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aus RVGreport 2015, 42

Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.

 

 Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG – Teil 2: Die Fälle der zusätzlichen Verfahrensgebühr

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster /Augsburg

Wir setzen mit diesem Beitrag unsere Ausführungen zur zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG fort. Sie behandeln die Fälle, in denen eine „Befriedungsgebühr/zusätzliche Verfahrensgebühr vorgesehen ist (zu allgemeinen Fragen, Fragen der Mitwirkung und der Gebührenhöhe s. RVGreport 2015, 3).

I. Nicht nur vorläufige Einstellung des Strafverfahrens (Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG)

 

1. Allgemeines

In Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG ist der Fall der Einstellung des Strafverfahrens geregelt. In welchem Verfahrensstadium die Einstellung erfolgt, ist ohne Bedeutung. Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 enthält keine zeitliche Beschränkung mit Ausnahme des Umstandes, dass durch die Einstellung eine Hauptverhandlung entbehrlich geworden sein muss. Die Einstellung kann also sowohl im vorbereitenden als auch noch im gerichtlichen Verfahren erfolgen oder auch noch im Berufungs- oder Revisionsverfahren erfolgen (Burhoff, RVG Straf-und Bußgeldsachen, 4. Aufl. , Nr. 4141 VV RVG Rn. 19). Unerheblich ist auch, ob die Staatsanwaltschaft oder das Gericht das Verfahren einstellt. Entscheidend ist, dass die Einstellung vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgen muss (vgl. dazu und zur Frage, ob auch noch die nach einer ausgesetzten Hauptverhandlung erfolgende Einstellung zur Gebühr Nr. 4141 VV führt unten 4; zur Anwendung in den einzelnen Verfahrensstadien s. auch noch Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn. 38 ff.).

 

2. Begriff der Einstellung

a) Ziel der Einstellung

Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG setzt eine nicht nur vorläufige Einstellung des Strafverfahrens voraus. Mit diesem Begriff ist nicht der prozessuale Begriff der „vorläufigen Einstellung“, wie er z.B. in § 154 Abs. 1 StPO verwandt wird, im Gegensatz zur endgültigen Einstellung gemeint. Der prozessuale und der gebührenrechtliche Begriff der vorläufigen Einstellung unterscheiden sich vielmehr. Gemeint ist mit „nicht nur vorläufig“ i.S. des RVG, dass Staatsanwaltschaft und/oder Gericht subjektiv von einer endgültigen Einstellung ausgegangen sind, sie also das Ziel einer endgültigen Einstellung hatten (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 33 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 16; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn. 20; vgl. dazu auch schon BT-Drucks. 12/6962, S. 106, die ausdrücklich auch den Fall des § 154 Abs. 1 StPO als einen Fall der (vorläufigen) Einstellung i.S.d. § 84 Abs. 2 BRAGO erwähnt hat; a.A. zur BRAGO AG Koblenz AGS 2001, 38 m. abl. Anm. Madert = BRAGOreport 2001, 42 m. abl. Anm. N. Schneider; zu § 154 Abs. 2 StPO s. zuletzt u.a. BGH, StraFo 2012, 207 = NStZ-RR 2012, 159 m.w.N.). Der Begriff der „vorläufigen Einstellung“ in Anm. 1 Nr. 1 dient nur zur Abgrenzung gegenüber den Einstellungen, die von vornherein nicht als endgültig anzusehen sind.

 

Erforderlich ist die vollständige Einstellung des Verfahrens. Die Teileinstellung wegen einer einzelnen Tat führt nicht zu einer Gebühr nach Nr. 4141  Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG . Das Verfahren ist dann nicht als solches – ohne Hauptverhandlung – endgültig erledigt (LG Bad Kreuznach AGS 2011, 435 = RVGreport 2011, 226 = StRR 2011, 282 für die teilweise Nichteröffnung; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 37; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn. 29). Etwas anderes gilt ggf., wenn das gegen mehrere Beschuldigte gerichtete Verfahren gegen einen oder mehrere Beschuldigte nicht nur vorläufig/endgültig eingestellt wird (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 39 m.w.N.). Insoweit ist die Vorschrift „personenbezogen“ (vgl. das Beispiel bei Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn. 30):

