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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 86/01 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung, wenn die zur Bewährung ausgesetzte Strafe nachträgliche in eine Gesamtstrafe einbezogen worden ist.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Strafaussetzung zur Bewährung, Widerruf; nachträgliche Gesamtstrafenbildung; Bewährungszeit

Normen: StGB 56 f

Beschluss: Strafsache gegen A.X.,
wegen Diebstahls,
(hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung)

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 26. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 24.01.2001 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.03.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die in diesem Verfahren dem Verurteilten entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

G r ü n d e :

I.
Der Verurteilte ist durch Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 26.02.1998 (37 Ds 11 Js 318/97 - AK 311/97 -), das seit demselben Tag rechtskräftig ist, wegen Diebstahls und versuchten Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 21.07.1998, der seit dem 01.08.1998 rechtskräftig ist, wurde aus den Einzelstrafen der o.g. Entscheidung und aus der durch Urteil des Amtsgerichts Lahr vom 13.10.1997 (3 Ds 9 Js 595/97 - AK 69/97 -) - rechtskräftig seit dem 10.12.1997 - verhängten und zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von drei Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten gebildet. Diese Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf (noch) drei Jahre festgesetzt. Durch Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 11.05.1999 (30 Ds 37 Js 880/98 - 30 (200/98) -), das seit dem 19.05.1999 rechtskräftig ist, wurde der Angeklagte wegen eines am 15.04.1998 begangenen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, die er seit dem 06.10.2000 in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne verbüßt. Wegen dieser Verurteilung hat die Strafvollstreckungskammer durch Beschluss vom 24.01.2000 die Aussetzung der Vollstreckung der durch Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 26.02.1998 verhängten Freiheitsstrafe widerrufen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.

II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wegen erneuter Straffälligkeit des Verurteilten gemäß § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Verurteilte innerhalb der Bewährungszeit eine erneute Straftat begangen hat.

Im vorliegenden Verfahren fällt die Straftat des Verurteilten vom 15.04.1998, auf die die Strafvollstreckungskammer den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung gestützt hat, zwar in die ursprüngliche, durch Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 26.02.1998 bestimmte Bewährungszeit von drei Jahren. Die durch das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom selben Tag gewährte Strafaussetzung zur Bewährung wurde jedoch durch die Einbeziehung der durch dieses Erkenntnis ausgesprochenen Einzelstrafen in die Gesamtstrafenbildung gegenstandslos. Das für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung zuständige Gericht hat über die Frage einer Aussetzung der Gesamtstrafe ohne Bindung an die einbezogenen Vorentscheidungen neu zu befinden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 460 Randziffer 17 m.w.N.). Für die Frage eines etwaigen Widerrufs bedeutet dies, dass nur noch der für die neu gebildete Gesamtstrafe ausgesprochenen Strafaussetzung zur Bewährung rechtliche Bedeutung zukommt. Infolgedessen können als Widerrufsgrund bei einer nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung für einen Widerruf grundsätzlich nur solche Straftaten herangezogen werden, die während des Laufes der neu festgesetzten Bewährungszeit begangen worden sind, nicht aber Delikte, die der Verurteilte begangen hat, als er aufgrund der einbezogenen Verurteilungen und der durch diese gewährten Strafaussetzung unter Bewährung stand (vgl. OLG Hamm, NStZ 1987, 382; OLG Karlsruhe, NStZ 1988, 364; OLG Düsseldorf, StV 1991, 30; OLG Stuttgart, MDR 1992, 1067).

Die Strafvollstreckungskammer konnte daher im vorliegenden Fall die durch Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 26.02.1998 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung nicht mehr widerrufen, da diese gegenstandslos geworden war. Es kam aber auch kein Widerruf der durch den Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom 21.07.1998 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung wegen der erneuten Straffälligkeit des Verurteilten in Betracht. Denn die Diebstahlstat, die Gegenstand der Verurteilung des Amtsgerichts Bottrop vom 11.05.1999 ist, wurde von dem Verurteilten am 15.04.1998 und damit nicht innerhalb der neu festgesetzten Bewährungszeit, die gemäß § 56 a StGB mit der Rechtskraft der Entscheidung, hier also am 01.08.1998 zu laufen begann, begangen worden ist. Da die neuerliche Straftat des Verurteilten nicht nur vor Rechtskraft des Gesamtstrafenbeschlusses, sondern auch vor dessen Erlass am 21.07.1998 begangen worden ist, kann der Widerruf vorliegend auch nicht auf § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 StGB gestützt werden.

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 473 Abs. 1 StPO.


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