Aktenzeichen: 2 Ss 411/95 OLG Hamm
Leitsatz: Die Bildung einer möglichen Gesamtstrafe durch den Tatrichter ist in der Regel zwingend.
Senat: 2
Gegenstand: Revision
Stichworte: Übersehene Gesamtstrafenbildung, Tatrichter
Normen: StGB 55, StGB 54
Beschluss: Strafsache gegen W.S.,
wegen Beförderungserschleichung u.a.
Auf die Revision des Angeklagten vom 23. Dezember 1994 gegen das Urteil der XV. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 20. Dezember 1994 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12.04.1995 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu getroffenen Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beförderungserschleichung und Körperverletzung gem. den §§ 265 a, 223 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,-- DM verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die allgemeine Sachrüge erhebt.
Die zulässige Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
Hinsichtlich des Schuldspruchs war die Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Hinsichtlich des Strafausspruchs hat die Revision hingegen vorläufigen Erfolg. Insoweit war das angefochtene Urteil mit den dazu getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Strafzumessungsgründe des angefochtenen Urteils genügen nicht den sich aus § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO ergebenden Anforderungen. Sie enthalten nämlich keine Ausführungen zur der möglichen Bildung einer Gesamtstrafe mit der durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 12. März 1992 wegen Beförderungserschleichung festgesetzten Geldstrafe von dreißig Tagessätzen zu je 15,-- DM. Das Landgericht teilt lediglich die Tatsache der Verurteilung mit, ohne Feststellungen darüber zu treffen, ob das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist. Ist die Verurteilung durch das Amtsgericht Dortmund vom 12. März 1992 jedoch rechtskräftig geworden, kommt die Bildung einer Gesamtstrafe gem. §§ 55, 54 Abs. 1 StGB mit den nun abgeurteilten, am 22. März und 19. Dezember 1991 begangenen Taten in Betracht. Für den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 StGB ist die Gesamtstrafenbildung auch zwingend durch den Tatrichter vorgeschrieben, dem Verfahren nach § 460 StPO darf sie nur ausnahmsweise überlassen bleiben (Dreher/Tröndle, StGB, 47. Aufl., § 55 Rn. 7 b m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte; vgl. auch zuletzt die Senatsentscheidung vom 19. Januar 1995 in 2 Ss 18/95). Da hier einer der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmegründe (vgl. dazu Dreher/Tröndle, a.a.O., m.w.N.; siehe auch Beschl. des OLG Hamm vom 3. Mai 1990 - 3 Ss 415/90) ersichtlich nicht vorliegt, hätte das Landgericht die für eine Gesamtstrafenbildung noch erforderlichen Feststellungen treffen und - soweit die Voraussetzungen der §§ 55 Abs. 1, 54 StGB vorliegen - eine Gesamtstrafe bilden müssen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die im März 1992 verhängte Geldstrafe im Zweifel inzwischen gezahlt ist. Ist das der Fall, muß das Landgericht Ausführungen zu dem dann erforderlichen sog. "Härteausgleich" machen (Dreher, a.a.O., § 55 StGB Rn. 7 a ff. m.w.N.), die hier ebenfalls fehlen.
Der damit vorliegende Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.
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