b) Mehrfacher Anfall der Nr. 4141 VV RVG

Das vorstehend dargelegte Verständnis der Vorschrift Nr. 4141 VV RVG hat zur Folge, dass die Gebühr im Laufe des Verfahrens grds. mehrfach anfallen kann (AG Düsseldorf AGS 2010, 224 m. zust. Anm. N. Schneider = RVGreport 2010, 301 = StRR 2010, 359 = RVGprofessionell 2010, 82; N. Schneider AGS-Kompakt 2011, 19; ders., DAR 2011, 488, 493; ders., DAR 2013, 431, 432; unzutreffend a.A. AG Lemgo AGS 2012, 335 = = RVGreport 2012, 346 = StRR 2012, 439). Voraussetzung dafür ist aber nach § 15 Abs. 2 RVG, dass die mehrfachen Einstellungen in verschiedenen Angelegenheiten erfolgen (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 135 f.; N. Schneider, jew. a.a.O.; vgl. die Fallgestaltung bei AG Düsseldorf, a.a.O. für Einstellung im vorbereitenden Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO und für nach Wiederaufnahme der Ermittlungen erfolgte Einstellung im gerichtlichen Verfahren und bei AG Osnabrück, AGS 2009, 113 m. zust. Anm. N. Schneider für mehrfache Einstellung nach § 154 StPO in derselben Angelegenheit). das hat jetzt nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG im Verhältnis von vorbereitendem Verfahren zum gerichtlichen Verfahren in § 17 Nr. 10a RVG erhebliche Bedeutung.

Beispiel 1 (entnommen Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV RVG Rn. 22):

RA R verteidigt den Beschuldigten im vorbereitenden Verfahren. Das Verfahren wird nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen dann aber wieder auf und erhebt Anklage. Im gerichtlichen Verfahren wird das Verfahren dann nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt. Kann R die Nr. 4141 VV RVG mehrfach abrechnen?

Lösung:

Beim vorbereitenden Verfahren und beim gerichtlichen Verfahren handelt es sich nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG gem. § 17 Nr. 10a um verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG (vgl. dazu auch Burhoff RVGreport 2014, 210; ders., RVGreport 2014, 290). Deshalb kann R die Nr. 4141 VV RVG zweimal abrechnen. Geht man mit der zur alten Rechtslage teilweise früher vertretenen Ansicht davon aus, dass es sich beim vorbereitenden Verfahren und beim gerichtlichen Verfahren um „dieselbe“ Angelegenheit handelt, greift § 15 Abs. 2 RVG ein und die Gebühr kann nur einmal abgerechnet werden (vgl. auch N. Schneider AGkompakt 2011, 19; ders., DAR 2013, 431, 432; zur früheren Rechtslage vgl. Burhoff, a.a.O., Teil A: Angelegenheiten [§§ 15 ff.], Rdn. 127 ff.).

Beispiel 2:

RA R verteidigt den Beschuldigten im vorbereitenden Verfahren. Das Verfahren wird nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen dann aber wieder auf, stellt das Verfahren jedoch erneut, nun nach § 154 Abs. 1 StPO ein. Die Wiederaufnahme erfolgte mehr als zwei Kalenderjahre nach der ersten Einstellung. Kann R die Nr. 4141 VV RVG mehrfach abrechnen.

Lösung

Bei dieser Konstellation kann R die Gebühr Nr. 4141 VV RVG auch zweimal abrechnen. Das folgt aus § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG. Es handelt sich nach Wiederaufnahme der Ermittlungen um eine neue Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG (vgl. dazu Burhoff RVGreport 2014, 291). Das hat zur Folge, dass nun die Nr. 4141 VV RVG mehrfach anfallen kann (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rdn. 135; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 14; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 23). Eine Anrechnung der Gebühren erfolgt nicht (LG Offenburg, JurBüro 1999, 82). Etwas anderes gilt, wenn das Verfahren z.B. nach § 205 StPO eingestellt worden wäre. Bei der Einstellung nach § 205 StPO handelt es sich nämlich nicht um eine endgültige Einstellung im obigen Sinne (LG München I, RVGreport 2013, 346 = AGS 2013, 406 = StRR 2013, 311).

 

c) „Wiederaufnahme“ des Verfahrens

Die o.a. Auffassung bzw. das o.a. Verständnis der Nr. 4141 VV RVG führt zudem dazu, dass eine einmal entstandene Gebühr Nr. 4141 VV RVG nicht durch nachfolgende Verfahrensvorgänge wieder wegfällt, sondern dem RA erhalten bleibt. Wird also z.B. das Strafverfahren gem. § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf ein anderes Verfahren (vorläufig) eingestellt, später aber von der Staatsanwaltschaft/dem Gericht wieder aufgenommen, fällt die durch die Mitwirkung des RA bei der vorläufigen Einstellung entstandene Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG nicht nachträglich wieder weg (s. auch § 15 Abs. 4; vgl. auch AG Tiergarten RVGreport 2014, 232 = VRR 2014, 160 = zfs 2014, 290 = StRR 2014, 276 = AGS 2014, 273; N. Schneider AGkompakt 2011, 19; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 25 ).

