache.
Die Sache war deshalb zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war als unbegründet zu verwerfen. Der Betroffene hat vorschusskostenfreien Zugang zum Gericht, indem er seine Rechtsbeschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären kann. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Der Betroffene ist, was seine verfahrenseinleitenden Schriftsätze zeigen, ersichtlich in der Lage, seine Rechte selbst geltend zu machen.
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