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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 162/00 OLG Hamm

Leitsatz: Derjenige, der von anderen ausgelegte Schlingen darauf kontrolliert, ob sie verendetes Wild enthalten, begeht keine Wilderei in der Form des Nachstellens nach § 292 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alternative StGB.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Jagdwilderei, Ausbringen von Fallen, Schlingen, Verletzung fremden Jagdrechts, Nachstellen, unechtes Unternehmensdelikt, Wild, verendetes Wild

Normen: StGB 292

Beschluss: Strafsache gegen P.N.,
wegen Jagdwilderei.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der IX. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 29.11.1999 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21.03.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des gesamten Strafverfahrens sowie die dem Angeklagten in diesem Strafverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:
I. Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 27.05.1999 wegen Jagdwilderei zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten wurde das angefochtene Urteil durch Urteil des Landgerichts Essen vom 29.11.1999 dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Jagdwilderei zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wurde.

Nach den von dem Landgericht getroffenen Feststellungen fuhr der Angeklagte am 27.08.1998 mit seinem PKW Mercedes zu dem Waldgebiet "Hohe Heide" in Bottrop-Kirchhellen. Er parkte sein Fahrzeug in Höhe eines in der Nähe befindlichen Spielplatzes und stieg aus dem PKW aus. Zu diesem Zeitpunkt war er mit Jeans und einer braunen Jacke bekleidet. Er zog sich daraufhin mitgebrachte grüne Kleidungsstücke an, so wie sie Jäger tragen. Sodann begab er sich zu Fuß in das Waldgebiet und schaute an vier verschiedenen Stellen im Walde nach, ob sich in den dort zum Zwecke des Wildfanges ausgelegten Schlingen Tiere, die nach § 2 Bundesjagdgesetz dem Jagdrecht unterliegen, befanden. Dabei war er sich bewusst, dass er fremdes Jagdrecht verletzte. Eigentümer des Waldgebietes ist der KVR. Das Jagdausübungsrecht steht dem Förster K. zu.

Die getroffenen Feststellungen stützt die Kammer auf die Aussage des Zeugen B., der u.a. bekundet hat, er sei dem Angeklagten in das Waldgebiet gefolgt und habe beobachtet, dass dieser sich zielstrebig zu vier Stellen begeben habe, an denen er - der Zeuge - später Schlingen gefunden habe.

Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen.

Die Strafkammer ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, der Angeklagte habe die Schlingen auf gefangenes, dem Jagdrecht unterliegendes Wild abgesucht. Zugunsten des Angeklagten sei allerdings davon auszugehen, dass er nicht selbst die Schlingen gefertigt oder ausgelegt habe, da entsprechende Feststellungen nicht hätten getroffen werden können.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist die Strafkammer zu dem Ergebnis gelangt, der Angeklagte habe sich der Jagdwilderei nach § 292 StGB schuldig gemacht. Denn er habe durch das Kontrollieren der Schlingen dem Wild unter Verletzung fremden Jagdrechts nachgestellt. Es sei außerdem ein besonders schwerer Fall der Jagdwilderei nach § 292 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 StGB vorliegend gegeben, auch wenn zugunsten des Angeklagten davon auszugehen sei, dass er lediglich einen untauglichen Versuch der Jagdwilderei in der Form des Nachstellens gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen haben. Sowohl in der Verwendung als auch an dem Ausnutzen von Schlingen, komme aber eine nach dem Willen des Gesetzgebers strenger zu bestrafende erhöhte kriminelle Energie zum Ausdruck. Denn derjenige, der Schlingen ausnutze, nehme in Kauf, dass Tiere qualvoll darin verendeten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der dieser sowohl eine Verletzung formellen als auch materiellen Rechts rügt.

II.
Die Revision ist begründet. Sie führt auf die erhobene Sachrüge zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einem Freispruch des Angeklagten. Infolgedessen bedurfte es keiner Erörterung der außerdem geltend gemachten Verfahrensrügen.

Die getroffenen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen Jagdwilderei in der Form des "Nachstellens" gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alternative StGB.