 

d) Anwendungsfälle der Nr. 1
aa) Anfall der Verfahrensgebühr

Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG findet Anwendung bei (vgl. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 39; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 16; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 27 ff.):

bb) Nichtentstehen der Verfahrensgebühr

Die Anwendung der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV kommt hingegen nicht in Betracht:

  • bei Einstellung nach § 153a StPO, solange die Auflage nicht erfüllt ist (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 40; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 16, 19; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG 31; inzidenter BGH RVGreport 2011, 385 = NJW 2011, 3166 = AGS 2011, 419 m. teilweise krit. Anm. N. Schneider = StRR 2011, 357 = VRR 2011, 358 = zfs 2011, 524 m. teilw. abl. Anm. Hansens = DAR 2011, 612 m. Anm. N.Schneider = JurBüro 2011, 584),
  • bei § 154d Satz 1 StPO,
  • bei §§ 154f, 205 StPO, und zwar auch dann nicht, wenn das Verfahren nicht wieder aufgenommen wird (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 26; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 17; zur Einstellung nach §§ 154f, 205 StPO Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. EV Rn. 1396, 1414 ff.).

 

cc) Sonderfall: Einstellung des Strafverfahrens und Abgabe an die Verwaltungsbehörde

In der Vergangenheit war die Frage, ob die Gebühr Nr. 4141 VV RVG auch anfällt, wenn das (Straf-) Verfahren eingestellt und anschließend das Verfahren gem. § 43 OWiG an die Verwaltungsbehörde abgegeben wird zur Durchführung eines Bußgeldverfahrens umstritten Sie wurde von der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (zutreffend) bejaht (vgl. dazu die Nachweise bei Burhoff RVGreport 2013, 330; ders., RVGreport 2014, 290; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 31). A.A. ist der BGH gewesen (RVGreport 2010, 70 m. abl. Anm. Burhoff = AGS 2010, 1 m. abl. Anm. N. Schneider = StRR 2010, 109 = JurBüro 2010, 132 m. abl. Anm. Kotz, JurBüro 2010, 228). Das 2. KostRMoG hat diese Streitfrage im Sinne der früher h.M. erledigt. In Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 ist nämlich das Wort „Verfahren“ durch „Strafverfahren“ ersetzt worden. Damit kann in diesen Fällen (wieder) die Nr. 4141 VV RVG abgerechnet werden (zur Übergangsregelung Burhoff, a.a.O., Teil A: Übergangsvorschriften [§ 60 f.], Rdn. 1925  ff.; Burhoff RVGreport 2013, 330 ff.). Geht man davon aus, dass es sich bei dieser Änderung lediglich um eine Klarstellung handelt, ist die Neuregelung auch in „Altfällen“ anwendbar (vgl. dazu Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern RVGreport 2013, 260).

dd) Sonderfall: Rücknahme der Anklage/des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls

Nach dem Wortlaut der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG entsteht diese für die Mitwirkung des RA bei einer Einstellung. Davon nicht erfasst sind die Fälle der Rücknahme der Anklage oder die Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls. Fraglich ist, ob die Vorschrift darauf analog angewendet werden kann. Davon kann jedoch nicht allgemein ausgegangen werden. Denn nicht jede Rücknahme der Anklage bzw. des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls beendet das Verfahren. Diese Rücknahmen können auch andere Gründe haben. Deshalb ist in diesen Fällen immer zu prüfen, ob die Rücknahme der Anklage oder die Rücknahme des Antrags auf Erlass des Strafbefehls mit einer „nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens“ i.S.d. Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 vergleichbar ist, die Staatsanwaltschaft das Verfahren also subjektiv endgültig beenden wollte. Ist das zu bejahen, führt die Mitwirkung des RA zu einer zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG (OLG Köln AGS 2010, 175 = JurBüro 2010, 362; zur BRAGO OLG Düsseldorf AGS 1999, 120; LG Aachen AGS 1999, 59; LG Düsseldorf JurBüro 2007, 83 [inzidente für Rücknahme des Strafbefehlsantrags nach ausgesetzter Hauptverhandlung]; LG Osnabrück AGS 1999, 136; AG Bad Urach RVGreport 2007, 272 = JurBüro 2007, 361 [ebenfalls inzidenter]; s. auch Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn. 35; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 114 f.; zur Frage, welche Gebühren bei Rücknahme eines Strafbefehls und anschließendem Neuerlass entstehen s. Schneider AGS 2006, 416 [auf jeden Fall eine zweite Verfahrensgebühr]). Es muss sich zudem um eine vollständige Rücknahme handeln. Auch die vollständige Rücknahme einer ersten Anklage und Neuerhebung einer neuen Anklage, in der die Vorwürfe aus der ersten Anklage nur noch zum Teil erhalten sind, führt nicht zur Nr. 4141 VV RVG wegen der teilweise nicht mehr verfolgten Vorwürfe (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O.; unzutreffend a.A. Brunner RENOpraxis 2012, 103).

