Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 159/00 OLG Hamm

Leitsatz: Im Falle einer solchen tateinheitlichen Verurteilung muss sich der Wiederaufnahmeantrag gegen die Verurteilung nach der schwereren Strafvorschrift, der nach § 52 StGB die Strafe entnommen worden ist, richten.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Wiederaufnahme,

Normen: StPO 359

Beschluss: Strafsache gegen S.G.,
wegen Vergewaltigung

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 10./16. März 2000 gegen den Beschluss der V. Strafkammer des Landgerichts Essen vom 28. Februar 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 14.06.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

G r ü n d e :
I.
Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 5. März 1996, rechtskräftig seit dem 25. Oktober 1996, wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel, Zuhälterei und Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren sechs Monaten verurteilt worden. Nach den Urteilsfeststellungen hat er die von dem inzwischen durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 12. August 1999 wegen schweren Menschenhandels in zwei Fällen rechtskräftig verurteilten R.M. gegen Zahlung von insgesamt 8.000,- DM übernommenen Zeuginnen S. und B. unter Anwendung von Gewalt und Drohung mit Gewalt der Prostitution u.a. in dem von ihm in der Alfred-von-Trappen-Straße in Dortmund geführten Bordell zugeführt. Die Zeuginnen mussten gegen ihren Willen in der Zeit vom 5. Juni 1995 bis zu ihrer Flucht am 7. Juli 1995 dort und in der Bar "Ma Chérie" in Oer-Erkenschwick jeweils mit etwa 100 Freiern den Geschlechtsverkehr ausüben. In einer Anzahl von Fällen vergewaltigte der Angeklagte die beiden Frauen auch selbst. Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen und Beweiswürdigung des Urteils vom 5. März 1996 Bezug genommen.

Der Verurteilte befand sich seit dem 8. Juli 1995 in Untersuchungshaft und befindet sich nach Rechtskraft des Urteils seit dem 25.10.1996 - derzeit in der Justizvollzugsanstalt Werl - in Strafhaft.

Mit dem zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Werl angebrachten Antrag vom 23. September 1999 begehrt der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens. Er stützt sein Begehren vornehmlich auf von ihm behauptete Angaben des jetzt rechtskräftig verurteilten R.M., der zur Zeit der Hauptverhandlung im Jahre 1996 nicht auffindbar gewesen ist. Er stellt im Wesentlichen in das Wissen des Zeugen, dieser sei im Tatzeitraum der Zuhälter der Zeuginnen S. und B. gewesen. Der Zeuge werde bekunden, dass er, der Beschwerdeführer, die Zeuginnen nicht, auch nicht gegen Geldzahlungen, übernommen habe. Sie seien der Prostitution freiwillig nachgegangen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Wiederaufnahmevorbringen verwiesen.

Die V. Strafkammer des Landgerichts Essen hat durch Beschluss vom 28. Februar 2000 das Wiederaufnahmegesuch als unzulässig verworfen. Sie hält mit näherer Begründung die von dem Beschwerdeführer aufgebotenen Beweismittel für nicht geeignet, die Aussagen der Zeuginnen S. und B. zu entkräften.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten. Er trägt u.a. vor, der wirkliche Täter sei R.M. gewesen. Nachdem dieser vom Landgericht Dortmund am 12. August 1999 rechtskräftig verurteilt worden sei und wegen der in Rede stehenden Vorwürfe nicht mehr angeklagt und verurteilt werden könne, müsse er jetzt - auf ein Aussageverweigerungsrecht könne er sich heute nicht mehr berufen - die Wahrheit sagen. Es werde sich bestätigen, dass er, der Beschwerdeführer, nicht Zuhälter der beiden Zeuginnen gewesen sei, mit dem Menschenhandel nichts zu tun habe und "die Angaben vom Passwegnehmen und Kauf durch 8.000,- DM für die beiden Dirnen nicht stattgefunden habe", sondern dass dies "aus der Phantasie der beiden Dirnen" stamme.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt wie erkannt.

