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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 254/99 OLG Hamm

Leitsatz: Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Nebenklägers im Sicherungsverfahren ist gegenstandslos, wenn der Beschuldigte die Revision gegen das seine Unterbringung anordnende Urteil zurückgenommen hat.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Nebenklage, Nichtzulassung des Nebenklägers im Sicherungsverfahren, gegenstandslose Beschwerde, Rücknahme der Revision gegen Unterbringung

Normen: StPO 304, StPO 305, StPO 400, StPO 472

Beschluss: Unterbringungssache gegen M.B.,
wegen versuchten Mordes,

(hier: Beschwerde der Verletzten P.A. gegen die Nichtzulassung der Nebenklage)

Auf die Beschwerde der P.A. vom 17. Februar 1999 gegen den Beschluss der 4. großen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 15. Januar 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. August 1999 durch den Richter am Oberlandesgericht,
den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde ist gegenstandslos.

Gründe:

I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer in dem gegen den Beschuldigten B. gerichteten Sicherungsverfahren am 15. Januar 1999 den Antrag der Beschwerdeführerin, ,,sie als Nebenklägerin zuzulassen", zurückgewiesen.

In diesem Sicherungsverfahren ist dem Beschuldigten in der Antragsschrift zur Last gelegt worden, in nicht ausschließbarem Zustand der Schuldunfähigkeit versucht zu haben, die Beschwerdeführerin heimtückisch zu töten.

Durch Urteil vom 8. Februar 1999 ist die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden. Die Vollstreckung der Maßregel ist zur Bewährung ausgesetzt worden.

Der Beschuldigte hat die von ihm am 14. Februar 1999 gegen das Urteil eingelegte Revision am 24. Februar 1999 zurückgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt. Eine förmliche Zustellung des Urteils an die Beschwerdeführerin ist nicht erfolgt.

Mit ihrer am 19. Februar 1999 beim Landgericht Hagen eingegangenen Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin mit näheren Ausführungen gegen den ihre Zulassung zurückweisenden Beschluss vom 15. Januar 1999. Die Strafkammer hat durch Beschluss vom
10. März 1999 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
Die Beschwerde ist gegenstandslos.

Zwar kann die die Berechtigung des Anschlusses ablehnende Entscheidung mit der einfachen Beschwerde nach § 304 Abs. 1 StPO angefochten werden; § 305 Satz 1 StPO steht dem nicht entgegen (vgl. LR-Hilger, StPO, 25. Aufl., § 396 Rdnr. 27 m.w.N.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 396 Rdnr. 19). Dies gilt auch im Rechtsmittelverfahren (Hilger a.a.O.), es sei denn, der Nebenkläger hat die von ihm eingelegte Revision auf seine Nichtzulassung gestützt, in diesem Fall ist die Beschwerde gegenstandslos (vgl. BGH NDR 1970, 732).

Die zulässige Beschwerde ist vorliegend indes durch die Rücknahme der Revision des Beschuldigten gegenstandslos geworden. Eine Abänderung des Urteils und der in ihm enthaltenen Kostenentscheidung war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr möglich, so dass auch ein die Berechtigung der Nebenklage feststellender Beschluss keinerlei Wirkungen mehr entfalten könnte.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen das Urteil kein Rechtsmittel eingelegt.

Die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Urteil durch die Beschwerdeführerin war zwar nicht wegen des ablehnenden Beschlusses der Strafkammer ausgeschlossen. Diesem Beschluss kommt nämlich keine konstitutive Wirkung zu. Er vermag, falls eine Berechtigung zum Anschluss bestanden hat, über deren Bestehen das Revisionsgericht ohne Bindung durch Vorentscheidungen selbst zu entscheiden hat, deren Wirkungen nicht zu beseitigen (vgl. BGHSt 41, 288, 289).

