Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1012/00 OLG Hamm
Leitsatz: Zum Verstoß gegen das Fahrpersonalgesetz und zur Bemessung der Geldbuße
Senat: 3
Gegenstand: Rechtsbeschwerde
Stichworte: Vorlage der Prüfbücher, Fahrpersonalgesetz; Höchstlenkzeiten, Tageslenkzeiten, Bemessung des Bußgeldes, Bußgeldkatalog, Angabe der Schuldform
Normen: FPersV 9 Nr. 1 c; Art. 6, 8 VO (EWG) 3820/85; FPersV. § 8 Abs. 1 Nr. 2, FPersG § 9 Nr. 3 b; Art. 6 und 8 VO (EWG) 3820/85; FPersV 8 Abs. 1 Nr. 2; BOKraft § 45 Abs. 1 Nr. 5 BOKraft 41 Abs. 2; PBefG § 61 Abs. 1 Nr. 4
Beschluss: Bußgeldsache gegen J.M.
wegen Ordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 24. Juli 2000 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 14.12.2000 durch die Richterin am Amtsgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen gemäß §§ 79 Abs. 1 Nr. 1, 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird - abgesehen von der Verurteilung wegen Nichtvorlage der Prüfbücher - mit den Feststellungen aufgehoben. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten derRechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Gelsenkirchen zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Durch das angefochtene Urteil sind gegen den Betroffenen drei Geldbußen verhängt worden, und zwar "als Fahrer wegen Überschreitens der Tageslenkzeit in drei Fällen und zu einem Fall tateinheitlich als verantwortlicher Unternehmer wegen Unterschreitens der Tagesruhezeit" eine Geldbuße von 650,- DM, ferner "als verantwortlicher Unternehmer wegen Überschreitung der Tageslenkzeit in drei Fällen, mit Unterschreitung der Tagesruhezeit in zwei Fällen, einer tateinheitlich zu Überschreiten der Tageslenkzeit" eine Geldbuße von 2.200,- DM und wegen Nichtvorlage der Prüfbücher eine Geldbuße von 500,- DM gemäß §§ 9 Nr. 1 c FPersV i.V.m. Art. 6, 8 VO (EWG) 3820/85 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, § 9 Nr. 3 b FPersV i.V.m. Art. 6 und 8 VO (EWG) 3820/85 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG; § 45 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 41 Abs. 2 BOKraft i.V.m. § 61 Abs. 1 Nr. 4 PBefG.
Dazu hat das Amtsgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
"Aufgrund einer Anfrage der Bezirksregierung Münster im Rahmen einer Anhörung nach § 14 Abs. 2 des PBefG führte das Straßenverkehrsamt Gelsenkirchen bei dem Betroffenen eine Betriebsprüfung durch. Dabei stellte sich heraus, dass der Betroffene die Prüfbücher der Kraftomnibusse nach den Hauptuntersuchungen 1997 / 1998 für das Fahrzeug GE-JM 3333, nach der Hauptuntersuchung am 28.04.1999 für das Fahrzeug GE-JM 2000 und nach der Hauptuntersuchung vom 15.06.1998 für das Fahrzeug GE-JM 6666 nicht der zuständigen Bezirksregierung Münster vorlegte. ...
