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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 VAs 15/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtM-Gesetz

Senat: 1

Gegenstand: Strafvollzugssache

Stichworte: Zurückstellung der Strafvollstreckung, Therapie, Vortäuschung der Therapiewilligkeit, BtM

Normen: BtMG 35

Beschluss: Justizverwaltungssache betreffend S.M.,

wegen Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 9. Februar 2000 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Kleve vom 5. November 1999 in der Form der Beschwerdeentscheidung des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf vom 3. Januar 2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.04.2000 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts beschlossen:

Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:
Das Landgericht hat den Betroffenen am 26. November 1997 wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und zugleich seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit der Maßgabe angeordnet, dass die verhängte Freiheitsstrafe vor der Maßregel vollzogen werden soll, bis ein Jahr als verbüßt gilt.

Die Unterbringung des Betroffenen gemäß § 64 StGB hat das Landgericht wie folgt begründet:

"Gemäß § 64 StGB war die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Nach den überzeugenden Ausführungen der hierzu gehörten Sachverständigen besteht kein Zweifel daran, dass der Angeklagte nach wie vor drogenabhängig ist. Die hier abzuurteilende Tat ist auf diesen Hang des Angeklagten zurückzuführen. Ohne eine entsprechende therapeutische Behandlung besteht auch Wiederholungsgefahr. Der Angeklagte ist therapiewillig, so dass eine konkrete Erfolgsaussicht bejaht werden kann. Da bei der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe allerdings zu erwarten sein dürfte, dass der Angeklagte nach erfolgreichem Abschluss des Maßregelvollzuges noch einen Strafrest zu verbüßen haben dürfte, hat die Kammer den Vorwegvollzug angeordnet, bis 1 Jahr der verhängten Freiheitsstrafe als verbüßt gilt."

Nachdem der Betroffene zunächst ein Jahr der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe verbüßt hatte, kam er am 26.05.1998 in den Maßregelvollzug der Rheinischen Landesklinik Bedburg-Hau. Von dort entwich der Betroffene am 15.11.1998, indem er vom regulären Ausgang nicht zurückkehrte. Er wurde sodann erneut einschlägig straffällig. Am 19.11.1998 wurde er festgenommen. Mit Beschluss vom 23.12.1998 ordnete die 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve an, dass die im Urteil des Landgerichts Kleve vom 26.11.1997 verhängte Maßregel der Unterbringung in der Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollstrecken sei, der Betroffene vielmehr aus der Unterbringung zu entlassen und in den Strafvollzug zu überführen sei. Weiterhin wurde angeordnet, dass die Restfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Zur Begründung dieser Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer u.a. ausgeführt, am 19.11.1998 sei der Betroffene im Besitz erheblicher Mengen von Rauschmitteln (etwa 90 g Heroin) in Kleve festgenommen und der Klinik zurückgeführt worden. Während seiner Entweichung sei er auch erheblich rückfällig gewesen. Angesichts des vielfachen Fehlverhaltens des Betroffenen verbleibe nur die Feststellung, dass die Therapiemaßnahme nichts bewirkt habe. Man könne den Vorfall keineswegs verharmlosen und etwa als "Rückfall" einordnen, wie er im Verlauf einer Therapiemaßnahme immer einmal vorkommen könne. Es liege vielmehr ein planmäßiges Handeln vor, welches ausweise, dass der Betroffene nicht therapiewillig sei. Die Maßregel müsse daher zum Abbruch kommen. Angesichts des massiven Rückfalls verstehe es sich von selbst, dass eine günstige Sozialprognose i.S.v. § 57 StGB nicht getroffen werden könne. Der Betroffene müsse den Strafvollzug erleiden.

Die gegen diese Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 08.03.1999 verworfen.

Wegen des Vorfalls vom 19.11.1998 ist der Betroffene durch rechtskräftiges Urteil des Schöffengerichts Kleve vom 28.05.1999 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden, die er teilweise bis zum 02.12.1999 verbüßt hat. Seit dem 03.12.1999 wird die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Kleve vom 26.11.1997 vollstreckt, wovon 2/3 am 29.06.2000 verbüßt sein werden und das Strafende auf den 30.08.2001 notiert ist. Anschließend hat der Betroffene noch 666 Tage aus dem Urteil des Schöffengerichts Kleve vom 28.05.1999 zu verbüßen.

Unter dem 30.09.1999 beantragte der Verurteilte über seinen Verteidiger die Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG mit der Begründung, er wolle aufgrund seiner Drogenabhängigkeit eine stationäre Langzeittherapie antreten.

Mit Beschluss vom 18.10.1999 versagte das Landgericht Kleve die Zustimmung zur Zurückstellung der Strafvollstreckungskammer u.a. mit der Begründung, die Zustimmung zur beantragten Zurückstellung sei aus sachlichen Gründen zu verweigern. In dem Beschluss wird dazu folgendes ausgeführt:

"Zwar ist grundsätzlich dem Antragsteller Vertrauen entgegenzubringen und das Risiko eines Therapieabbruches einzugehen. Allerdings gilt dies nicht, wenn die Therapiebereitschaft nur vorgetäuscht wird. Der Betroffene befand sich längere Zeit im Maßregelvollzug der Rheinischen Landesklinik Bedburg-Hau. Wie ausgeführt ist er dort entwichen und erheblich rückfällig geworden. Am 18. November 1999 ist er immerhin im Besitze von ca. 90 Gramm Heroin angetroffen worden. Dies führte zu seiner erneuten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von immerhin 2 Jahren und 7 Monaten. Die Maßregel ist dann durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 23.12.1998 als aussichtslos abgebrochen und beendet worden, nachdem der Betroffene während des Vollzugs der Maßregel immer wieder verbal Therapiebereitschaft vorgetäuscht hatte.