3. Mitwirkung des Verteidigers

Für die vom Verteidiger im Hinblick auf die Förderung des Verfahrens zu erbringende Mitwirkung gelten keine Besonderheiten; es kann daher auf die (allgemeinen) Ausführungen bei Burhoff RVGreport 2015, 3 ff. verwiesen werden. Es reicht also jede Tätigkeit des Verteidigers aus, die geeignet ist, das Verfahren im Hinblick auf eine Erledigung durch Einstellung zu fördern (vgl. u.a. BGH RVGreport 2008, 431 = AGS 2008, 491 = JurBüro 2008, 639 = DAR 2009, 56 m. Anm. N. Schneider = StRR 2009, 77 m. zust. Anm. Burhoff; OLG Stuttgart AGS 2010, 202 = RVGreport 2010, 263 = VRR 2010, 320 = StRR 2010, 440 und die weiteren Rspr.-Nachweise bei Burhoff, a.a.O.). Ausreichend ist daher, dass der Verteidiger für seinen Mandanten eine (streitige) Einlassung abgegeben (LG Köln, StV 2004, 34 = AGS 2003, 544; a.A. AG Halle AGS 2007, 77, 85 m. abl. Anm. N. Schneider) oder er an einer Besprechung mit der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht über den Fortgang des Verfahrens teilgenommen hat. Ausreichend ist es auch, wenn er auf Verfahrenshindernisse hingewiesen hat (LG Baden-Baden AGS 2001, 38 = zfs 2001, 84 für Verjährung; a.A. AG Köln AGS 2010, 75 = JurBüro 2010, 137). Die bloße Einsicht in die Akten reicht hingegen nicht (aus neuerer Zeit AG Wiesbaden RVGreport 2014, 274 = AGS 2014, 64 = VRR 2014, 159 = StRR 2014, 276; s. auch Burhoff, a.a.O.).

4. Anwendung der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 RVG nach ausgesetzter Hauptverhandlung?

In der Praxis umstritten ist die – für die Praxis wichtige Frage – ob die Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG auch (noch) anfällt, wenn bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, Aussetzung erfolgt ist und dann das Verfahren noch eingestellt wird. Diese Frage ist grundsätzlich zu bejahen. Dass bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, steht dem Anfall der Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG nicht entgegen. Es ist nicht auf einen „erstenHauptverhandlungstermin und darauf abzustellen, dass eine Hauptverhandlung „überhaupt“ entbehrlich wird, sondern darauf, dass durch die Einstellung Vorbereitungszeit und Arbeitsaufwand bei der Justiz vermeiden wird (s. auch Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 39; Enders JurBüro 2006, 449). Deshalb kann auch die Vermeidung eines zweiten oder dritten Hauptverhandlungtermins zur Gebühr Nr. 4141 VV RVG führen sein (vgl. die nachfolgend bei den Beispielen zitierte Rechtsprechung). Denn auch insoweit gilt das für den grds. Anfall der Gebühr geltende „Entlastungsmoment“ aufseiten der Justiz (vgl. dazu Burhoff RVGreport 2015, 3 m.w.N.). Für diese Auslegung sprich im Übrigen auch, dass der RA für jeden Hauptverhandlungstermin eine eigenständige Gebühr verdient. Entsprechendes gilt, wenn ein zunächst anberaumter Hauptverhandlungstermin aufgehoben und verlegt wird und es dem Verteidiger dann noch gelingt, dass nun das das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung eingestellt wird (AG Wiesbaden, AGS 2005, 554 für die Rücknahme des Einspruchs im OWi-Verfahren nach Verlegung des Hauptverhandlungstermins).