Am 05.06. führte der Betroffene als sogenannter selbstfahrender Unternehmer das Fahrzeug GE-JM 3333, Fahrtbeginn war um 04.45 Uhr, Fahrtende um 21.20 Uhr. Der Betroffene hielt eine unterbrochene Tagesruhezeit von 7.25 Stunden ein. Am 11.07. führte der Betroffene den Bus mit dem amtlichen Kennzeichen GE-JM 3333 von Dettlingen nach Heidelberg, Fahrtbeginn war um 04.00 Uhr, Fahrtende um 20.20 Uhr. Dies ergibt eine ununterbrochene Tagesruhezeit von 7.40 Stunden. Am 25.12.1998 und 26.12.1998 führte der Betroffene zusammen mit dem bei ihm angestellten Fahrer Ulrich S. eine Fahrt von Gelsenkirchen nach Gelsenkirchen, insgesamt über 1.866 km durch. Fahrtbeginn war hier um 18.20 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt führte der Zeuge S. das Fahrzeug, insgesamt fuhr er wie folgt: 18.20 Uhr bis 0.45 Uhr, 05.25 Uhr bis 10.30 Uhr, 14.15 Uhr bis 14.55 Uhr. Der Betroffene selbst führte das Fahrzeug von 01.15 Uhr 05.20 Uhr, 10.30 Uhr bis 14.00 Uhr, 14.55 Uhr bis 17.15 Uhr. Daraus errechnet sich sowohl für den Betroffenen selbst als auch für den Zeugen S. eine ununterbrochene Tagesruhezeit von 7 Stunden 5 Minuten. Die Abfahrtszeit hatte sich bei dieser Fahrt entgegen der Planung des Betroffenen um 1 Stunde verzögert, da Fahrgäste zu spät eintrafen.
Der zu diesem Zeitpunkt bei dem Betroffenen angestellte Fahrer U. Z. fuhr am 02.07.1998 mit dem Bus GE-JM 2000 die Strecke Gelsenkirchen / Bielefeld. Fahrtbeginn war um 03.40 Uhr, Fahrtende um 20.10 Uhr. Dies ergibt eine zusammenhängende ununterbrochene Ruhezeit von 7.10 Stunden. Am 21., 22.07.1998 fuhr der Zeuge Z. die Strecke London / Gelsenkirchen, wobei er zu folgenden Zeiten das Fahrzeug lenkte: 21.00 Uhr bis 22.40 Uhr, 01.00 Uhr bis 03.25 Uhr, 03.55 Uhr bis 05.40 Uhr, 06.00 Uhr bis 09.05 Uhr, 12.05 Uhr bis 12.10 Uhr, 12.30 Uhr bis 14.40 Uhr, 16.35 Uhr bis 18.55 Uhr. Insgesamt ergibt dies eine Tageslenkzeit von 13.20 Stunden. Bei der Fahrt vom 22.07.l998 handelte es sich um eine Fahrt innerhalb des Stadtgebietes Gelsenkirchen, bei dem Kindergartenkinder gefahren wurden. Der Zeuge Z. führte diese Fahrt auf Bitten des Vaters des Betroffenen, dem Zeugen E.M., durch, da der ursprünglich eingeplante Fahrer ausgefallen war. Der Betroffene selbst war zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend. Am 23.07.1998 führte der Zeuge Z. wieder eine Fahrt innerhalb des Stadtgebietes Gelsenkirchen durch, am 24.07. eine Tour Gelsenkirchen / Paris. Dabei wurde das Fahrzeug zu folgenden Zeiten von ihm gelenkt: 23.07.1998 11.50 Uhr bis 14.35 Uhr, 15.10 Uhr bis 15.30 Uhr, 18.25 Uhr bis 18.35 Uhr, 21.00 Uhr bis 21.50 Uhr, 21.55 Uhr bis 23.05 Uhr, am 24.07.1998: 04.30 Uhr bis 05.25 Uhr, 05.35 Uhr bis 05.55 Uhr, 06.15 Uhr bis 06.30 Uhr, 06.40 Uhr bis 07.05 Uhr, 07.15 Uhr bis 08.50 Uhr, 09.30 Uhr bis 11.35 Uhr, 12.00 Uhr bis 14.25 Uhr, 14.40 Uhr bis 14.45 Uhr, 15.05 Uhr bis 15.10 Uhr, 15.30 Uhr bis 16.20 Uhr. Insgesamt ergibt dies eine Tageslenkzeit von 14.25 Stunden und eine ununterbrochene Ruhezeit von 5.20 Stunden. Am 07.08. führte der Zeuge Z. das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen GE-JM 2000, Fahrtziel /Fahrtende waren jeweils Gelsenkirchen. Das Fahrzeug wurde zu folgenden Zeiten gelenkt: 04.50 bis 05.40 Uhr, 06.50 Uhr bis 07.15 Uhr, 07.45 Uhr bis 09.20 Uhr, 10.45 Uhr bis 10.55 Uhr, 12.10 Uhr bis 12.15 Uhr, 12.20 Uhr bis 12.50 Uhr, 13.30 Uhr bis 13.55 Uhr, 16.05 Uhr bis 19.45 Uhr, und am 08.08. 01.45 Uhr bis 02.15 Uhr. Insgesamt ergibt dies eine Tageslenkzeit von 11.10 Stunden."