Der Betroffene hat sich nunmehr einige Zeit in Untersuchungs- bzw. Strafhaft befunden. Aus dem Urteil der Kammer vom 26.11.1997 besteht noch ein Strafrest von ca. 700 Tagen. Außerdem besteht aus dem Urteil des Schöffengerichts Kleve vom 28. Mai 1999, über dessen Zurückstellung der Strafvollstreckung die Kammer indes nicht zu befinden hat, ebenfalls noch ein Strafrest von ca. 2 Jahren. Der Betroffene will die Zurückstellung beider Reststrafen erreichen. Dass diesem Begehren entgegen den früher gemachten Erfahrungen eine ernste Therapiebereitschaft zugrunde liegt, kann nicht festgestellt werden. Hierfür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Angesichts der Vorerfahrungen mit dem Betroffenen ist vielmehr zu befürchten, dass dieser lediglich die Zurückstellung der doch noch erheblichen Restfreiheitsstrafe erreichen will, um für sich günstigere Vollstreckungsbedingungen zu schaffen. Aus diesem Grunde kann die Zustimmung des Gerichtes zur Zurückstellung nach § 35 BtMG nicht erteilt werden."

Die Staatsanwaltschaft Kleve hat daraufhin mit Bescheid vom 05.11.1999 die Ablehnung der Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG mitgeteilt. Gegen diesen Bescheid legte der Betroffene unter dem 25.11.1999 Beschwerde ein. Diese begründete er u.a. damit, dass das Amtsgericht Kleve - Schöffengericht - die Zustimmung zur Zurückstellung des Strafrestes aus dem Urteil vom 28.05.1999 für längstens zwei Jahre erteilt habe, weil dem Verurteilten die Chance eingeräumt werden sollte, eine Langzeittherapie in einer freien Therapiestätte zu absolvieren. Diese Ansicht habe das Amtsgericht Kleve - gegenüber der Entscheidung der 1. Strafkammer des Landgerichts Kleve - auf den persönlichen Eindruck, den das Gericht von dem Verurteilten gewonnen habe, gestützt. Seit August 1999 werde der Betroffene auf eigene Initiative hin betreut, was von der Suchtberaterin des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Kleve bestätigt werde. Der Betroffene sei nach Ansicht der Drogenberaterin "krankheitseinsichtig und gut motiviert, den Kreis-
lauf Drogenabhängigkeit/Straffälligkeit zu durchbrechen und sein Leben in sozial geordnete Bahnen zu lenken." Für sein Entweichen aus der Unterbringung am 15.11.1998 hätten Gründe in seiner persönlichen und familiären Situation vorgelegen, mit denen er sich jedoch nunmehr abgefunden habe. Das Landgericht habe es weiterhin versäumt zu prüfen, ob nicht auch mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung des Verurteilten zu erreichen gewesen wäre. Dazu hätte es einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit bedurft.

Die Beschwerde des Betroffenen wurde mit Bescheid des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf vom 03.01.2000 (4 Zs 1664/99), zugestellt am 12.01.2000, zurückgewiesen. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt:

"Die in den Beschluss der Strafkammer des Landgerichts Kleve angeführten Gründe sind zutreffend und tragen die Versagung rechtsbedenkenfrei. Der Umstand, dass mit Beschluss vom 12. November 1999 das Amtsgericht Kleve in dem Verfahren 19 Js 754/98 der Zurückstellung in jenem Verfahren zugestimmt hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Dies bereits deshalb nicht, weil sich die Entscheidung in einer pauschalen Begründung erschöpft und auf die von dem Landgericht ausführlich und zutreffend ausgeführten besonderen Umstände des vorliegenden Falles nicht eingeht.

Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung der Zurückstellung der Strafvollstreckung durch die Staatsanwaltschaft nicht zu beanstanden."

Dagegen richtet sich der von dem Verteidiger des Betroffenen angebrachte Antrag vom 09.02.2000 auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG, in dem er auf seine bisherigen Eingaben und Begründungen Bezug nimmt und ergänzend ausführt, dass der Antragsteller in der Zwischenzeit alle erforderlichen formellen Voraussetzungen für den Beginn einer Therapie geschaffen habe. Mit Schreiben vom 26.01.2000 habe die Bezirksklinik Hochstadt dem Antragsteller einen festen Aufnahmetermin für den 06.06.2000 genannt.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Zwar hat der Betroffene die für die Durchführung einer Therapie notwendigen Kontakte geknüpft und sich erfolgreich um einen Therapieplatz bemüht. Dies lässt jedoch aus den zutreffenden Erwägungen, die das Landgericht Kleve der Verweigerung seiner Zustimmung zur Zurückstellung der Strafvollstreckung zugrunde gelegt hat, nicht den Schluss darauf zu, dass bei dem Betroffenen ein Änderungsprozess eingesetzt hat. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf und die zutreffenden Gründe des Beschlusses des Landgerichts Kleve vom 18.10.1999 wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.


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