Beispiel 3

Der RA verteidigt den Mandanten erst, nachdem bereits eine Hauptverhandlung, die ausgesetzt werden musste, stattgefunden hat. Dem Verteidiger gelingt es, dass das Verfahren nun noch außerhalb der Hauptverhandlung eingestellt wird.

Lösung:

Die Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG ist entstanden. Dass bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, ist unerheblich. Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG stellt nicht auf einen ersten Hauptverhandlungstermin ab. Vielmehr entsteht die Gebühr auch, wenn nach Aussetzung eines früheren Hauptverhandlungstermins ein neu angesetzter Termin entbehrlich wird (BGH NJW 2011, 3166 = AGS 2011, 419 m. teilweise zust. Anm. N. Schneider = RVGreport 2011, 385 = StRR 2011, 357 = VRR 2011, 358 = zfs 2011, 524 m. teilw. abl. Anm. Hansens = DAR 2011, 612 m. Anm. N.Schneider = JurBüro 2011, 584; OLG Bamberg StV 2007, 481 = AGS 2007, 138 = RVGreport 2007, 150  für Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV; OLG Hamm AGS 2008, 228 m. Anm. N. Schneider; LG Düsseldorf AGS 2007, 36 = JurBüro 2007, 83; LG Oldenburg RVGreport 2011, 337 = VRR 2011, 400 = AGS 2011, 598; LG Saarbrücken NStZ-RR 2001, 191 = StV 2001, 638; AG Dessau AGS 2006, 240; AG Köln AGS 2007, 621 = NZV 2007, 637; AG Tiergarten AGS 2007, 140 m. Anm. N. Schneider = VRR 2007, 130; zfs 2010, 288; AG Bad Urach JurBüro 2007, 361 = RVGreport 2007, 272, für Rücknahme des Strafbefehlsantrags nach ausgesetzter Hauptverhandlung; AG Wittlich AGS 2006, 500 = JurBüro 2006, 590; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 44; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 23; offen gelassen von KG, RVGprofessionell 2007, 79). Honoriert wird in diesem Fall, dass dieser neue Termin nicht vorbereitet und/oder nicht durchgeführt wird (s. auch Volpert BRAGOprofessionell 2003, 177).

Beispiel 4

Der RA verteidigt den Mandanten von Anfang an. Es findet eine Hauptverhandlung statt, die ausgesetzt werden muss. Dem Verteidiger gelingt es, dass das Verfahren nun noch außerhalb der Hauptverhandlung eingestellt wird.

Lösung:

Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG ist entstanden. Dass bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, ist unerheblich (vgl. die bei Bespiel 3 zitierte Rspr. und LG Bonn NStZ-RR 2002, 30; LG Frankfurt an der Oder AGS 2003, 26 = AnwBl. 2002, 662; LG Saarbrücken NStZ- RR 2001, 191 = StV 2001, 638; LG Verden StraFo 2004, 110 = AGS 2004, 196 = JurBüro 2005, 259; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 44 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 23; Burhoff JurBüro 2011, 287; unzutreffend a.A. LG Detmold RVGreport 2010, 107 m. abl. Anm. Burhoff = AGS 2009, 588 m. abl. Anm. Henke = NStZ-RR 2010, 64 = VRR 2010, 119; AG München JurBüro 2011, 26 m. zust. Anm. Mack und abl. Anm. Burhoff JurBüro 2011, 287; AGS 2010, 599 m. abl. Anm. N. Schneider = VRR 2011, 80 m. abl. Anm. Burhoff =).

Beispiel 4

Der RA verteidigt den Mandanten. In der Hauptverhandlung wird der Hauptverhandlungstermin unterbrochen und ein Fortsetzungstermin bestimmt. Es gelingt dem Verteidiger nun noch, eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen.

Lösung:

Nach h.M. (OLG Köln RVGreport 2006, 152 = AGS 2006, 339 m. zust. Anm. Madert; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 60; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4100 Rn. 23; Jungbauer, DAR 2008, 738) ist die Gebühr Nr. 4141 VV RVG nicht entstanden. Bei Unterbrechung und Fortsetzung sei „die Hauptverhandlung“ nicht entbehrlich i.S. der Nr. 1 geworden sei. Die Frage der Vermeidung der Hauptverhandlung könne nur einheitlich gesehen werden (OLG Köln, a.a.O.). Diese Auffassung ist, wenn man vom Sinn und Zweck der Nr. 4141 VV RVG ausgeht, nämlich die Mitwirkung des RA an der Entlastung der Justiz zu honorieren bzw. einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass ihm aufgrund seiner Mitwirkung eine Hauptverhandlungsgebühr entgeht, nicht folgerichtig/konsequent. Denn auch in diesen Fällen verliert der RA/Verteidiger die Terminsgebühr(en) für die weiteren Hauptverhandlungstermine; zudem tritt auch eine Entlastung der Justiz ein (wohl a.A. als die h.M. daher Reisert, Gebühren im Straf- und Bußgeldrecht, § 2 Rn. 206 ff.; kritisch auch Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 39).