Im Übrigen wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen.
Zum Rechtsfolgenausspruch heißt es:
"Unter Zugrundelegung der Zumessungskriterien des § 17 Abs. 3 OWiG sind folgende Geldbußen angemessen:
Für die Fahrt des Betroffenen vom 05.06.1998 100,00 DM und vom 11.07.1998 150,00 DM. Das Unterschreiten der Tagesruhezeit des Betroffenen vom 25.12.1998 und 26.12.1998 steht tateinheitlich zu den dem Betroffenen als Unternehmer treffenden Vorwurf der Fahrt des Zeugen Ulrich S. vom gleichen Tage. Dafür hält das Gericht eine Geldbuße von 300,00 DM für angemessen.
Für die Fahrt des Zeugen Z. vom 02.07.1998, Unterschreitens der Tagesruhezeit, wurde eine Geldbuße von 200,00 DM, für die Fahrt vom 21. und 22.07.1998, Überschreiten der Tageslenkzeit, eine Geldbuße von 700,00 DM festgesetzt. Das Überschreiten der Tageslenkzeit und Unterschreiten der Tagesruhezeit des Zeugen Z. bei der Fahrt vom 23. und 24.07.1998 steht in Tateinheit zueinander. Dafür wurde eine Geldbuße von insgesamt 1.000,00 DM festgesetzt. Für das Überschreiten der Tageslenkzeit des Zeugen Z. vom 07. und 08.08.1998 wurde eine Geldbuße von 300,00 DM festgesetzt. Dabei wurden in jedem Einzelfall die Dauer der Überschreitung bzw. Unterschreitung der einzelnen Verstöße berücksichtigt.
Die Nichtvorlage der Prüfbücher nach den Hauptuntersuchungen 1997 und 1998, vom 28.04.1999 und vom 25.06. 1998 stehen tateinheitlich zueinander. Der Betroffene hat sich nicht ausreichend über die gesetzlichen Voraussetzungen zur Führung eines solchen Unternehmens informiert. Dieser Vorwurf trifft ihn nach Überzeugung des Gerichts nur einmal und wiederholt sich nicht jedes Mal neu, nachdem eine Hauptuntersuchung durchgeführt wurde. Insgesamt ist eine Geldbuße von 500,00 DM angemessen, wobei mildernd berücksichtigt wurde, dass bei den Hauptuntersuchungen keine Mängel an den Fahrzeugen aufgefallen waren und die Prüfbücher selbst in Ordnung waren.
Das Bußgeld ist den Einkommensverhältnissen des Betroffenen angemessen."
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die er rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet.
Soweit mit der Rechtsbeschwerde die Rüge der Verletzung formellen Rechts erhoben worden ist, ist diese jedenfalls nicht in der gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG gebotenen Form erfolgt und mithin unzulässig.
