Aktenzeichen: 1 Ws 313 u. 314/2000 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Frage, wann dem Verurteilten im Verfahren der bedingten Entlassung aus der Strafhaft ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist.
Senat: 1
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Strafvollstreckungsverfahren; Schwere der Tat, Unfähigkeit zur Selbstverteidigung, Reststrafenhöhe;
Normen: StPO 140, StGB 57
Beschluss: Strafsache
gegen W.R.
wegen schweren Raubes (hier: Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers).
Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 13. September 2000 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 5. September 2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.10.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Verurteilten zur Last.
Gründe:
Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Landgerichts Münster vom 12.10.1984 unter Einbeziehung der Entscheidung des Landgerichts Münster vom 04.11.1982 wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt worden. Bis auf einen Rest von 190 Tagen hat er diese Strafe verbüßt. Die Restfreiheitsstrafe war zur Bewährung ausgesetzt worden; die Strafaussetzung ist inzwischen widerrufen worden. Mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 14.02.1996 ist der Beschwerdeführer wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt worden; darüber hinaus ist die Sicherungsverwahrung angeordnet worden. 2/3 dieser Strafe wird der Beschwerdeführer am 30.10.2000 verbüßt haben. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat nunmehr über die Frage einer bedingten Entlassung des Beschwerdeführers gemäß §§ 57 Abs. 1 StGB zu entscheiden. Diesbezüglich hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt Werl am 10.08.2000 eine Stellungnahme gefertigt, die dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist.
Mit Schreiben vom 31.08.2000 hat der Beschwerdeführer die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Mit Beschluss vom 05.09.2000 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, das vorliegende Vollstreckungsverfahren sei weder rechtlich noch tatsächlich besonders schwierig; im Übrigen sei der Verurteilte in der Lage, seine Interessen selbst zu vertreten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Verurteilten vom 13.09.2000.
Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthafte Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Strafvollstreckungsverfahren zu Recht als unbegründet abgelehnt.
Zwar ist im Strafvollstreckungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, dies gebietet.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Entscheidung der Frage, ob der Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 StGB bedingt entlassen werden kann, ist weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht so schwierig, dass die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint. Grundlage für die Entscheidung sind die dem Verurteilten bekannten Urteilsfeststellungen sowie die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt. Darüber hinaus ist der Verurteilte durch die Strafvollstreckungskammer mündlich anzuhören. Diese mündliche Anhörung dient dazu, sich einen persönlichen Eindruck von dem Verurteilten zu verschaffen, wozu die Beteiligung eines Verteidigers nicht erforderlich ist.
Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers erscheint hier auch unter dem Gesichtspunkt der Unfähigkeit zur Selbstverteidigung des Verurteilten nicht erforderlich. Ausweislich der Urteilsfeststellungen des Landgerichts Dortmund ist der Verurteilte normal intelligent und es liegen auch keine Störungen des Denk- und Wahrnehmungsvermögens bei ihm vor. Außerdem hat er durch die von ihm gefertigte Beschwerde sowie seine Stellungnahme vom 17.08.2000 zum Bericht der JVA gezeigt, dass er durchaus in der Lage ist, seine Interessen selbst zu vertreten.
Auf die Reststrafhöhe kann es für die Pflichtverteidigerbestellung im Vollstreckungsverfahren nicht ankommen (OLG Hamm NStZ RR 1999, 319).
Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers kommt deshalb nicht in Betracht, so dass die Beschwerde mit der sich aus § 473 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zu verwerfen war.
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