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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 39/99 OLG Hamm

Leitsatz: Sitzt der Verurteilte am Sitz der Strafvollstreckungskammer ein bzw. wohnt er in deren Nähe, wird diese in der Regel gehalten sein, den Verurteilten vor dem Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung wegen Verstoßes gegen Auflagen und Weisungen persönlich mündlich anzuhören.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf von Strafaussetzung, Verfahren, Anhörung durch Strafvollstreckungskammer, inhaftierter Verurteilter, Verstoß gegen Auflagen und Weisungen

Normen: StGB 56 f; StPO 453

Beschluss: Strafsache gegen D.M.,
wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz (hier: Sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung>

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 9. Januar 1999 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 23. Dezember 1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02.02.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Gründe:
I.
Der Verurteilte, der zuvor schon erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten war - der Strafregisterauszug weist insgesamt 13 Vorverurteilungen auf -, ist durch Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 12. Dezember 1997 wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Dem Verurteilten wurde in dem Bewährungsbeschluss u.a. aufgegeben, frühestmöglich eine Langzeittherapie anzutreten.

Der Verurteilte hat sich in anderer Sache seit dem 17. Februar 1998 in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Sennestadt befunden, aus der er am 21. Mai 1998 geflohen ist. Am 9. August 1998 konnte er wieder festgenommen werden und befindet seitdem in der Justizvollzugsanstalt Bochum.

Mit Antrag vom 28. Juli 1998 hat die Staatsanwaltschaft Duisburg den Widerruf der Strafaussetzung beantragt, da der verurteilte die Langzeittherapie nicht angetreten habe. Der Verurteilte wurde auf Antrag des Amtsgerichts Duisburg im Wege der Rechtshilfe von einem Richter des Amtsgerichts Bochum zu dem Widerrufsantrag mündlich angehört. Das Amtsgericht Duisburg hat dann die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen. Diesen Beschluss hat das Landgericht Duisburg wegen Unzuständigkeit des Amtsgerichts aufgehoben.

Nunmehr hat die Staatsanwaltschaft bei der Strafvollstreckungskammer Bochum (erneut) den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung beantragt. Die Strafvollstreckungskammer hat, ohne den Verurteilten mündlich gehört zu haben, die Strafaussetzung widerrufen.
Hiergegen wendet sich nun der verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel zu verwerfen.

II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Strafvollstreckungskammer Bochum war zur Entscheidung örtlich zuständig, nachdem der Verurteilte nach seiner Wiederergreifung dort nun weiter Strafhaft verbüßt.

Dahinstehen kann, ob die im Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 12. Dezember 1998 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung zu Recht widerrufen worden ist oder ob, da der Verurteilte hinsichtlich einer Langzeittherapie offenbar nicht gänzlich untätig gewesen ist, ggf. die Verlängerung der Bewährungszeit gem. § 56 f Abs. 2 StGB ausreichend gewesen wäre. Der angefochtene Beschluss war nämlich schon deshalb aufzuheben, weil die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten vor dem Widerruf der gewährten Strafaussetzung nicht (noch einmal) mündlich angehört hat. Die in § 453 Abs. 1 Satz 3 StPO vorgesehene mündliche Anhörung des Verurteilten ist nach allgemeiner Meinung, die der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats entspricht, grundsätzlich zwingend (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 453 Rn. 7 mit weiteren Nachweisen) . Von ihr kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden. Einer der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle (vgl. auch dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O.) ist vorliegend nicht gegeben. Die mündliche Anhörung des Verurteilten durch die Strafvollstreckungskammer war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Verurteilte noch am 21. September 1998 für das Amtsgericht Duisburg vom Amtsgericht Bochum angehört worden ist. Denn unabhängig von der Frage, ob diese zum Zeitpunkt der Entscheidung schon drei Monate zurückliegende Anhörung die erneute mündliche Anhörung durch die Strafvollstreckungskammer wegen des Zeitablaufs überhaupt (noch) entbehrlich machen konnte (vgl. dazu z.B. Beschluss des Senats vom 1. Juli 1998 in 2 Ws 303/98), ist von Bedeutung, dass diese mündliche Anhörung nicht von der Strafvollstreckungskammer selbst, sondern von einem anderen Gericht erfolgte, obwohl der Verurteilte in der Justizvollzugsanstalt Bochum Strafe verbüßte und damit von der Strafvollstreckungskammer ohne große Schwierigkeiten hätte persönlich angehört werden können. Mit dieser mündlichen Anhörung hätte die Strafvollstreckungskammer, was u.a. auch Sinn und Zweck des § 453 Abs. 1 Satz 3 StPO ist, sich selbst einen persönlichen Eindruck von dem Verurteilten machen können. Dieser persönliche Eindruck vom Verurteilten ist insbesondere bei einem Verstoß gegen Auflagen oder Weisungen von (mit-)entscheidender Bedeutung für die Frage des Widerrufs oder einer Verlängerung der Bewährungszeit.

Deshalb wird, wenn der Verurteilte am Sitz der Strafvollstreckungskammer einsitzt bzw. in deren Nähe wohnt, in der Regel die persönliche Anhörung des Verurteilten durch die Strafvollstreckungskammer zu fordern sein

Nach allem war somit der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Strafvollstreckungskammer hat - nach Anhörung des Verurteilten - erneut in der Sache und über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Eine eigene Entscheidung in der Sache war dem Senat nicht möglich, da die Umstände des dem Verurteilten zur Last gelegten Auflagenverstoßes zunächst von der Strafvollstreckungskammer weiter aufzuklären sind.


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