Die erhobene Sachrüge führt zur Aufhebung des Urteils im tenorierten Umfang. Die Feststellungen des angefochtenen Urteils genügen insoweit nicht den Anforderungen, die gemäß §§ 260 Abs. 4, 337 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG an den Schuldspruch zu stellen sind. Erforderlich ist die rechtliche Bezeichnung der Taten auch nach der begangenen Schuldform (vgl. BGH VRS 65, 359, 361). Die Feststellungen des angefochtenen Urteils lassen indes - abgesehen vom Vorwurf der Nichtvorlage der Prüfbücher, der nach den Gründen unter Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten, also fahrlässig begangen wurde - nicht erkennen, ob der Betroffene vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Weder weist der Tenor die Begehungsform aus noch lassen sich insoweit aus den Gründen hierfür hinreichende Feststellungen entnehmen. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist die Schuldform nicht erkennbar. Die Höhe der Geldbußen ist insoweit unergiebig, denn anders als in Straßenverkehrssachen orientiert sie sich vorliegend nicht etwa an Regelbußen für fahrlässige Begehungsweisen. Für die Würdigung der Taten, die sich je nach der Schuldform erheblich unterschiedlich darstellen, sind die Feststellungen, die der Tatrichter zu treffen hat, jedoch unverzichtbar. Diesen Mangel vermag das Revisionsgericht nicht zu beheben. Es bedarf ergänzender Feststellungen des Tatrichters, aus denen sich die vorsätzliche oder fahrlässige Begehungsweise jeweils ergibt.
Aufgrund des Mangels ist dem Revisionsgericht auch die Überprüfung der Höhe der festgesetzten Geldbußen von 650,- bzw. 2.200,- DM nicht möglich. Bei fahrlässiger Begehungsweise ist regelmäßig eine im Verhältnis zur vorsätzlichen Begehung deutlich reduzierte Geldbuße zu verhängen; § 17 Abs. 2 OWiG. Die Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Höhe der Geldbußen lassen im Übrigen besorgen, dass das Tatgericht sich des Vorliegens der Bußgeldkataloge F (Fahrpersonal) und U (Unternehmer) VO (EWG) Nr. 3820/85 und Nr. 3821/85, ABTR, Fahrpersonalverordnung und Fahrpersonalgesetz nicht bewusst war. Zwar sind diese Richtlinien für das Gericht nicht bindend, jedoch dürfen die Gerichte aus Gründen einer möglichst gleichmäßigen Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte die dort vorgesehenen Regelsätze nicht unbeachtet lassen (vgl. Göhler OWiG, 12. Aufl., Rdnr. 32 zu § 17; KK-OWiG-Steindorf, § 17 Rdnr. 115; Hamm, DAR 96, 68 zur Anwendung des Bußgeldkataloges für die Ahndung von Verstößen nach dem Fahrpersonalgesetz), wobei jedoch die Umstände des Einzelfalles und auch ein etwaiges Missverhältnis zwischen der Art des Verstoßes und dem üblichen Richtwert jeweils einzubeziehen sind. Eine erhebliche Abweichung von den Richtwerten, wie sie sich teilweise in den Ausführungen des angefochtenen Urteils selbst unter Annahme einer vorsätzlichen Begehungsweise finden, wird indes den näheren Begründungen bei den Zumessungserwägungen bedürfen. Zu prüfen haben wird das Tatgericht darüber hinaus, ob die tateinheitliche und die tatmehrheitliche Begehung ggf. entgegen den Richtlinien für die Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen i.S.d. Fahrpersonalgesetzes die drastische Erhöhung der Geldbußen rechtfertigt und ob - was wegen des teilweise zeitlich engen Zusammenhanges der festgestellten Verstöße naheliegend ist - auch eine Dauerzuwiderhandlung statt mehrerer Taten in Betracht kommt (vgl. Andresen/Winkler, Fahrpersonalgesetz und Sozialvorschriften für den Kraftfahrer, 2. Aufl., 1999, Anm. 2, 4, 5 zu § 6 FPersG; Gerlach-Mergentaler, Kraftverkehrskontrolle, Aktuelles Handbuch, Sozialvorschriften für den Straßenverkehr,
A 5 a 2 ff.).
