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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 Ws 119/00 OLG Hamm

Leitsatz: Bei einem Verstoß gegen die Strafvorschrift des § 339 StGB ist auch der von der behaupteten tatbestandsmäßigen Handlung Betroffene Verletzter im Sinn von § 172 Abs. 1 StPO; Aufgabe der entgegenstehenden früheren Senatsrechtsprechung.

Senat: 5

Gegenstand: Beschwerde, Klageerzwingungsverfahren

Stichworte: Klageerzwingungsverfahren, Unzulässigkeit, Rechtsbeugung, Verletzter, PKH, Prozesskostenhilfe, Anforderungen an Pkw-Antrag

Normen: StGB 339, StPO 172 Abs. 2, StPO 172 Abs. 1, ZPO 117 Abs. 1 S. 2

Beschluss: Ermittlungsverfahren (Klageerzwingungsverfahren) gegen den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts B. und die Richter am Oberlandesgericht V. und C.
wegen Rechtsbeugung,
(hier: Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Anbringung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 StPO),
Antragsteller: H.G.

Auf den Antrag des Antragstellers vom 14. Juni 2000 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Anbringung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 StPO gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 13. April 2000 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.07.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung des Generalstaatsanwalts beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Anbringung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 StPO ist unzulässig.

Zwar ist der Antragsteller als Verletzter i.S.d. § 172 Abs. 1 StPO anzusehen und damit antragsbefugt. Der Antragsteller hat nämlich in der Antragsschrift dargelegt, dass ihn die behauptete strafbare Handlung - ihre tatsächliche Begehung unterstellt - in seiner durch die verletzte Strafrechtsnorm geschützten Rechtsposition unmittelbar beeinträchtigt. Die gerichtliche Entscheidung, in denen der Antragsteller den Straftatbestand der Rechtsbeugung (§ 339 StPO) verwirklicht sieht, hat sich unmittelbar zu seinem Nachteil ausgewirkt. Soweit der Senat bislang die Auffassung vertreten hat, ein Verstoß gegen die Strafvorschrift des § 339 StGB könne die Verletzteneigenschaft des von der behaupteten tatbestandsmäßigen Handlung Betroffenen nicht begründen (vgl. zuletzt Beschluss vom 03.08.1999 - 5 Ws 210/99), hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.

Der Begriff des Verletzten i.S.d. § 172 Abs. 1 StPO ist weit auszulegen, wobei der Schutz des Legalitätsprinzips innerhalb des gesetzlichen Rahmens des § 172 StPO umfassend sein soll; keinesfalls reicht es allerdings aus, dass der Antragsteller durch die Tat wie jeder andere Staatsbürger auch betroffen ist (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 172 Rdnr. 10). Die Verletzteneigenschaft ist vielmehr stets anhand des Schutzbereichs der verletzten Strafrechtsnorm zu bestimmen, so dass jemand nur dann Verletzter i.S.d. § 172 StPO ist, wenn die nach seiner Behauptung übertretene Norm zumindest auch - seine rechtlich anerkannten Interessen schützen soll (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 1986 127; Löwe-Rosenberg-Rieß, StPO, 24. Aufl., § 172 Rdnr. 52). Obwohl daher bei den Strafvorschriften der §§ 153 ff. StGB geschütztes Rechtsgut in erster Linie die Rechtspflege ist (vgl. Schönke/Schröder-Lenckner, StGB, 25. Aufl., vor § 153 Rdnr. 2 m.w.N.), ist inzwischen in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass die durch diese Straftaten beeinträchtigten Verfahrensbeteiligten als Verletzte i.S.d. § 172 StPO anzusehen sind (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 172 Rdnr. 11 und KK-Schmid, 4. Aufl., § 172 Rdnr. 26 jeweils m.w.N.). Es erscheint daher folgerichtig, auch im Rahmen der Strafvorschrift des § 339 StGB, deren Schutzgut die innerstaatliche Rechtspflege ist (vgl. Schönke/Schröder-Cramer, a.a.O., § 336 Rdnr. 1), die aber durch das strafbewehrte Verbot, das Recht zum Nachteil einer Partei zu beugen, mittelbar auch die Individualrechtsgüter der rechtsunterworfenen Bürger schützt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 339 Rdnr. 1), die Verletzteneigenschaft des von einer angeblich rechtsbeugenden - Entscheidung unmittelbar in seiner Rechtsstellung nachteilig Betroffenen anzuerkennen (so auch Löwe-Rosenberg-Rieß, a.a.O., § 172 Rdnr. 71 und inzident OLG Bremen, NStZ 1986, 120).

