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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 1100/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei der Verurteilung wegen eines sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Aufhebung, Rotlichtverstoß, Bestimmung der Rotlichtzeit, Einfahren in den gesicherten Kreuzungsbereich, Haltelinie, geschlossene Ortschaft

Normen: StVO 37 Abs. 2

Beschluss: Bußgeldsache gegen F.B.,
wegen fahrlässigen Rotlichtverstoßes.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Ahaus vom 28. August 2000 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 21.11.2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 5 und 6 OWiG beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Ahaus zurückverwiesen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Ahaus hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen "einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß den §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, § 2 Abs. 1 BKatV in Verbindung mit § 24 StVG" zu einer Geldbuße von 250,00 DM verurteilt. Zugleich hat es dem Betroffenen für die Dauer von einem Monat untersagt, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Insoweit hat es die Anordnung über das Wirksamwerden des Fahrverbots gemäß § 25 Abs. 2 a StVG getroffen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner unbeschränkten und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Urteils erstrebt.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Ahaus zurückzuverweisen.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat zumindest vorläufigen Erfolg. Die getroffenen Feststellungen lassen nicht mit der erforderlichen Sicherheit den Schluss zu, dass der Betroffene einen sogenannten qualifizierten Rotlichtverstoß, also einen bei schon länger als eine Sekunde andauernder Rotlichtphase eines Wechsellichtzeichens, begangen hat.

Das Amtsgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:

"Am 06.03.2000 befuhr der Betroffene gegen 10.48 Uhr mit dem LKW Daimler Benz, amtliches Kennzeichen: NOH-MM 125, in Gronau die Gildehauser Str. in Fahrtrichtung Norden. Im Kreuzungsbereich Gildehauser Straße/Hörster Straße befindet sich eine Lichtzeichenanlage. Der Betroffene passierte dort mit dem von ihm geführten Fahrzeug die Lichtzeichenanlage der Gildehauser Straße bei Rotlicht. Die Rotlichtphase dauerte zu diesem Zeitpunkt bereits länger als 1 Sekunde an."

Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes schon deshalb nicht, weil für die Bestimmung der Rotlichtzeit nicht das Passieren der Lichtzeichenanlage maßgeblich ist, sondern entweder der Zeitpunkt des Einfahrens in den von der Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungsbereich oder das Passieren der Haltelinie, soweit eine solche vorhanden ist (vgl. BGH, NJW 1999, 2278 (2278 f.) = BGHSt 45, 134 = MDR 1999, 1262 = DAR 1999, 463 = NStZ 1999, 512 = VM 2000, 17). Ob eine solche Haltelinie vorhanden war, lässt sich den Urteilsfeststellungen nicht eindeutig entnehmen, wenn auch die Angaben des Zeugen H. auf deren Vorhandensein schließen lassen.

Auch der vom Amtsgericht den Feststellungen zur Rotlichtdauer zugrundegelegte Umstand, dass die Lichtzeichenanlage für den Querverkehr auf Grünlicht umgesprungen war, als der Betroffene "die Lichtzeichenanlage" passierte, lässt vorliegend die Schlussfolgerung auf eine Rotlichtdauer von mehr als einer Sekunde bei Überfahren der Haltelinie oder des gesicherten Kreuzungsbereichs nicht zu. Zwar kann im Einzelfall bei Rotlichtverstößen innerhalb geschlossener Ortschaften wie wohl hier allein aus dem Umstand, dass für den Querverkehr Grünlicht angezeigt worden ist, auch ohne nähere Feststellungen zu den Örtlichkeiten, der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und der Dauer der Gelblichtphase in rechtlich bedenkenfreier Weise auf einen derartigen Verkehrsverstoß geschlossen werden (vgl. Senatsentscheidungen vom 7. September 1999 - 4 Ss OWi 909/99 - und vom 18. November 1999 - 4 Ss OWi 1116/99 - jew. m.w.N.). Da aber die vom Betroffenen eingehaltene Geschwindigkeit zumindest unklar ist, nähere Angaben zu den Örtlichkeiten nicht getroffenen worden sind und das Amtsgericht auf das Passieren der Lichtzeichenanlage abgestellt hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass eine Rotlichtdauer von mehr als einer Sekunde zum maßgeblichen Zeitpunkt des Überfahrens einer möglichen Haltelinie oder des Einfahrens in den durch die Lichtzeichenanlage gesicherten Kreuzungsbereichs noch nicht erreicht war.

Das angefochtene Urteil war daher mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Ahaus zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass bei der Abfassung des Schuldspruchs § 260 Abs. 4 StPO zu beachten ist, der auch im Bußgeldverfahren gilt.


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