Soweit das Tatgericht einen Verstoß gegen die Vorlage der Prüfbücher festgestellt hat, ergeben die Gründe des angefochtenen Urteils, dass es - zu Recht - von fahrlässiger Begehungsweise ausgegangen ist. Gegen die Ausführungen zur Höhe der Geldbuße ist ebenfalls nichts zu erinnern. Der hier festgestellte Verstoß ist nicht Gegenstand des Bußgeldkataloges zum Fahrpersonalgesetz; eine Richtlinie zur Höhe der zu verhängenden Geldbuße liegt insoweit nicht vor. Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass die Verhängung der Geldbuße (500,- DM) unangemessen hoch sei, weil vom Betroffenen habe erwartet werden dürfen, dass die Verwaltungsbehörde zunächst an die Vorlage der Bücher erinnere, ist dies unerheblich. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die selbständige Vorlagepflicht des Unternehmers normiert, so dass es auf eine Anforderung der Verwaltungsbehörde nicht ankommt. Angesichts des dreiaktigen Verstoßes gegen den Tatbestand ist die Geldbuße von 500,- DM unter Berücksichtigung der weiteren hierzu im angefochtenen Urteil aufgeführten Gründe nicht unangemessen hoch.
Die Rüge, der Bußgeldbescheid sei wegen fehlender Zuständigkeit des Straßenverkehrsamtes unwirksam, bleibt indes ohne Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht ausgeführt, dass das Fehlen der sachlichen Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich unbeachtlich ist. Eine sachliche Unzuständigkeit der den Bußgeldbescheid erlassenden Behörde führt nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit des Bescheides (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl., Rdnr. 52 zu § 66 OWiG m.w.N.; KK-OWiG-Kurz, Rdnr. 20 zu § 65). Nichtigkeit eines Bußgeldbescheides ist vielmehr erst dann anzunehmen, soweit er an einem schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Hiervon kann indes vorliegend keinesfalls ausgegangen werden. Wie sich aus der Verordnungsregelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes (ZustVO ArbtG) für das Land NRW vom 14. Juni 1994, zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. September 1994, ergibt, ist zuständige Behörde für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Fahrpersonalgesetz für Verfahren gegen das Fahrpersonal die Kreisordnungsbehörde, im Übrigen das Staatliche Amt für Arbeitsschutz; für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten daneben auch die Polizeibehörde, solange sie die Sache nicht abgegeben hat. Angesichts dieser Regelung kann jedenfalls eine offenkundige Unzuständigkeit der Stadt Gelsenkirchen (Verkehrsamt) nicht angenommen werden. Ein Verfahrenshindernis nach § 206 a StPO i.V.m. § 46 OWiG liegt - wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat - nicht vor.
Auch eine Doppelahndung liegt - aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Gelsenkirchen - nicht vor. Dem steht bereits entgegen, dass sich die Bußgeldbescheide gegen den Zeugen E.M. und nicht gegen den Betroffenen gerichtet haben.
Für die neue Hauptverhandlung ist noch anzumerken, dass das Amtsgericht besonderes Augenmerk auf das Konkurrenzverhältnis der Taten wird lenken müssen. Den Urteilsgründen zufolge geht das Amtsgericht davon aus, dass der Betroffene sich als Fahrer wegen Unterschreitens der Tagesruhezeit in drei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich als verantwortlicher Unternehmer wegen Unterschreitens der Tageslenkzeit und als verantwortlicher Unternehmer wegen Unterschreitens der Tageslenkzeit in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Unterschreiten der Tagesruhezeit und in einem weiteren Fall des Unterschreitens der Tagesruhezeit ordnungswidrig verhalten hat. Diese Feststellungen haben im Tenor des angefochtenen Urteils nicht entsprechend Niederschlag gefunden, da nach dem Wortlaut der Eindruck entsteht, der Betroffene habe als Fahrer insgesamt vier Ordnungswidrigkeiten begangen und als verantwortlicher Unternehmer insgesamt fünf.
Nach alledem war das angefochtene Urteil im tenorierten Umfang aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Im übrigen war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
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