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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 Ws 26/01 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Stellen einer günstigen Sozialprognose und zur Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks vom Verurteilten bei der Entscheidung über die Reststrafenaussetzung

Senat: 5

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung, persönlicher Eindruck, Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit

Normen: StGB 57

Beschluss: Strafsache gegen R.W.,
wegen schwerer räuberischer Erpressung und erpresserischen Menschenraubs,(hier: Aussetzung des Strafrestes).

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum vom 3. Januar 2001 gegen den Beschluss der 6. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 21. Dezember 2000 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15.02.2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Verurteilten und seiner Verteidiger beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Aussetzung des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 10. Juli 1997 - 22 KLs 47 Js 448/96 (I 5/97) - wird abgelehnt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.

Gründe:
I.
Das Landgericht Bochum hat den Beschwerdegegner am 10. Juli 1997 wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Maßregel ist ab Oktober 1997 zunächst in dem Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt, dann in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Warstein und zuletzt in der Westfälischen Klinik Schloss Haldem vollzogen worden. Mit Beschluss vom 3. August 2000, der seit dem 17. August 2000 rechtskräftig ist, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld gemäß § 67 d Abs. 5 Satz 1 StGB angeordnet, dass die Unterbringung nicht weiter zu vollziehen sei und zugleich die Aussetzung des Restes der Freiheitsstrafe, zu welcher der Verurteilte seine Einwilligung nicht erteilt hatte, abgelehnt. Seitdem verbüßt der Verurteilte die Freiheitsstrafe aus dem oben genannten Urteil. Das Strafende ist auf den 7. Juli 2001 errechnet.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Bochum am 5. September 2000 die von dem Verurteilten beantragte Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG abgelehnt hatte, hat der Verurteilte unter dem 2. Oktober 2000 beantragt, den Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Dem hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss unter Erteilung von Weisungen entsprochen und die Entlassung des Verurteilten am 9. Januar 2001 angeordnet. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.

II.
Das gemäß § 454 Abs. 3 StPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung der Aussetzung des Strafrestes.

Entgegen der Einschätzung der Strafvollstreckungskammer kann dem Verurteilten eine günstige Sozialprognose, die sachliche Voraussetzung der Aussetzung nach § 57 StGB ist, nicht gestellt werden. Zweifel ergeben sich insoweit schon aus der langjährigen Abhängigkeit des Angeklagten von Alkohol und anderen Drogen, seiner wiederholten Straffälligkeit seit 1979, vor allem aber aus seinem Verhalten während der Vollziehung der Maßregel im vorliegenden Verfahren. In dieser Zeit ist der Verurteilte wiederholt, nämlich vom 28. September bis zum 5. Oktober 1998, am 4. Dezember 1998 und vom 17. Januar bis zum 12. Oktober 1999 aus dem Behandlungsvollzug entwichen, wobei es auch zu Drogenrückfällen gekommen ist. Angesichts des Vorlebens des Verurteilten und seiner ungünstigen Entwicklung im Maßregelvollzug, d. h. gerade auch in der jüngeren Vergangenheit, verbleiben aus heutiger Sicht erhebliche Unsicherheiten bei der Beantwortung der Frage, ob eine begründete und reale Chance auf Resozialisierung und eine gewisse Wahrscheinlichkeit straffreien Verhaltens des Verurteilten besteht und ob deshalb das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit eine bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft erlaubt. Da die Reststrafenaussetzung nach § 57 StGB aber an das Vorliegen dieser Voraussetzungen geknüpft ist, gehen im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung Zweifel hierüber zu Lasten des Verurteilten. Seine bedingte Entlassung war daher - unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung - abzulehnen.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, dass die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten mündlich angehört und bei ihrer Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes dem Umstand maßgebliches Gewicht beigemessen hat, dass der Verurteilte eine teilstationäre Therapie mit vorheriger Entgiftung anstrebt, für die eine Aufnahmebescheinigung des Therapiezentrums Vorhalle in Hagen und eine Kostenübernahmeerklärung der LVA Westfalen vorliegen. Zwar ist eine aufgrund des Anhörungsergebnisses gewonnene günstige Prognose in aller Regel hinzunehmen. Das setzt aber voraus, dass bei der Prognoseentscheidung sämtliche in Betracht kommende Gesichtspunkte im Rahmen der maßgebenden Abwägung angemessen berücksichtigt worden sind. Gerade das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Strafvollstreckungskammer hat sich in dem angefochtenen Beschluss weder mit den Vorstrafen des Verurteilten, seiner langjährigen Drogenproblematik, der im vorliegenden Verfahren abgeurteilten schwerwiegenden Straftat noch seinem mehrfachen Versagen während des Maßregelvollzugs auseinandergesetzt. Auch wenn der Verurteilte sich nunmehr zum wiederholten Male einer Drogenentwöhnungstherapie unterziehen will, gibt es insbesondere mit Rücksicht auf den letzten Abbruch einer solchen Behandlung im August 2000 keinen Hinweis auf einen wirklichen Wandel in der Einstellung des Verurteilten, der eine günstige Prognose rechtfertigen könnte.

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die bedingte Entlassung aus der Strafhaft abzulehnen. Auch die Stellungnahme des Verteidigers des Verurteilten in dem Schriftsatz vom 31. Januar 2001 rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 473, 465 StPO.


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