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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 Ss OWi 195/2000 OLG Hamm

Leitsatz:

  1. Zum Begriff der Fahrzeugwaschanlage im Sinn der VGS
  2. Zur Bußgeldbemessung bei einer fortwährenden oder fortdauernden OWi, von der einzelne Teile bereits verjährt sind

Senat: 5

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Fahrzeugwaschanlage, Einleitung von Abwasser, Bußgeldbemessung, fortwährende OWi

Normen: LWG NW 161 Abs. 1 Nr. 2, der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Genehmigungspflicht für die Einleitung von Abwasser mit gefährlichen Stoffen in öffentliche Abwasseranlagen (VGS 1, 2, OWiG 17

Beschluss: Bußgeldsache gegen B.V.
wegen Ordnungswidrigkeit gemäß § 161 Abs. 1 Nr. 2 Landeswassergesetz (LWG) i.V.m. §§ 1, 2 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Genehmigungspflicht für die Einleitung von Abwasser mit gefährlichen Stoffen in
öffentliche Abwasseranlagen (VGS).

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 4. November 1999 hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 08.06.2000 durch die Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers einstimmig gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 u. 4 StPO beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Dortmund hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 161 Abs. 1 Nr. 2 LWG NW i.V.m. §§ 1, 2 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Genehmigungspflicht für die Einleitung von Abwasser mit gefährlichen Stoffen in öffentliche Abwasseranlagen (VGS) vom 25. September 1989 (GV NW S. 564) zu einer Geldbuße in Höhe von 15.000,- DM verurteilt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die dieser nach Zustellung des Urteils an seinen Verteidiger am 20. Dezember 1999 mit Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Januar 2000, am selben Tage beim Amtsgericht Dortmund eingegangen, begründet hat. Mit seiner zulässigen Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.

II. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache teilweise einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und zur Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an die Vorinstanz.

1.
Die Nachprüfung des Schuldspruchs aufgrund der allein erhobenen Sachrüge hat allerdings keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Anlass zu näheren Erörterungen gibt insoweit nur Folgendes:

a)
Das Amtsgericht hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu Recht einen objektiven Verstoß gegen den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 161 Abs. 1 Nr. 2 Landeswassergesetz (LWG) i.V.m. §§ 1, 2 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Genehmigungspflicht für die Einleitung von Abwasser mit gefährlichen Stoffen in öffentliche Abwasseranlagen des Landes NRW (VGS) vom 25. September 1989 bejaht. Entgegen der von dem Betroffenen in seiner Beschwerderechtfertigung vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich bei dem Waschplatz auf dem Betriebsgrundstück der Firma F.V. Internationale Güterfernverkehr und Spedition GmbH & Co. KG um eine "Fahrzeugwaschanlage" i.S.v. Ziffer 10.d) der Anlage 1 zu § 1 VGS. Dass auf diesem Waschplatz jahrelang regelmäßig Lastkraftwagen und Schwertransporter des Speditionsunternehmens teilweise mit Hilfe eines Hochdruckreinigungsgerätes gewaschen wurden, ist in dem angefochtenen Urteil rechtsfehlerfrei festgestellt. Auch das Begriffsmerkmal der "Anlage" ist vorliegend erfüllt. Der Begriff der "Anlage" ist weder im LWG noch in der VGS definiert. Entsprechend dem Schutzzweck des § 1 VGS und der Anlage 1 zu § 1 VGS ist der Begriff der Anlage in Anlehnung an die in § 3 Abs. 5 Bundesimmissionsschutzgesetz getroffene Begriffsbestimmung, an die sich im Übrigen auch die strafrechtliche Auslegung des Begriffs der Anlage (vgl. §§ 325, 325 a StGB) orientiert, weit auszulegen. Unter "Anlage" ist daher eine auf gewisse Dauer angelegte, als sachliche Funktionseinheit organisierte Einrichtung von nicht ganz unerheblichem Ausmaß zu verstehen, die der Verwirklichung beliebiger Zwecke dient und deren Betrieb sich auf die Umgebung auswirken kann (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 325 Rdnr. 4; Lackner/Kühl, StGB, 23. Aufl., § 325 Rdnr. 2; Schönke/Schröder/Stree, StGB, 25. Aufl., § 325 Rdnr. 4). Der Waschplatz auf dem Betriebsgrundstück der Firma F.V. Internationale Güterfernverkehr und Spedition GmbH & Co. KG ist danach als Fahrzeugwaschanlage anzusehen, da es sich um eine auf gewisse Dauer angelegte, zum regelmäßigen Waschen von Fahrzeugen im Rahmen des Geschäftsbetriebes dienende Funktionseinheit handelt, die mit technischen Einrichtungen (Wasseranschluss, Abwasserleitungen) versehen an einem speziellen Platz auf dem Betriebsgelände eingerichtet und betrieben wurde und von der eine Störung der geordneten öffentlichen Abwasserbeseitigung ausgehen konnte. Der Begriff der Anlage in dieser gebotenen weiten Auslegung beinhaltet nicht, dass der Waschvorgang - wie etwa bei einer Portalwaschanlage oder einer Waschstraße - teilweise oder vollständig automatisiert ist. Für diese weite Auslegung spricht auch der Wortlaut des Anhangs 49 ("Mineralölhaltiges Abwasser") zu der auf der Grundlage des § 7 a Abs. 1 S. 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) a.F. erlassenen Allgemeinen Rahmen-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer - Rahmen-Abwasser-VwV - vom 8. September 1989 (Bekanntmachung der Neufassung vom 31. Juli 1996 in GMBl. 1996, 729 ff., 780). In Anknüpfung an die Verordnung über die Herkunftsbereiche von Abwasser (Abwasserherkunftsverordnung - AbwHerkV) vom 3. Juli 1987 (BGBl. I S. 1578), die in ihrer durch Verordnung vom 27. Mai 1991 (BGBl. I S. 1197) geänderten Fassung der Anlage 1 zu § 1 VGS entspricht, ist dort unter Ziffer 1. der Anwendungsbereich des Anhangs 49 (Mineralölhaltiges Abwasser) in der Weise bestimmt, dass es sich um Abwasser, dessen Schmutzfracht im Wesentlichen aus Betriebsstätten mit regelmäßigem Anfall von mineralölverschmutztem Abwasser stammt, das bei der Instandhaltung, Entkonservierung und Reinigung von Fahrzeugen anfällt, handeln muss. Erfasst werden sollen demnach die Herkunftsbereiche Fahrzeugwerkstätten und Fahrzeugwaschanlagen. Für Letztere wird in Ziff. 1.1 des Anhangs 49 zur Rahmen-Abwasser-VwV allein darauf abgestellt, dass in einer Betriebsstätte regelmäßig mineralölverschmutztes Abwasser aus der Reinigung von Fahrzeugen anfällt, unabhängig davon, ob die Fahrzeugreinigung rein manuell, mit Hilfe transportabler Reinigungsgeräte (wie z.B. mit Hilfe eines Hochdruckreinigers) oder automatisiert in einer Portalwaschanlage oder Waschstraße durchgeführt wird.

Da somit das bei der Reinigung der Lastkraftwagen und Schwertransporter auf dem Betriebsgrundstück in der K.straße 5 - 9 in Dortmund im Tatzeitraum anfallende Schmutzwasser aus einem der in der Anlage 1 zur VGS aufgeführten Herkunftsbereiche, nämlich aus einer Fahrzeugwaschanlage, stammte, handelte es sich um Abwasser mit gefährlichen Stoffen i.S.v. § 7 a Abs. 1, 3 WHG a.F. und §§ 1, 2 VGS.

