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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 25/99 OLG Hamm

Leitsatz: Die Befugnis, Einzelhaft (§ 88 StVollzG) anzuordnen, kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde wirksam vom Anstaltsleiter auf einen Abteilungsleiter übertragen werden.

Senat: 1

Gegenstand: Vollzugssache

Stichworte: Anordnung von Einzelhaft, Zuständigkeit, Übertragung, Rechtsbeschwerde

Normen: StVollzG 88; StVollzG 89; StVollzG 91; StVollZG 156 Abs. 3

Fundstelle: NStZ-RR 2000, 127

Beschluss: Strafvollzugssache
betreffend den Strafgefangenen K.R., zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt Werl,
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Vollzugsbehörden, (hier: Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme)

Auf die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Werl vom 2. März 1999 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 4. Februar 1999 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.04.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung des Präsidenten des Justizvollzugsamts Westfalen-Lippe beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die dem Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, als unzulässig verworfen.

Gründe:

Am 12. November 1998 ordnete die zuständige Abteilungsleiterin die Einzelhaft des Verurteilten gemäß § 89 StVollzG an, da der Verurteilte bei seiner Rückkehr nach einer stationären Behandlung vom JVK Fröndenberg in die JVA Werl eine Konservendose mit der Aufschrift "Pfirsiche" mitführte, in der sich ein Handy nebst Ladestation und D 2-Karte, zwei Stangen Abbrechklingen für Teppichmesser und zehn stark wirkende Schlaftabletten befanden. Den Widerspruch des Verurteilten vom gleichen Tag wies der Präsident des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe mit Bescheid vom 5. Januar 1999 als unbegründet zurück. Gegen diese Entscheidung richtete sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 18. Januar 1999. Der Verurteilte hält die Anordnung für rechtswidrig, da sie entgegen der Regelung des § 91 StVollzG nicht durch den Anstaltsleiter, sondern durch die zuständige Abteilungsleiterin, getroffen worden sei.

Mit Beschluss vom 4. Februar 1999 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg die Anordnung der Einzelhaft aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme gemäß § 89 StVollzG könne vom Anstaltsleiter nicht, auch nicht mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde, auf den Abteilungsleiter übertragen werden, da § 89 StVollzG in § 156 Abs. 3 StVollzG nicht genannt werde.

Gegen diese Entscheidung der Strafvollstreckungskammer hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt Werl unter dem 2. März 1999 Rechtsbeschwerde eingelegt. Der Präsident des Justizvollzugsamtes Westfalen-Lippe hat sich der Rechtsbeschwerde angeschlossen.

Bereits am 2. Februar 1999, also noch vor Erlass des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer vom 4. Februar 1999, ist der Betroffene aus der Einzelhaft in seinen früheren Haftbereich zurückverlegt worden.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Die Unzulässigkeit des vom Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt Werl eingelegten Rechtsmittels folgt daraus, dass bereits bei Einlegung der Rechtsbeschwerde kein auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gerichtetes Rechtsschutzinteresse mehr bestand. Denn bei Einlegung der Rechtsbeschwerde war der Verurteilte bereits aus der Einzelhaft verlegt worden, so dass eine Aufhebung der Anordnung der Einzelhaft durch den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg nicht mehr in Betracht kam. Durch die Rückverlegung des Verurteilten hat sich die Vollzugsbehörde selbst in die Lage des Unterlegenen begeben, so dass kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts besteht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass bei Erledigung vor Einlegung der Rechtsbeschwerde diese unzulässig ist (vgl. Beschluss des Senats vom 16. Juli 1996 - 1 Vollz (Ws) 75/96 -).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach der Rechtsprechung des Senats durch die Vollziehung einer Disziplinarmaßnahme keine Erledigung eintritt. Zum einen handelt es sich hier nicht um eine Disziplinarmaßnahme, sondern um eine besondere Sicherungsmaßnahme nach § 89 StVollzG, zum anderen hat diese Rechtsprechung lediglich Gültigkeit für den Strafgefangenen, da die Anordnung einer Disziplinarmaßnahme für diesen fortwirkt.

Auch die Umdeutung des Begehrens des Anstaltsleiters der Justizvollzugsanstalt Werl in einen Feststellungsantrag i.S.v. § 115 Abs. 3 StVollzG kommt nicht in Betracht. Ein Übergang von der Anfechtungs- zur Feststellungsklage ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung unzulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 1996 - 1 Vollz (Ws) 75/96). Darüber hinaus ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag einer Vollzugsbehörde unzulässig, da dieser vom Gesetz - § 115 Abs. 3 StVollzG - nicht vorgesehen ist (Senatsbeschluss vom 25. Oktober 1984 - 1 Vollz (Ws) 193/84 -)

Angesichts dessen war die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Werl als unzulässig zu verwerfen.

Gleichwohl weist der Senat klarstellend auf folgendes hin:

Die Befugnis, Einzelhaft gemäß § 89 StVollzG anzuordnen, kann wirksam vom Leiter der Anstalt auf einen Abteilungsleiter übertragen werden. Dies ergibt sich aus § 156 Abs. 3 StVollzG. Danach darf die Befugnis, die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 88 StVollzG anzuordnen, mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde übertragen werden. Bei der vorliegend angeordneten Einzelhaft gemäß § 89 StVollzG handelt es sich indes um einen Unterfall der Absonderung von anderen Gefangenen gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 3 StVollzG. § 88 Abs. 2 StVollzG enthält eine allgemeine Aufzählung der besonderen Sicherungsmaßnahmen. In den nachfolgenden Vorschriften §§ 89 bis 92 erfahren die in § 88 StVollzG aufgeführten Sicherungsmaßnahmen zum Teil eine besondere Ausgestaltung. Während die Absonderung nach § 88 Abs. 2 Nr. 3 StVollzG nur vorübergehend zulässig ist, setzt die Einzelhaft nach § 89 StVollzG eine unausgesetzte Absonderung voraus, die nur aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, zulässig ist. Demgemäss handelt es sich bei § 89 StVollzG um einen Qualifikationstatbestand zu § 88 Abs. 2 Nr. 3 StVollzG. Die in § 156 Abs. 3 StVollzG angeführten besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 88 StVollzG umfassen danach auch die Einzelhaft nach § 89 StVollzG, so dass es einer ausdrücklichen Erwähnung dieser Vorschrift nicht bedarf. Mithin ist die Übertragung der Anordnung auch dieser Maßnahme lediglich von der Zustimmung der Aufsichtsbehörde abhängig.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 121 StVollzG, 473 StPO.


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