Unter dem Begriff des "Nachstellens" im Sinne der o.g. Vorschrift fallen alle Handlungen, die auf ein Fangen, Erlegen oder Zueignen von Wild gerichtet sind, ohne Rücksicht darauf, ob der erstrebte Erfolg auch erreicht wird. Die Nachstellens-Alternative des § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt daher - wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat - ein unechtes Unternehmensdelikt im Hinblick auf die drei anderen Tathandlungen dar (Schäfer in LK, StGB, 10. Aufl., § 292 Randziffer 41; Hoyer in SK, StGB, Stand: August 1999, § 292 Randziffer 13; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 292 Randziffer 5; Fischer in Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 292 Randziffer 12).

Tatobjekt des § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist das "Wild", d.h. ein dem Jagdrecht unterliegendes, wild lebendes Tier. Als "wild lebend" stellen sich alle Tiere dar, die erstens überhaupt leben und zweitens herrenlos sind (vgl. Hoyer, a.a.O., § 292 Randziffer 11; Schäfer, a.a.O., § 292 Randziffer 34; Eser, a.a.O., § 292 Randziffer 4; Fischer, a.a.O., § 292 Randziffer 11). Tote Tiere, auch wenn sie vom Täter selbst getötet worden sind, fallen nicht unter den Tatbestand des § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB, sondern sie können als Sachen, die dem Jagdrecht unterliegen, nur Tatobjekt der Tatbestandsalternative des § 292 Abs. 1 Nr. 2 StGB sein (vgl. Schäfer, a.a.O., § 292 Randziffer 34; Hoyer, a.a.O.; Eser, a.a.O.).

Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Angeklagte (zumindest auch) lebendem Wild nachgestellt hat. Auf das Auslegen der Schlingen in dem Waldgebiet "Hohe Heide", das ein "Nachstellen" i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellen könnte, kann insofern nicht abgestellt werden, da die Strafkammer zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen ist, dass dieser die Schlingen nicht ausgelegt, sondern vorgefunden hat und für sich ausnutzen wollte, indem er sich in das Waldgebiet "Hohe Heide" begab und dort vier Schlingen auf gefangenes, dem Jagdrecht unterliegendes Wild abgesucht hat. In dieser Handlungsweise des Angeklagten wäre ein "Nachstellen" i.S.d § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur dann zu sehen, wenn der Wille des Angeklagten (auch) auf das Fangen, Erlegen oder Sich-Zueignen lebender Tiere gerichtet gewesen war. Konkrete Feststellungen, aus denen sich ein entsprechender Wille des Angeklagten herleiten lässt, hat die Strafkammer nicht getroffen. Angesichts der Tatsache, dass Tiere, die mittels Schlingen gefangen werden, in der Regel oder doch in den meisten Fällen darin, einen qualvollen Tod finden, worauf die Strafkammer zutreffend in den Urteilsgründen hinweist, besteht vielmehr durchaus die Möglichkeit, dass der Angeklagte lediglich damit rechnete, verendete Tiere in den Schlingen zu finden. Zumindest kann diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, ebensowenig wie die Möglichkeit, dass der Angeklagte von vornherein die Absicht hatte, ausschließlich totes Wild, das er in den Schlingen finden wurde, in seinen Besitz zu bringen.

Verendetes Wild kann zwar als Sache, die dem Jagdrecht unterliegt, Tatobjekt einer Jagdwilderei gemäß § 292 Abs. 2 Nr. 2 StGB sein. Eine Strafbarkeit des Angeklagten nach dieser Vorschrift kommt aber nicht in Betracht, da der Angeklagte keine der drei Alternativen des § 292 Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht hat. Da es hier - anders als bei der Vorschrift des § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB einen allgemeinen Auffangtatbestand des Nachstellens nicht gibt und der Versuch der Wilderei nicht strafbar ist, erfordert eine Bestrafung gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine vollendete Zueignung, Beschädigung oder Zerstörung der dem Jagdrecht unterliegenden Sache (vgl. Schäfer, a.a.O., § 292 Randziffer 58), die hier nicht vorliegt.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

Da das Verhalten des Angeklagten weder einen sonstigen Straftatbestand erfüllt noch eine Ordnungswidrigkeit darstellt und der Senat es bei der hier gegebenen Sach- und Beweislage für ausgeschlossen hält, dass in einer erneuten Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden, die zu einer Verurteilung des Angeklagten wegen Wilderei in der Form des "Nachstellens" führen könnten, war der Angeklagte außerdem freizusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.


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