II. Nichteröffnung des Verfahrens (Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 2 VV RVG)

 

1. Allgemeines

Nach Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 2 VV RVG entsteht eine zusätzliche Verfahrensgebühr auch dann, wenn das Gericht gem. § 204 Abs. 1 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt. Auch hier ist erforderlich, dass das Verfahren insgesamt nicht eröffnet wird. Wird das Verfahren also nur teilweise nicht eröffnet und wegen eines anderen Teil dann – ggf. bei einem Gericht niedrigere Ordnung – eröffnet, wo dann eine Hauptverhandlung stattfindet, ist das Verfahren nicht insgesamt – ohne Hauptverhandlung – erledigt (vgl. LG Bad Kreuznach RVGreport 2011, 226 = AGS 2011, 435 = RVGreport 2011, 226 = StRR 2011, 282). Die Gebühr entsteht auch, wenn das AG den Erlass eines Strafbefehls ablehnt, da nach § 408 Abs. 2 Satz 2 StPO diese ablehnende Entscheidung dem Beschluss gleichsteht, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist (a.A. mit unverständlicher Begründung AG Rosenheim RVGreport 2014, 470 = VRR 2014, 440 = AGS 2014, 553 = StRR 2014, 459).

Teilweise wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 2 VV RVG nicht entsteht (wieder wegfällt), wenn die Staatsanwaltschaft gegen die Nichteröffnung Beschwerde einlegt und das Beschwerdegericht das Verfahren eröffnet (LG Potsdam NStZ-RR 2013, 31 = AGS 2012, 564). Das ist jedoch unzutreffend. Zutreffend weist N. Schneider darauf hin (vgl. die abl. Anm. zu LG Potsdam, a.a.O.), dass das der Regelung für den Fall der Einstellung des Verfahrens widerspricht und dem auch der Sinn und Zweck der Vorschrift entgegensteht. Zudem widerspricht die Auffassung des LG Potsdam der Regelung in § 15 Abs. 4 RVG (s. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 24; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 43; vgl. auch AG Tiergarten RVGreport 2014, 232 = VRR 2014, 160 = zfs 2014, 290 = StRR 2014, 276 = AGS 2014, 273, wonach dann, wenn die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat, die dafür angefallenen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG nicht dadurch wieder wegfällt, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufnimmt).

 

2. Mitwirkung des Verteidigers

Der Verteidiger muss an der Nichteröffnung mitgewirkt haben. Für die Mitwirkung die allgemeinen Grundsätze (vgl. Burhoff RVGreport 2015, 3 m.w.N.). Auch in diesem Fall muss also keine besonders intensive Mitwirkung des Verteidigers festzustellen sein. Es reicht aus, wenn er für seinen Mandanten eine Einlassung abgegeben hat, wobei die Fortwirkung einer im vorbereitenden Verfahren abgegebenen Einlassung ausreicht. Der Verteidiger muss diese nicht im gerichtlichen Verfahren noch einmal wiederholen (vgl. im Übrigen oben I, 3). Die Gründe, die das Gericht zur Begründung seiner Nichteröffnungsentscheidung heranzieht, müssen auch  nicht identisch mit denen sein, die der Verteidiger vorgetragen hat (ähnlich LG Arnsberg JurBüro 2007, 82; vgl. das Beispiel bei Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 42).

III. Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl (Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG)

 

1. Begriff der Rücknahme

Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist grds., dass der RA den Einspruch gegen den Strafbefehl insgesamt zurücknimmt und damit das Verfahren insgesamt erledigt ist. Es gelten also die Ausführungen zur (Teil-) Einstellung entsprechend (s. oben I, 2). Das ergibt sich allein schon aus Sinn und Zweck der Vorschrift, die die vollständige Verfahrenserledigung honorieren will. Für das Entstehen reichen also weder eine Teilrücknahme noch die Beschränkung des Einspruchs auf einzelne Taten oder den Rechtsfolgenausspruch. Ausreichend ist es aber, wenn von mehreren Beschuldigten einer den Einspruch gegen (s)einen Strafbefehl zurücknimmt und damit das Verfahren gegen ihn endgültig erledigt ist. Dass das Verfahren gegen Mitbeschuldigte noch fortgesetzt werden muss, ist unerheblich.

