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Rechtsprechung

Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. 419/97 (30/98) OLG Hamm

Leitsatz: Ist im Auslieferungsverfahren zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Verfolgten die Überwachung eines Telefonanschlusses des Verfolgten erforderlich, ist das Oberlandesgericht für die Anordnung der Telefonüberwachung sachlich zuständig. Insoweit bedarf es auch keines darauf besonders gerichteten Rechtshilfeersuchens des ersuchenden ausländischen Staates.

Senat: 2

Gegenstand: Auslieferungssache

Stichworte: Auslieferungsverfahren, Telefonüberwachung zur Ermittlung des Aufenthaltsortes, Zuständigkeit des OLG

Normen: StPO 100 a, IRG 77

Fundstelle: NStZ-RR 1998, 350; wistra 1999, 37

Beschluss: Auslieferungssache betreffend den jugoslawischen Staatsangehörigen B.B.,
wegen Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland in die Bundesrepublik Jugoslawien zur Strafvollstreckung,
(hier: Anordnung der Telefonüberwachung).

Auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vom 15. Juni 1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22.06.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht beschlossen:

Die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs - befristet auf 3 Monate - betreffend den Anschluss XXXX - Anschlussinhaber: B.B. - wird angeordnet.

Gründe:

Der Senat hat durch Beschluss vom 5. März 1998 gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet, weil die jugoslawischen Behörden um seine Festnahme zum Zwecke der Auslieferung zur Vollstreckung einer wegen Mordversuchs und illegalen Besitzes von Schusswaffen verhängten Freiheitsstrafe von 1 Jahr 7 Monaten ersucht haben. Die örtliche Zuständigkeit des Senats ergab sich aus § 14 Abs. 1 IRG, weil der Aufenthalt des Verfolgten durch die Polizei in Hagen dort ermittelt worden war. Er war und ist in Hagen für die Anschrift Lange Str. 120, wo er sich nach den Ermittlungen auch aufhielt, zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern gemeldet. Im übrigen wird auf den genannten Senatsbeschluss Bezug genommen.
In der Folgezeit sind jedoch die Versuche der Polizei, den Verfolgten festzunehmen, gescheitert. Es wurde jedoch ermittelt, dass sich seine Familie weiterhin unter der genannten Anschrift aufhält, der Verfolgte jedoch offensichtlich untergetaucht ist. Da aber für den Verfolgten ein Fernsprechanschluss mit der Rufnummer XXXX unter der genannten Wohnanschrift besteht, ist anzunehmen, dass er sich mit seiner Familie auch auf telefonischem Wege in Verbindung setzen wird und sich dadurch Aufschlüsse über seinen Aufenthaltsort ergeben können.

Die Voraussetzungen des § 100 a StPO, der für das Auslieferungsverfahren sinngemäß anwendbar ist (§ 77 IRG) und gemäß § 457 Abs. 3 S. 1 StPO auch im Auslieferungsverfahren betreffend die Auslieferung zur Vollstreckung einer verhängten Freiheitsstrafe Anwendung findet, liegen vor.

Dem Verfolgten wird eine Katalogtat gemäß § 100 a Nr. 2 und 3 StPO zur Last gelegt.
Die Überwachung des Fernmeldeverkehrs ist zur Erforschung des Aufenthaltsortes des Verfolgten und damit zur Vollstreckung des vorläufigen Auslieferungshaftbefehls unentbehrlich. Die polizeilichen Aufenthaltsermittlungen sind bisher ergebnislos geblieben. Weitere Aufklärungsmittel als die bereits erfolgten Nachforschungen und die zur Zeit noch erfolgenden Observierungsmaßnahmen sind nicht vorhanden. Ohne die Anordnung der Telefonüberwachung ist aber die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten in absehbarer Zeit zumindest wesentlich erschwert oder gar aussichtslos.

Gemäß § 100 b Abs. 2 S. 3 StPO war die zeitliche Dauer der Überwachung auf drei Monate zu befri8ten; andererseits erscheint dieser Zeitraum für eine erfolgversprechende Fahndung auch geboten.

Diese Maßnahme erscheint angesichts der Schwere des dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Schuldvorwurfs und der Dauer der noch zu verbüßenden Strafe verhältnismäßig.

Für die vorliegende Entscheidung ist das Oberlandesgericht und damit der Senat sachlich zuständig. Es ist das auch im übrigen mit der Sache, nämlich mit der Anordnung und eventuell späteren Kontrolle der Auslieferungshaft sowie der eventuellen künftig notwendig werdenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung, befasste Gericht. Bei der Anordnung der Telefonüberwachung handelt es sich um eine Annexentscheidung zum Auslieferungsverfahren (noch offengelassen im Senatsbeschluss vom 19. Dezember 1996 - (2) 4 Ausl. 556/96 (50/96)).
Es bedarf insoweit auch keines darauf besonders gerichteten Rechtshilfeersuchens des ersuchenden ausländischen Staates (noch offengelassen im Senatsbeschluss vom 4. Februar 1993 - (2) 4 Ausl. 354/92 -; a.A. Wilkitzki, IRG-K, § 18 Rdnr. 10 in Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 2. Aufl.). Ist nämlich das Rechtshilfeersuchen darauf gerichtet, die Festnahme des Verfolgten zum Zwecke der Auslieferung vorzunehmen, ist darin gleichzeitig auch der nicht ausdrücklich ausgesprochene Wille des ersuchenden Staates enthalten, die Verfolgungsbehörden des ersuchten Staates mögen alle insoweit zulässigen und zur Verfügung stehenden Fahndungsmaßnahmen ergreifen und auch ausschöpfen. Darüber hinaus könnte durch einen weiteren, möglicherweise aufwendigen, zeitraubenden und keine neuen Erkenntnisse erbringenden Schriftwechsel zwischen den ersuchten und dem ersuchenden Staat der Erfolg der ins Auge gefassten und notwendig erscheinenden Fahndungsmaßnahme in Frage gestellt oder gar vereitelt werden.

Demzufolge war entsprechend, dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft die Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs betreffend den genannten Anschluss anzuordnen.


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