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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 271/99 OLG Hamm

Leitsatz: Über einen außerhalb, d.h. nach Beendigung der Hauptverhandlung gestellten Wiedereinsetzungsantrag darf das Gericht nur ohne Beteiligung der Schöffen entscheiden.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Versäumung der Berufungshauptverhandlung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Beteiligung von Schöffen

Normen: StPO 329; GVG 76

Beschluss: Strafsache gegen A.B.,
wegen Diebstahls, (hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Nichtgewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand)

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 17. August 1999 gegen den Beschluss des Landgerichts Siegen vom 12. August 1999 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21.10.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht Siegen zurückverwiesen.

Gründe:
Das Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Soest hat den Verurteilten in der Sitzung vom 27. April 1999 wegen Diebstahls mit einem Freizeitarrest belegt. Auf die daraufhin in zulässiger Weise erhobene Berufung des Verurteilten hat das Landgericht Termin zur Hauptverhandlung auf den 12. August 1999 anberaumt und den Verurteilten dazu ordnungsgemäß geladen. Da der Verurteilte auch 20 Minuten nach dem vorgesehenen Beginn der Haupterhandlung um 11.30 Uhr noch nicht erschienen war, hat das Landgericht die Berufung um 11.50 Uhr gemäß § 329 StPO verworfen. Nach der Verkündung des Verwerfungsurteils vermerkt das Protokoll, dass der Angeklagte um 12.00 Uhr mit seinem Vater erschienen sei. Der Vater habe darauf hingewiesen, dass es aus verkehrsbedingten Gründen und wegen eines Defekts des von ihm geführten Kraftfahrzeugs nicht möglich gewesen sei, pünktlich zu erscheinen. Das Gericht hat dies zutreffend als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angesehen. Im Protokoll ist sodann vermerkt, dass nach Anhörung des Vertreters der Anklage durch Beschluss der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen wurde. Am Ende des Protokolls befinden sich die Unterschriften des Vorsitzenden der Strafkammer und des Protokollführers.

Der Senat hat eine dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer zu der Frage eingeholt, welche Gerichtspersonen an der Beschlussfassung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beteiligt waren. Nach dem dazu erstellten Vermerk des Vorsitzenden ist davon auszugehen, dass alle Mitglieder der Kammer, einschließlich der Schöffen, an der Beratung und Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag beteiligt waren.

Der Verurteilte hat die gegen ihn am 12. August 1999 ergangenen Entscheidungen angefochten und dazu erklärt, er erhebe ,,Widerspruch gegen das Urteil vom 12. August 1999".

Das Rechtsmittel ist gemäß § 300 StPO als sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verstehen, denn dem Verurteilten ist nach zulässiger Einlegung der Berufung die Durchführung des Revisionsverfahrens gemäß § 55 Abs. 2 JGG verwehrt. Das gilt auch für ein Verwerfungsurteil nach § 329 StPO (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 87, 523; vgl. auch BGHSt 30, 98).

Die sofortige Beschwerde hat auch - einen zumindest vorläufigen - Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Die Strafkammer hat um 11.50 Uhr in Abwesenheit des Verurteilten das Verwerfungsurteil verkündet. Damit war die Hauptverhandlung beendet (§ 268 Abs. 3 StPO; vgl. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, § 226 Rdnr. 2). Als der Betroffene deshalb 10 Minuten nach Verkündung des Urteils erschien und Gründe für seine Säumnis angab, war die Hauptverhandlung beendet; sie konnte auch nach der Verkündung des Urteils nicht erneut aufgenommen werden. Das Vorbringen des Verurteilten hat das Landgericht sodann zu Recht als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angesehen, jedoch war zur Entscheidung über diesen außerhalb der Hauptverhandlung gestellten Antrag allein das Gericht - ohne Beteiligung der Schöffen - berufen (§ 76 Abs. 1 S. 2 GVG). Die Beteiligung der Schöffen an der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag stellt einen Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt. Der Senat ist auch gehindert, gemäß § 309 Abs. 2 StPO in der Sache selbst zu entscheiden, weil der festgestellte Verfahrensmangel durch. das Beschwerdegericht nicht behoben werden kann (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, § 309 Rdnr. 8).


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