 

2. Mitwirkung des Verteidigers

Für die Mitwirkung des Verteidigers bei der Erledigung des Verfahrens durch Rücknahme des Einspruchs gelten die allgemeinen Grundsätze zur Mitwirkung (vgl. Burhoff RVGreport 2015, 3). Besonders hohen Anforderungen an die Mitwirkung des Verteidigers werden nicht gestellt. Es reicht die Rücknahme des Einspruchs nach Rücksprache mit dem Angeklagten (LG Duisburg RVGreport 2006, 230 = AGS 2006, 234 für Berufung; AG Wiesbaden AGS 2003, 545 für den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid im OWi-Verfahren). Es muss auch nicht der Verteidiger die Rücknahme selbst erklären. Die Erklärung des Mandanten reicht au (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 63). Wie bei jeder Verfahrensgebühr (Vorbem. 4 Abs. 2 VV RVG) muss eine Beratung des Verteidigers nicht aktenkundig sein (LG Duisburg, a.a.O.; AG Braunschweig AGS 2000, 54).

3. Rücknahmezeitpunkt

Im Gegensatz zu Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG ist die Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl fristgebunden, wenn bereits ein Termin zur Hauptverhandlung anberaumt worden ist. Der Einspruch muss dann zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen werden (zur Fristberechnung eingehend AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 87 ff.; N. Schneider DAR 2007, 671). Entscheidend für die Fristwahrung ist der Eingang der Rücknahmeerklärung bei Gericht, nicht deren Abgabe. Ist die Frist versäumt oder hat der Verteidiger erst nach Ablauf der Frist von dem Hauptverhandlungstermin Kenntnis erlangt, kann er die Gebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG nur noch erhalten, wenn der Hauptverhandlungstermin jetzt noch nachträglich verlegt wird. Ggf. wird der Verteidiger das beantragen (müssen).

4. Rücknahme des Einspruchs nach Hauptverhandlung

Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG entsteht auch dann, wenn Hauptverhandlungstermin bereits anberaumt war, dann verlegt und dann der Einspruch nun noch unter Mitwirkung des Verteidigers innerhalb der Frist zurückgenommen wird (Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 51). Auch hier ist entscheidend, dass der jeweilige nächste Hauptverhandlungstermin vermieden wird. Es kommt – ebenso wie bei der Nr. 1 - nicht darauf an, dass die Hauptverhandlung „überhaupt“ vermeiden wird. Deshalb entsteht die Verfahrensgebühr, wenn nach einer ausgesetzten Hauptverhandlung nun noch unter Mitwirkung des Verteidiger – ggf. innerhalb der Frist – der Einspruch zurückgenommen wird (AG Bad Urach RVGreport 2007, 272 = JurBüro 2007, 361  für Rücknahme des Strafbefehlsantrags nach ausgesetzter Hauptverhandlung; s. auch die Rechtsprechungsnachweise oben bei I, 4). Für die „fortgesetzte Hauptverhandlung“ gelten die obigen Ausführungen bei I, 4 entsprechend.

5. Entsprechende Anwendung der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG

Die Frage, ob die Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG in den Fällen des § 411 Abs. 1 S. 3 VV RVG entsprechend angewendet werden kann ist durch die Neuregelung in der neuen Nr. 4 der Anm. 1 Satz 1 durch das 2. KostRMoG inzwischen gesetzlich geregelt (vgl. dazu unten VI.). Nicht geregelt ist aber nach wie vor die Frage, ob die Nr. 4141 VV RVG entsteht, wenn der RA nach Eröffnung des Hauptverfahrens noch daran mitwirkt, dass in das Strafbefehlsverfahren nach § 408a StPO übergegangen und somit eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Das ist zu in entsprechender Anwendung der Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV zu bejahen (vgl. AG Bautzen AGS 2007, 307 m. Anm. Holzauer; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 145; N. Schneider AGS 2011, 488, 493; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 53). Offen ist zudem auch immer noch die Frage, ob die Nr. 4141 VV RVG dann entsteht, wenn sich Verteidiger, Gericht und Staatsanwaltschaft über den Erlass eines Strafbefehls verständigen, der vom Mandanten anerkannt wird, sodass kein Einspruch eingelegt wird. Auch in diesen Fällen wird eine Hauptverhandlung vermieden, sodass vom Sinn und Zweck der Nr. 4141 Verteidiger ebenfalls eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu bejahen ist (Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 33; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG Rn. 54).

