Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 252/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei einer durch Farbbesprühung begangenen Sachbeschädigung

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: Sachbeschädigung, Farbbesprühung, Graffiti, Substanzverletzung

Normen: StGB 303

Beschluss: Strafsache gegen K.H..
wegen Sachbeschädigung.

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Rheine vom 14. Dezember 1999 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.08.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Rheine zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,- DM verurteilt und die sichergestellten 11 Sprühköpfe, 10 Farbdosen und zwei Eddingstifte eingezogen.

Zum Schuldspruch hat es folgende Feststellungen getroffen:

"1.
In den Sommermonaten des Jahres 1998 besprühte der Angeklagte die Fassade des Metropol-Theater in Rheine, Kardinal-Galen-Ring mit dem Schriftstück "DML" mit Farbe.

2.
Am 25.09.1998 wurde von ihm die Fassade einer Gebläsehalle an der Werksstraße in Hattingen mit Farbe mit dem Schriftzug "DML" besprüht.

3.
Am 12.10.1998 besprühte er ein Pumpenhäuschen der Stadt Hattingen im dortigen Industriepark ebenfalls mit den Buchstaben "DML" mit Farbe."

Die "auf dem Geständnis des Angeklagten" beruhenden Feststellungen wertet das Amtsgericht als "Sachbeschädigung in drei Fällen nach den §§ 303, 303 c StGB". Der Angeklagte habe "rechtswidrig und vorsätzlich fremde Sachen mit Farbe besprüht, und dadurch, dass diese in den Untergrund eingedrungen ist, die Fassaden beschädigt."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten (Sprung-)Revision mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat einen Antrag nicht gestellt.

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.

Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es nicht an einer Prozessvoraussetzung aus dem Gesichtspunkt des fehlenden Strafantrages, weil die Sitzungsvertreterin der Strafverfolgungsbehörde ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 14. Dezember 1999 wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten gehalten hat (§ 303 c StGB).

Die bisher getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht die Verurteilungen wegen Sachbeschädigung in den dem Angeklagten zur Last gelegten Fällen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 29, 129, 132) reicht eine dem Gestaltungswillen des Eigentümers zuwider laufende Veränderung der äußeren Erscheinung und Form einer Sache für sich allein nicht aus, um den Tatbestand der Sachbeschädigung zu begründen. Vielmehr setzt § 303 StGB in Fällen der vorliegenden Art, in denen die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit der Sache nicht beeinträchtigt worden ist, voraus, dass die Substanz der Sache in einem nach ihrer Größe und ihrem Erhaltungszustand ins Gewicht fallenden Umfang verletzt und derart in Mitleidenschaft gezogen worden ist, dass eine Reinigung zwangsläufig zu einer solchen Beschädigung führen muss. Von dieser Auffassung ist der BGH in der in BGHSt 41, 47 (= StV 1995, 465) veröffentlichten Entscheidung nicht abgerückt (vgl. auch KG, StV 1999, 156; BayObLG StV 1999, 543; OLG Karlsruhe, StV 1999, 544 sowie OLG Hamm, Beschluss vom 2. Mai 2000 in 3 Ss 181/00). Die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils genügen diesen Anforderungen nicht. Zwar hat das Amtsgericht in der rechtlichen Würdigung ausgeführt, dass die Farbe "in den Untergrund eingedrungen" ist. Insoweit handelt es sich aber nicht um eine Feststellung des Amtsgerichts, sondern allenfalls um eine Beweiserwägung. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, auf welche Weise das Eindringen von Farbe in die Fassaden in der Hauptverhandlung festgestellt sein könnte. Das Amtsgericht hat Zeugen und Sachverständige nicht gehört. Zwar hat der Angeklagte die Farbsprühungen in der Hauptverhandlung eingeräumt. Es ist jedoch dem Urteil nicht zu entnehmen und auch unwahrscheinlich, dass der Angeklagte überprüft hat, ob und inwieweit die Farbe in den Untergrund der von ihm besprühten Fassaden tatsächlich eingedrungen ist. Feststellungen hinsichtlich der Konsistenz der verwandten Farbe sind dem Urteil ebenfalls nicht zu entnehmen.

Dementsprechend bedarf es in jedem Fall der Überprüfung und der Feststellung, ob durch die Farbbesprühungen oder deren Beseitigung eine Substanzverletzung der besprühten Gebäudeteile eingetreten ist. In der neuen Hauptverhandlung wird hierzu u.a. die Beschaffenheit des Untergrundes der Wandflächen sowie die Art der verwendeten Farben festzustellen und - ggf. mit sachverständiger Hilfe - zu prüfen sein, ob die Beseitigung der Besprühungen zu einer Substanzverletzung geführt hat oder eine solche zur Folge haben wird.

Wenn eine Substanzverletzung nicht festgestellt werden kann, liegt eine Straftat nach § 303 StGB nach derzeitiger Rechtslage nicht vor. Wegen solcher möglicher, indes kriminalpolitisch unerwünschter Strafbarkeitslücken hat der Bundesrat am 19. März 1999 zur Erweiterung des Strafbereichs des § 303 StGB den
Entwurf eines "Graffiti-Bekämpfungsgesetzes" beschlossen
(BR-Drucks. 805/98 - Beschluss -, vgl. ZRP 1999, 173).

Der vorliegende Sachmangel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zu weiteren noch möglichen Feststellungen.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".