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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 459/95 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Höchstmaß der Verlängerung der Bewährungszeit

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf der Strafaussetzung, Verlängerung der Bewährungszeit, Höchstmaß der Verlängerung, Höchstzeit der Verlängerung

Normen: StGB 56 f

Beschluss: Strafsache gegen B.R.,
wegen Diebstahls u.a.
(hier: Sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung).

Auf die am 28. Juni 1995 eingegangene sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen vom 9. Juni 1995 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 31.08.1995 durch den Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Amtsgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalt beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Siegen vom 9. Juni 1995 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Bewährungszeit um 1 Jahr bis zum 23. August 1997 verlängert wird.

Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; jedoch wird die Gebühr für die sofortige Beschwerde um die Hälfte ermäßigt. In diesem Umfang trägt auch die Landeskasse die notwendigen Auslagen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren.

Gründe:

I. Im angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer die durch Urteil des Amtsgericht Gummersbach vom 16. August 1991 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen, nachdem sie bereits durch Beschluss vom 6. August 1993 die zunächst auf 4 Jahre festgesetzte Bewährungszeit um 1 Jahr auf 5 Jahre verlängert hatte. In diesem Urteil war der Verurteilte, der in der Vergangenheit schon mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und auch schon Strafe verbüßt hat, u.a. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe 6 Monaten verurteilt worden. Anlass für die am 6. August 1993 beschlossene Verlängerung der Bewährungszeit war eine Verurteilung wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 DM. Grund für den nunmehr beschlossenen Widerruf ist eine durch das AG Gummersbach am 2. Februar 1995 erfolgte Verurteilung wegen Diebstahls in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Die Strafvollstreckungskammer hat sich unter den gegebenen Umständen nicht in der Lage gesehen, noch einmal vom Widerruf abzusehen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde zu verwerfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Nach Auffassung des Senats konnte noch einmal - ebenso wie in der Sache 2 Ws 452/95 OLG Hamm = 3 AR 1858/95 GStA Hamm - vom Widerruf der durch Urteil vom 16. August 1991 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung abgesehen werden. Dabei übersieht der Senat nicht, dass der Verurteilte in der Bewährungszeit nicht unerheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten und die Bewährungszeit deshalb bereits einmal von vier auf fünf Jahre verlängert worden ist. Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung kommt hier jedoch deshalb (noch) nicht in Betracht, weil die wegen der neuen Straftat verhängte Freiheitsstrafe durch das Amtsgericht Gummersbach trotz der Vorverurteilungen des Verurteilten und seines Bewährungsversagens - wenn auch mit Bedenken - zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Es ist ständige Rechtsprechung des Senats, dass es in der Regel geboten ist, sich wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten der Beurteilung des die neue Straftat aburteilenden Gerichts anzuschließen (vgl. auch BVerfG NStZ 1985, 357; OLG Frankfurt StV 1990, 556 (Ls.); LG Berlin MDR 1988, 794; OLG Düsseldorf VRS 89, 33) . Davon abzuweichen, besteht hier kein Anlas. Das AG Gummersbach hat die persönlichen Umständen des Verurteilten eingehend gewürdigt und seine Entscheidung nicht bloß pauschal, sondern mit die Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Ausführungen begründet. Hinzu kommt, dass auch die dem Widerruf zugrundeliegende Tat, die sich offenbar im Drogenmilieu abgespielt hat, von ihrem Gewicht her nicht unbedingt den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich macht. Schließlich sprach auch die familiäre Situation des Verurteilten gegen eine Widerruf der Strafaussetzung.

Da in dieser Sache die Bewährungszeit noch nicht auf das nach § 56 f Abs. 2 Satz 2 StGB zulässige Höchstmaß von sechs Jahren verlängert worden ist, kam hier - anders als in der Sache 2 Ws 452/95 OLG Hamm = 3 AR 1858/95 GStA Hamm - eine nochmalige Verlängerung der Bewährungszeit um 1 Jahr auf das zulässige Höchstmaß in Betracht. Von dieser Möglichkeit hat der Senat Gebrauch gemacht, um dem Verurteilten Gelegenheit zu geben, sich des mit dem Absehen vom Widerruf in ihn gesetzten Vertrauens würdig zu erweisen. Der Senat weist den Verurteilten jedoch auch in dieser Sache eindringlich darauf hin, dass er angesichts seines Bewährungsversagens nicht mehr damit rechnen kann, dass bei einer weiteren Straftat noch einmal vom Widerruf abgesehen werden wird. Vielmehr muß er davon ausgehen, dass auch eine nur geringfügige strafrechtliche Verfehlung unweigerlich den Widerruf der durch Urteil vom 16. August 1991 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung nach sich zieht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1, 4 StPO.


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