II.
Die gemäß § 372 Abs. 1 StPO statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht Essen hat den Antrag des Verurteilten auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu Recht als unzulässig verworfen.

Die von dem Verurteilten vorgebrachten Tatsachen und benannten Beweismittel sind nicht geeignet, allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen seine Freisprechung oder in Anwendung eines milderen und anderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen. Das Wiederaufnahmebegehren wendet sich im Kern gegen die Feststellungen des Urteils vom 5. März 1996, er habe die Zeuginnen von M. übernommen und sei deren Zuhälter gewesen. Demgegenüber hat schon das Landgericht Essen in dem angefochtenen Beschluss zutreffend darauf hingewiesen, dass er insoweit, als er wegen Vergewaltigung verurteilt worden ist, nicht dargelegt hat, inwiefern M. hierzu ein neues Beweismittel darstellen könne. Der Beschwerdeführer ist wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel, Zuhälterei und Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger verurteilt worden. Im Falle einer solchen tateinheitlichen Verurteilung muss sich der Wiederaufnahmeantrag gegen die Verurteilung nach der schwereren Strafvorschrift, der nach § 52 StGB die Strafe entnommen worden ist, richten (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl., § 359 Rdnr. 40 m.w.N.). Ausweislich der Urteilsbegründung ist die gegen den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe dem Strafrahmen des § 177 StGB entnommen. Die Tatsachen, die in das Wissen des Zeugen M. und der weiter von dem Beschwerdeführer benannten Zeugen gestellt werden, beziehen sich aber nicht auf die Vergewaltigungstaten, sondern allein auf die "Besitz"- und Zuhälterverhältnisse in Bezug auf die beiden Zeuginnen. Der von dem Verurteilten vorgelegte Tatsachenvortrag lässt - soweit er neu ist - nichts erkennen, was den von den Zeuginnen im Einzelnen dargestellten Vergewaltigungshandlungen entgegenstehen könnte, zumal die neu benannten Zeugen bei den betreffenden Ereignissen nicht anwesend gewesen sind.

Auch sonst ist das Vorbringen des Verurteilten nicht geeignet, die tragenden Feststellungen und die bisherigen Beweisgrundlagen des Urteils vom 5. März 1996 im Ergebnis zu erschüttern. Im Hinblick auf die Beweiserwägungen in den Urteilen des Landgerichts Dortmund vom 5. März 1996 und vom 12. August 1999 (betr. M.) hält es der Senat für ausgeschlossen, dass das Urteil gegen den Verurteilten anders ausgefallen wäre, selbst wenn R.M. die von dem Verurteilten behaupteten Tatsachen bekunden sollte und das der Strafkammer in dem gegen den Verurteilten geführten Verfahren bekannt gewesen wäre. Der Beweiswert derartiger Angaben des nunmehr als Zeuge benannten M., der als abgelehnter Asylbewerber bei dem Beschwerdeführer untergetaucht war und von diesem mit Hilfsarbeiten im Abhängigkeitsverhältnis beschäftigt wurde, ist zu gering, um die in dem Urteil im einzelnen dargelegte Beweiswürdigung hinsichtlich der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen S. und B. und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu erschüttern. Das gilt umso mehr, als M. in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren den zweifachen Menschenhandel eingestanden und insoweit die Richtigkeit der Aussagen der Zeuginnen S. und B. bestätigt hat.

Auch die übrigen in dem Wiederaufnahmeantrag benannten Zeugen
- soweit sie überhaupt neu sind - können mit den in ihr Wissen gestellten Tatsachen die Urteilsgrundlagen nicht in Frage stellen.

Soweit der Verurteilte in seiner Begründung der sofortigen Beschwerde neue Tatsachen und weitere Beweispersonen benannt hat (so die Zeugen pp.) ist das unbeachtlich. Ein derartiges Nachschieben von Beweismitteln mit der Beschwerde ist unzulässig (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 372 Rdnr. 7 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".