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Rechtsprechung

Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. 21/99 (57/00) OLG Hamm

Leitsatz: Die Anordnung des Vollzugs eines Auslieferungshaftbefehls ist aufzuheben, wenn davon auszugehen ist, dass die Auslieferung nicht mehr unmittelbar bevorsteht. Die Anordnung des Vollzugs eines Auslieferungshaftbefehls ist aufzuheben, wenn davon auszugehen ist, dass die Auslieferung nicht mehr unmittelbar bevorsteht. Im Übrigen kann auch aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Aufhebung geboten sein, wenn der ersuchende Staat zwei Monate auf die Bitte um Vereinbarung eins Übergabetermins nicht reagiert.

Senat: 2

Gegenstand: Auslieferungssache

Stichworte: Durchführungshaftbefehl, Aufhebung, Verhältnismäßigkeit

Normen: IRG 34

Beschluss: Auslieferungssache betreffen die lettische Staatsangehörige I.W.,
wegen Auslieferung der Verfolgten aus Deutschland in die Republik Lettland zum Zweck der Strafverfolgung wegen Raubes hier: Aufhebung der Anordnung des Vollzugs des förmlichen Auslieferungshaftbefehls).

Nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29.06.2000 durch die Richter am Oberlandesgericht beschlossen:

Der Beschluss des Senats vom 4. April 2000 wird aufgehoben.

Es verbleibt bei den im Beschluss des Senats vom 29. November 1999 getroffenen Anordnungen.

Gründe:
I.
Der Senat hat gegen die Verfolgte mit Beschluss vom 29. Januar 1999 die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet, den vorläufigen Auslieferungshaftbefehl aber unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Am 23. November 1999 ist dann die förmliche Auslieferungshaft angeordnet und die Auslieferung der Verfolgten nach Lettland für zulässig erklärt worden (vgl. Beschluss des Senats vom 23. 11. 1999 in , NStZ-RR 2000, 158). Dieser förmliche Auslieferungshaftbefehl wurde erneut außer Vollzug gesetzt.

Mit Verbalnote vom 1. März 2000 hat das Auswärtige Amt die Auslieferung der Verfolgten bewilligt. Deshalb hat der Senat durch - auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft - gemäß § 34 Abs. 1 zweiter Halbsatz IRG die Anordnung des Vollzugs des förmlichen Auslieferungshaftbefehls angeordnet. Die Verfolgte wurde daraufhin am 27. April 2000 erneut in Auslieferungshaft genommen. Zeitgleich wurden die lettischen Strafverfolgungsbehörden über das BKA davon mit der Bitte, einen Übergabetermin zu vereinbaren, in Kenntnis gesetzt. Von den lettischen Behörden sind bislang - trotz Erinnerung durch die Generalstaatsanwaltschaft - keinerlei Reaktionen erfolgt.

Der Beistand der Verfolgten hat nunmehr die Aufhebung des Beschlusses vom 4. April 2000 beantragt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.

II.

Der Aufhebungsantrag der Verfolgten hat Erfolg.

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 4. April 2000 folgendes ausgeführt:

"Gemäss § 34 Abs. 1 zweiter Halbsatz IRG war der Vollzug des Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 23. November 1999 anzuordnen.

Die nach § 34 Abs. 1 zweiter Halbsatz IRG erforderlichen Voraussetzungen für die Anordnung des Vollzugs des bestehenden Auslieferungshaftbefehls sind gegeben. Nach der Systematik des § 34 Abs. 1 IRG steht die ggf. mögliche Anordnung des Vollzugs eines bestehenden Auslieferungshaftbefehl als Alternative für die Anordnung des sog. Durchführungshaftbefehls nach § 34 Satz 1 1. Halbsatz zur Verfügung. Dies bedeutet nach Auffassung des Senats, dass die Anordnung des Vollzugs des Auslieferungshaftbefehls von den gleichen Voraussetzungen abhängig ist wie der Erlass eines Durchführungshaftbefehls. Der Verfolgte muss sich also auf freiem Fuß befinden und die Durchführung der Auslieferung darf nicht auf andere Weise gewährleistet sein.

.......

Die bewilligte Auslieferung steht auch zeitlich und unmittelbar im Sinn des § 34 IRG bevor. Erfahrungsgemäss dauert die Terminabstimmung und die Klärung der Einzelheiten mit den ausländischen Behörden in der Regel nicht mehr als einen Monat. ....."

Diese Voraussetzungen sind nicht mehr gegeben. Die lettischen Behörden haben bislang auf die Mitteilungen der Generalstaatsanwaltschaft nach mehr als zwei Monaten nicht reagiert. Damit steht die Auslieferung der Verfolgten nicht mehr im Sinn des § 34 IRG unmittelbar bevor, so dass die Voraussetzungen für den Erlass des Durchführungshaftbefehls weggefallen sind. Dieser war daher schon aus diesem Grund aufzuheben.

Der Senat weist darauf hin, dass auch Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte eine Aufhebung des Durchführungshaftbefehls gebieten dürften. Das IRG kennt zwar keine Höchstfristen für die Dauer der Durchführungshaft (vgl. dazu Schomburg/Lagodny, IRG, 3. Aufl., § 34 IRG Rn. 21). Insoweit dürfte jedoch zumindest der Rechtsgedanke des Art 18 Abs. 4 EuAlÜbK, auf den Schomburg/Lagodny (a.a.O.) zutreffend verweisen, entsprechend anzuwenden sein. Danach ist der Verfolgte spätestens 30 Tage nach dem für die Übergabe festgesetzten Zeitpunkt freizulassen, wenn er bis dahin nicht von dem ersuchenden Staat übernommen worden ist. Das dürfte erst recht gelten, wenn - wie vorliegend - der ersuchende Staat auf die Mitteilung von der Festnahme des Verfolgten und die Bitte um Vereinbarung eines Übergabetermins mehr als zwei Monate überhaupt nicht reagiert und damit ein Zeitpunkt für die Übernahme des Verfolgten noch nicht einmal bestimmt werden kann .

Zur Klarstellung war im Tenor daraufhin zu weisen, dass es durch die Aufhebung des Beschlusses vom 4. April 2000 nun wieder bei dem Beschluss vom 29. November 1999 mit den dort getroffenen (Melde-)Auflagen verbleibt.


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