b)
Dieses Abwasser ist auch ohne Genehmigung in die öffentliche Kanalisation und damit in eine öffentliche Abwasseranlage eingeleitet worden. Der Betroffene macht mit seiner Rechtsbeschwerde zu Unrecht geltend, die Einleitung des Abwassers sei bis zum Erlass der Untersagungsverfügung im August 1997 aufgrund der in § 3 Abs. 2 S. 2 VGS vorgesehenen Genehmigungsfiktion genehmigt gewesen. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich nicht, dass der Betroffene für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der VGS am 1. Januar 1990 bereits bestehende, nach § 1 VGS genehmigungspflichtige Einleitung einen Genehmigungsantrag bei der zuständigen Behörde bis zum 31. Dezember 1990 gestellt hatte, der in der Folgezeit zunächst nicht beschieden wurde. Insoweit ist den Urteilsfeststellungen lediglich zu entnehmen, dass der Betroffene im September 1990 wegen des Leichtflüssigkeitsabscheiders auf dem Waschplatz Kontakt mit dem Tiefbauamt der Stadt Dortmund aufgenommen hatte, um den vorhandenen Abscheider auf den neuesten Stand zu bringen. Darin kann aber kein an die Untere Wasserbehörde gerichteter Antrag auf Erteilung einer Genehmigung i.S.d. § 1 VGS gesehen werden. Soweit der Betroffene in seiner Beschwerderechtfertigung geltend macht, dass er mit Schreiben vom 30. Oktober 1990 die Bemessungsgrundlage für den neu angeschafften Abscheider der Firma Passavant dem Umweltamt der Stadt Dortmund übersandt habe, worin ein Genehmigungsantrag i.S.d. § 1 VGS zu sehen sei, findet dieser Vortrag in den Urteilsfeststellungen keine Stütze. Ob die Rechtsansicht des Betroffenen insoweit zutreffend ist, kann daher offenbleiben, da das Rechtsbeschwerdegericht bei seiner, durch die zulässige Sachrüge veranlassten Prüfung, ob das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, an die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil gebunden ist und demnach eine etwaige "Aktenwidrigkeit" der Urteilsfeststellungen im Rahmen einer Sachrüge unbeachtlich ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 337 Rdnr. 23).

c)
Die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil tragen auch die Verurteilung wegen einer Vorsatztat. Das Amtsgericht hat insoweit festgestellt, dass der Betroffene spätestens seit der am 5. September 1994 durchgeführten Ortsbesichtigung Kenntnis davon hatte, dass für die Einleitung des aus der Fahrzeugwäsche stammenden Abwassers eine wasserrechtliche Genehmigung nach § 1 VGS erforderlich war. Zu dieser richterlichen Überzeugung ist das Amtsgericht aufgrund einer Bewertung von Indiztatsachen gelangt, die der Tatrichter in erster Linie aufgrund der Aussage der Zeugin Tost rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Danach hatte das Umweltamt der Stadt Dortmund als zuständige Untere Wasserbehörde die Firma F.V. Internationale Güterfernverkehr und Spedition GmbH & Co. KG bereits mit Schreiben vom 12. November 1990 zur Einreichung eines Genehmigungsantrags aufgefordert
und diesen Genehmigungsantrag mit Schreiben vom 6. Juli und
18. August 1994 angemahnt. Anlass für die am 5. September 1994 durchgeführte Ortsbesichtigung war danach die fehlende Reaktion des Speditionsunternehmens auf diese behördlichen Schreiben. Bei diesem Ortstermin ist dem Betroffenen nach Aussage der Zeugin Tost mündlich das weitere Waschen der Fahrzeuge auf dem Speditionsgelände untersagt worden. Wenn der Tatrichter aus diesen rechtsfehlerfrei festgestellten Umständen die Überzeugung gewinnt, dass die Genehmigungspflicht bei dem Ortstermin vom 5. September 1994 zur Sprache gekommen sein muss, so ist darin keine Überbewertung tatferner Indizien und kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze, die einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils begründen würden, zu sehen und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2.
Der Rechtsfolgenausspruch in dem angefochtenen Urteil weist allerdings Rechtsfehler auf, so dass das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen war.