Der Antragsteller hat den Prozesskostenhilfeantrag auch rechtzeitig gestellt. Aufgrund der im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des Senats zur fehlenden Verletzteneigenschaft des von einer behaupteten Straftat gemäß § 339 StGB Betroffenen unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung in dem Bescheid des Generalstaatsanwalts vom 13. April 2000 wurde mit der Zustellung dieses Bescheides an den Antragsteller die Monatsfrist des § 172 Abs. 1 S. 1 StPO nicht in Gang gesetzt (§ 172 Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz StPO).

Das Prozesskostenhilfegesuch erweist sich jedoch deshalb als unzulässig, weil es den gesetzlichen Formerfordernissen nicht entspricht. Gemäß § 172 Abs. 3 S. 2 2. Halbsatz StPO gelten für die Prozesskostenhilfe im Klageerzwingungsverfahren dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Damit ist auch auf die Vorschrift des § 117 Abs. 1 S. 2 ZPO verwiesen, nach der in dem Prozesskostenhilfeantrag das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen ist. Das Prozesskostenhilfegesuch muss danach zwar nicht den für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltenden strengen Anforderungen des § 172 Abs. 3 S. 1 StPO entsprechen, die Darstellung des Streitverhältnisses muss den Senat aber zumindest in groben Zügen unter Angabe der Beweismittel über den für strafbar erachteten Sachverhalt informieren, so dass dem Gericht die vorläufige Prüfung ermöglicht wird, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u.a. Beschluss vom 11. April 2000 - 5 Ws 58/00 -; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 172 Rdnr. 21 m.w.N.). Die danach geforderte Sachverhaltsdarstellung muss der Antragsschrift selbst zu entnehmen sein; eine Bezugnahme auf Akten, frühere Eingaben, andere Schriftstücke oder Anlagen ist - insoweit gelten die Anforderungen an den eigentlichen Klageerzwingungsantrag entsprechend - unzulässig (vgl. hierzu Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 172 Rdnr. 30). Anderenfalls wäre für das Gericht nicht ausreichend erkennbar, welchen für strafbar erachteten Sachverhalt der Antragsteller der gerichtlichen Überprüfung unterstellen will.

Das Vorbringen des Antragstellers in der Antragsschrift genügt diesen Anforderungen an die Darstellung des Streitverhältnisses nicht. Aus der Antragsschrift ergibt sich der für strafbar erachtete Sachverhalt nicht einmal in groben Zügen. Darin wird nicht mitgeteilt, welchen Inhalt die von dem Antragsteller beanstandete Beschwerdeentscheidung des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm hatte, auch der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist der Antragsschrift nicht zu entnehmen. Die Bezugnahme auf die der Antragsschrift als Anlage beigefügte Strafanzeige vom 1. März 2000 ist zur Darstellung des Sachverhalts nicht zulässig. Die Antragsschrift enthält zudem keine Ausführungen und Beweismittel zu der subjektiven Seite der Tathandlung einer Rechtsbeugung.

Infolge dieser aufgezeigten Mängel ist dem Senat die erforderliche Schlüssigkeitsprüfung über den Klageerzwingungsantrag aufgrund der Antragsschrift nicht möglich. Das hat die Unzulässigkeit des Prozesskostenhilfeantrags zur Folge.


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