Eine Anfechtung des im Sicherungsverfahren die Unterbringung anordnenden Urteils durch die Beschwerdeführerin war vorliegend vielmehr durch die gesetzliche Regelung des § 400 Abs. 1 StPO, nach der der Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten kann, dass eine andere Rechtsfolge verhängt wird, gesetzlich ausgeschlossen (vgl. OLG Schleswig, SchlHA 1996, 97; HK-Kurth, StPO, 2. Aufl., § 400 Rn. 5). Die fehlende Möglichkeit der Abänderung des Urteils führt dazu, dass eine die Berechtigung des Anschlusses feststellende Entscheidung des Senats keine Wirkung mehr entfalten könnte. Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte sowie der Schutz des Nebenklägers vor unzulässigen Schuldzuweisungen durch den Täter (vgl. dazu Hilger a.a.O., § 395 Rdnr. 16; BGH NStZ 1996, 244) können nach dem Abschluss des Verfahrens nämlich nicht mehr bestehen. Auch könnte die Beschwerdeführerin durch eine ihre Berechtigung feststellende Entscheidung nicht erreichen, dass ihr dadurch die ihr entstandenen notwendigen Auslagen erstattet werden (so noch OLG Hamm JZ 1972, 251, 252). Nach der Neufassung des § 472 Abs. 1 StPO durch das Strafrechtsänderungsgesetz vom 1. April 1987 (BGBl. J 1074) ist nämlich eine ausdrückliche Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu treffen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 472 Rdnr. 10; KK-Franke, StPO, 4. Aufl. § 464 Rdnr. 2 m.w.N.) . Enthält das Urteil keine diesbezügliche Entscheidung, hat der Nebenkläger seine Kosten selbst zu tragen. Eine nachträgliche Feststellung der Anschlussberechtigung würde daran nichts ändern. Dies steht im Gegensatz zu der früheren Rechtslage, bei der kein besonderer Ausspruch über die notwendigen Auslagen des Nebenklägers erforderlich war. Im Falle der nachträglichen Feststellung der Berechtigung der Nebenklage umfasste die Kostentragungspflicht der Verurteilten also ohne weiteres auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers (vgl. dazu OLG Hamm a.a.O.).

Es kann dahinstehen, ob dies dazu führt, dass bei Abschluss des Verfahrens die Beschwerde grundsätzlich gegenstandslos wird und nur noch die sofortige Kostenbeschwerde gem. § 464 Abs. 3 StPO möglich ist, in deren Rahmen dann die Anschlussberechtigung zu prüfen ist (so Hilger a.a.O. § 396 Rn. 27) oder ob daneben die ,,Nichtzulassungsbeschwerde" möglich ist.

Eine die Berechtigung feststellende Entscheidung würde der Beschwerdeführerin nämlich in keinem Fall die Möglichkeit eröffnen, die im Urteil enthaltene Kostenentscheidung mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 464 Abs. 3 StPO anzufechten. Die Kostenentscheidung ist nämlich nicht weiter anfechtbar als die Hauptentscheidung. Nicht statthaft ist eine Anfechtung danach, wenn sie schon nach der Art der Hauptentscheidung nicht zulässig ist oder wenn die betreffende Person unabhängig von der Frage der Beschwer nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist (vgl. Franke a.a.O., § 464 Rdnr. 8; Hilger a.a.O. § 464
Rdnr. 50). Unanfechtbar ist die Kosten- und Auslagenentscheidung danach in den Fällen, in denen das Gesetz die Hauptentscheidung ausdrücklich für nicht anfechtbar erklärt, oder sie der Anfechtung durch den Betroffenen, wie im Fall des § 400 Abs. 1 StPO, im konkreten Fall entzieht (vgl. Franke a.a.O.; Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 464 Rn. 17; OLG Stuttgart
NStZ 1989, 548).

Wegen der eingetretenen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann offen bleiben, ob mit der grundlegenden Umgestaltung des Instituts der Nebenklage durch das sogenannte Opferschutzgesetz vom 18. Dezember 1986 (BGBl. J 2496) nunmehr eine Nebenklage auch im Sicherungsverfahren zulässig ist (offengelassen BGH NStZ 1996, 244; bejahend OLG Düsseldorf NJW 1993, 3279; OLG Frankfurt am Main NJW 1994, 3243; Hilger a.a.O. vor § 395 Rdnr. 16; KK-Senge § 395 Rdnr. 4; Kurth a.a.O. § 414 Rdnr. 4) oder ob diese nach wie vor unzulässig ist (so OLG München, MDR 1994, 402; OLG Hamm StV 1992, 460; Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. vor § 395 Rndr. 5).


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