Zu Recht ist das Amtsgericht trotz der festgestellten fortdauernden Verstöße gegen den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 161 Abs. 1 Nr. 2 LWG i.V.m. §§ 1, 2 VGS von einer Tat i.S.d. § 19 OWiG ausgegangen. Als Tatzeitraum hat das Amtsgericht mindestens die Zeit vom 5. September 1994 bis zum 28. August 1997 zugrunde gelegt, denn nach den Urteilsfeststellungen war dem Betroffenen spätestens seit der Ortsbesichtigung am 5. September 1994 die Genehmigungspflicht bekannt, so dass die nachfolgenden ungenehmigten Abwassereinleitungen bei den einzelnen Waschvorgängen jeweils einen vorsätzlichen Verstoß gegen §§ 1, 2 VGS darstellten. Diese fortwährenden Verstöße sind als eine Handlung i.S.d. § 19 OWiG unter dem Gesichtspunkt der sogenannten fortdauernden Handlung (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl., vor § 19 Rdnr. 23 m.w.N.) anzusehen. Die fortdauernde oder fortwährende Handlung ist ein Rechtsgebilde, das sich in der Praxis im Ordnungswidrigkeitenrecht aus der Verzahnung und Überlagerung von vielfachen Gesetzesverstößen im wirtschaftlichen Bereich entwickelt hat und das zu einer Zusammenfassung von Teilstücken eines Gesamtgeschehens im Sinne einer rechtlichen Handlungseinheit führt, soweit die einzelnen Ordnungswidrigkeitenverstöße in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen, die verwirklichten Bußgeldvorschriften einem einheitlichen Schutzzweck dienen, die Verstöße auf einer gleichen Motivationslage beruhen und nur eine quantitative Steigerung der Zuwiderhandlung vorliegt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.02.2000 - 4 Ss OWi 1170/99 -; BayObLG, GewArchiv 1994, 73; wistra 1982, 38). Auch im vorliegenden Fall besteht zwischen den wiederholten Verstößen des Betroffenen gegen die §§ 1, 2 VGS ein unmittelbarer räumlicher und zeitlich fortlaufender Zusammenhang, wobei die fortwährende Zuwiderhandlung auf einer bewussten Missachtung betriebsbezogener Pflichten und auf ein und derselben Motivationslage des Betroffenen beruht, der sich über das Genehmigungserfordernis einfach hinweggesetzt hat.

Die rechtliche Bewertung der fortlaufenden Verstöße gegen den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 161 Abs. 1 Nr. 2 LWG i.V.m. §§ 1, 2 VGS darf allerdings, was das Amtsgericht bei seinen Zumessungserwägungen möglicherweise unbeachtet gelassen hat, nicht dazu führen, dass Teilakte dieser fortdauernden Handlung, die für sich betrachtet aufgrund des Verfolgungshindernisses der Verjährung nicht als Einzeltat verfolgt und geahndet werden könnten, im Rahmen der Zumessung der Geldbuße (vgl. § 17 Abs. 3 OWiG) erschwerend Berücksichtigung finden. Insoweit ist den Bedenken, die für den Großen Senat des Bundesgerichtshofes mitausschlaggebend waren für das Abrücken von der Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung im Strafrecht (vgl. BGHSt 40, 138), auch im Rahmen der fortdauernden oder fortwährenden Handlung des Ordnungswidrigkeitenrechts Rechnung zu tragen, weil es sonst zu sachlogisch nicht vertretbaren Wertungswidersprüchen zwischen dem Strafrecht und dem Ordnungswidrigkeitenrecht kommen würde (vgl. Göhler, a.a.O., vor § 19 Rdnr. 12 und 23 b). Dies bedeutet, dass Teile einer fortdauernden oder fortwährenden Handlung, die für sich betrachtet als Einzeltat verjährt wären, bei der Zumessung der Geldbuße als unverwertbar außer Betracht zu bleiben haben (vgl. Göhler, a.a.O., vor § 19 Rdnr. 23 b und § 31 Rdnr. 14). Es kann nach den Urteilsgründen nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht dies unberücksichtigt und im Rahmen seiner Zumessungserwägungen Teilakte bußgelderhöhend berücksichtigt hat, die für sich gesehen bereits verjährt waren. So heißt es in den Gründen des angefochtenen Urteils u.a.:

"Zu Lasten des Betroffenen war zu berücksichtigen, dass er spätestens seit dem 05.09.1994 über das Genehmigungserfordernis informiert war, somit vorsätzlich gehandelt hat und der genehmigungslose Zustand über mehrere Jahre angehalten hat."

Als Einzeltaten hätten aber die Ordnungswidrigkeitenverstöße, die zum Stichtag der Verjährungsunterbrechung am 12. November 1998, welche durch Zusendung eines Anhörungsbogens gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG eintrat, bereits länger als drei Jahre zurücklagen, aufgrund der insoweit geltenden dreijährigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht mehr verfolgt und geahndet werden können. Das Amtsgericht hat offensichtlich aber auch auf den Zeitraum zwischen September 1994 und November 1995 abgestellt, zumindest lässt sich nach der in den Urteilsgründen im Zusammenhang mit den Zumessungserwägungen gewählten Formulierung nicht ausschließen, dass das Amtsgericht auch Verstöße in dieser Zeit bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße zum Nachteil des Betroffenen berücksichtigt hat.

Die Zumessungserwägungen in dem angefochtenen Urteil sind weiter auch deshalb fehlerhaft, weil ein maßgeblicher mildernder Umstand, der bei der Zumessung der Geldbuße nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 OWiG hätte berücksichtigt werden müssen, in den Urteilsgründen keinen Niederschlag und damit möglicherweise keine Berücksichtigung gefunden hat. Es handelt sich dabei um die jahrelange Untätigkeit der Stadt Dortmund als Untere Wasserbehörde, die nach den Urteilsfeststellungen nach einer ersten schriftlichen Aufforderung an das Unternehmen des Betroffenen im November 1990, einen Antrag auf Genehmigung der Abwassereinleitungen zu stellen, erst knapp vier Jahre später, nämlich im Juli und August 1994, den weiterhin ausstehenden Genehmigungsantrag anmahnte und dann im September 1994 den ersten Ortstermin durchführte. Nach Durchführung dieser ersten Ortsbesichtigung, bei der nach den Feststellungen des Amtsgerichts von der Mitarbeiterin des Umweltamtes Tost eine mündliche Untersagungsverfügung ausgesprochen worden war, blieb die Untere Wasserbehörde dann weitere drei Jahre untätig, bis sie aufgrund einer am 21. August 1997 veranlassten Abwasseruntersuchung und einer am 25. August 1997 durchgeführten zweiten Ortsbesichtigung unter dem 28. August 1998 eine schriftliche Untersagungsverfügung verbunden mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung aussprach. Danach war die jahrelange Untätigkeit der Sonderordnungsbehörde mitursächlich dafür, dass das Unternehmen des Betroffenen auch in nicht rechtsverjährter Zeit weiter fortlaufend über einen längeren Zeitraum ungenehmigt Abwasser mit gefährlichen Stoffen in die öffentliche Kanalisation einleitete. Diesen Umstand hätte das Amtsgericht im Rahmen der Zumessung der Geldbuße mildernd berücksichtigen müssen.

Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang an das Amtsgericht Dortmund zurückzuverweisen. Die Verwerfung der Rechtsbeschwerde im Übrigen beruht auf § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO.


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