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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 439/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Anrechnung von freiwilliger Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf eine verhängte Freiheitsstrafe

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Anrechnung von anderer Freiheitsentziehung, freiwillige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Normen: StPO 458 Abs. 1, StGB 51 Abs. 1

Beschluss: Strafsache gegen S.B.,
wegen unerlaubten Erwerbs einer Schusswaffe,
hier: Entscheidung nach § 458 Abs. 1 StPO.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 9. August 2000 gegen den Beschluss der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 27. Juli 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.11.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:
I. Der Beschwerdeführer ist durch Urteil der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 23. Mai 2000 wegen unerlaubten Erwerbs einer Schusswaffe zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60,00 DM verurteilt worden. Zugleich ist bestimmt worden, dass die aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Rheine vom 30. Dezember 1998 angeordnete Untersuchungshaft - die Untersuchungshaft war zunächst wegen versuchten Totschlags angeordnet worden, weil der Verurteilte am 30. Dezember 1998 zwei Schüsse auf den Alexander S. abgegeben habe - auf die erkannte Strafe anzurechnen ist. In den Urteilsgründen ist dieser Zeitraum dahingehend konkretisiert worden, dass es sich um den Zeitraum vom 30. Dezember 1998 bis zum 15. Januar 1999 handele.

Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2000 hat der Verurteilte durch seinen Verteidiger beantragt, auch den Zeitraum vom 18. bis zum 27. Januar 1999, in der sich der Verurteilte in stationärer Behandlung in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie in Lengerich befunden habe, als andere Freiheitsentziehung i.S.d. § 51 Abs. 1 StGB auf die Strafe anzurechnen.

Diesen Antrag hat die 7. große Strafkammer mit dem angefochtenen Beschluss verworfen.

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seinem als Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Das gemäß §§ 458, 462 Abs. 3 StPO als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Die angefochtene Entscheidung ist entgegen § 35 Abs. 2 Satz 1 StPO weder dem Verurteilten noch seinem Verteidiger förmlich zugestellt worden, so dass die zu wahrende Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO mangels
Bekanntmachung nicht zu laufen begonnen hat.

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

Von Gesetzes wegen ist eine andere Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlas einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, auf die zeitige Freiheitsstrafe oder auf eine Geldstrafe anzurechnen, wenn keine gegenteilige Anordnung getroffen wird (§ 51 Abs. 1 StGB). Eine solche andere Freiheitsentziehung liegt dann vor, wenn jemand gegen oder ohne seinen Willen durch die öffentliche Gewalt an einem eng umgrenzten Raum festgehalten wird (vgl. LK-Tröndle, StGB, 10. Auflage, § 51 Rdnr. 17). Das bedeutet, dass die andere Freiheitsentziehung für den Verurteilten ähnliche Auswirkungen haben muß wie die vollzogene Untersuchungshaft.

Diese Voraussetzungen liegen hier für die Zeit des Aufenthalts des Verurteilten in der Klinik in Lengerich nicht vor.

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Rheine vom 30. Dezember 1998 - 11 Gs 855/98 - war am 15. Januar 1999 außer Vollzug gesetzt worden. Dem Beschuldigten war aufgegeben worden, sich zweimal wöchentlich, und zwar montags und freitags, bei der Polizei in Lengerich zu melden.

Außerdem ist angeführt:
"2) Der Beschuldigte begibt sich sofort in ärztliche Behandlung in die Westf. Landesklinik für Psychiatrie Lengerich und verbleibt dort stationär."

Abgesehen davon, dass die stationäre Behandlung in einer derartigen Klinik zumindest im Regelfall nicht mit einer untersuchungshaftähnlichen Freiheitsentziehung gleichgesetzt werden kann, erfolgte die Aufnahme des Verurteilten in der Klinik erst am 18. Januar 1999, obwohl er schon am 15. Januar 1999 aus der Untersuchungshaft entlassen worden war. In der Zwischenzeit befand er sich auf freiem Fuß. Schon dieser Umstand schließt im Grunde die Annahme aus, bei dem Klinikaufenthalt habe es sich um eine andere Freiheitsentziehung gehandelt. Auch die Meldeauflage aus dem Haftverschonungsbeschluss macht keinen Sinn, wenn die Behandlung in der Klinik mit einer der Untersuchungshaft ähnlichen Freiheitsentziehung verbunden gewesen wäre. Weiter spricht der Vermerk der Kriminalpolizei Ibbenbüren vom 19. Januar 1999, es sei noch nicht entschieden, ob der Verurteilte in der Klinik in Lengerich stationär oder ambulant behandelt werde (vgl. Bl. 122 d.A.), entschieden gegen einen freiheitsentziehenden Charakter der Behandlung. Schließlich erfolgte die Aufnahme und Behandlung des Verurteilten in der Klinik in Lengerich nicht gegen oder ohne seinen Willen. Sein Verteidiger hatte bereits mit Schriftsatz vom 4. Januar 1999 angeführt, die Verlobte des Verurteilten wolle, dass dieser sich "wieder in die entsprechende Behandlung im LKH begibt" (Bl. 83 d.A.). Der Verurteilte hatte dementsprechend unter dem 7. Januar 1999 die Erklärung verfasst, er sei bereit, sich "bei Entlassung aus der Untersuchungshaft freiwillig einer eingehenden psychiatrischen Untersuchung evtl. Behandlung im Westf. Krankenhaus für Psychiatrie in Lengerich zu unterziehen" (Bl 85 d.A.). Es handelte sich somit um eine Behandlung, der er sich freiwillig unterzogen hat, nicht um eine erzwungene Freiheitsentziehung.

Die Zeit des Klinikaufenthaltes vom 18. bis zum 27. Januar 1999 ist auch nicht deshalb als andere Freiheitsentziehung auf die Geldstrafe anzurechnen, weil der Verurteilte in dieser Zeit etwa zur Beobachtung nach § 81 StPO untergebracht gewesen wäre (vgl. dazu LK-Gribbohm, StGB, 11. Auflage, § 51 Rdnr. 5; Tröndle/Fischer, StGB, 49. Auflage, § 51 Rdnr. 3) oder er sich nur deshalb in die Klinik begeben hätte, um einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung zu begegnen. Zwar ist dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C. vom 25. April 1999 ein entsprechender Hinweis zu entnehmen, soweit aufgeführt ist, der Verurteilte habe "sich zwecks fachpsychiatrischer Begutachtung vom 18.01. bis zum 27.01.99 stationär in unserer Klinik" aufgehalten (vgl. Bl. 189 d.A.), dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Auch hier ist anzuführen, dass sich der Verurteilte bereits am 7. Januar 1999 bereit erklärt hatte, sich freiwillig fachpsychiatrisch untersuchen und behandeln zu lassen, während die Beauftragung des Sachverständigen erst am 19. Januar 1999 erfolgte. Ein Zusammenhang mit der Gutachtenerstattung im Sinne einer Unterbringung zur Beobachtung scheidet damit aus.

Dieses Ergebnis steht im übrigen im Einklang mit den Anordnungen des zugrundeliegenden Urteils.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.


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