IV. Rücknahme der Berufung (Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG)

 

1. Allgemeines

Nach der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3  VV RVG verdient der Verteidiger im Berufungsverfahren die zusätzliche Gebühr, wenn er die Berufung zurücknimmt und es daher nicht (mehr) zu einer Hauptverhandlung im Berufungsverfahren kommt. Es kann allerdings auch im Berufungsverfahren die Verfahrensgebühr nach Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV (vgl. oben I ) entstehen, wenn das Gericht – ohne dass die Berufung zurückgenommen worden ist – das Verfahren nicht nur vorläufig einstellt. Nach Anm. 1 Satz 2 gilt die Nr. 3 für die Rücknahme der Privatklage entsprechend.

2. Begriff der Rücknahme

Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist grds., dass der RA die Berufung insgesamt zurücknimmt und damit das Verfahren insgesamt erledigt ist. Es gelten also die Ausführungen zur (Teil-)Einstellung (s. oben i, 2) und zur Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl (oben III.) entsprechend. Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist also, dass der RA die Berufung insgesamt zurücknimmt und damit das Verfahren insgesamt erledigt ist. Für das Entstehen reichen also weder eine Teilrücknahme noch die Beschränkung der Berufung auf einzelne Beschwerdepunkte oder den Rechtsfolgenausspruch. Ausreichend ist es aber für das Entstehen der Gebühr im Berufungsverfahren, wenn von mehreren Angeklagten einer seine Berufung zurücknimmt und damit das Verfahren gegen ihn endgültig erledigt ist. Dass das Verfahren gegen Mitbeschuldigte noch fortgesetzt werden muss, ist unerheblich (Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 57).

3. Mitwirkung des Verteidigers

Für die Mitwirkung des Verteidigers bei der Rücknahme der Berufung gelten die allgemeinen Grundsätze/Regeln (vgl. Burhoff RVGreport 2015, 3 m.w.N.). Die Gebühr entsteht im Übrigen auch dann, wenn das Berufungsverfahren noch nicht beim Rechtsmittelgericht anhängig ist und dann schon die Berufung zurück genommen wird (Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 58; zum Beginn des Berufungsverfahrens s. Nr. 4124 VV Rdn. 3 ff.). Anders als im Revisionsverfahren bedarf es einer bereits erfolgten Vorlage der Verfahrensakten an das für das Rechtsmittel zuständige Gericht nicht (OLG Celle RVGreport 2014, 155 = AGS 2014, 125 = = VRR 2014, 199 = JurBüro 2014, 241 = StraFo 2014, 219 = StRR 2014, 275). Es sind auch bei der Nr. 3 keine besonders hohen Anforderungen an die Mitwirkung des Verteidigers zu stellen (Burhoff RVGreport 2015, 3). Auf die Ausführungen zur Mitwirkung bei der Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl wird verwiesen (vgl. III, 2).

Geht es um die Rücknahme der Berufung eines anderen Verfahrensbeteiligten, muss der Verteidiger an dessen Rücknahme mitgewirkt haben (OLG Köln RVGreport 2009, 348 = StraFo 2009, 175 = AGS 2009, 271 = StRR 2010, 40; zur Geltung der Vorschrift für den Verteidiger auch in diesen Fällen LG Freiburg AGS 1997, 55 = StV 1997, 617; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 122; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 35^; Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 58). Das ist z.B. der Fall, wenn er durch zivilrechtliche Zahlungsversprechen den Nebenkläger/Geschädigten zur Rücknahme seiner Berufung bewegt oder er Ausführungen macht, die zur Förderung einer Verfahrenseinstellung geeignet erscheinen, worauf dann z.B. die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel zurücknimmt (LG Köln AGS 2007, 351 = StraFo 2007, 305; LG Stralsund RVGreport 2005, 272 = AGS 2005, 442 [für OWi-Verfahren]). Nach Auffassung des LG Dresden (RVGreport 2010, 69 = AGS 2010, 131 = StRR 2010, 239) liegt anwaltliche Mitwirkung bei Rücknahme des Rechtsmittels durch die Staatsanwaltschaft auch dann vor, wenn der RA durch seine erfolgreiche Revisionseinlegung darauf hingewirkt hat, dass die Berufungsentscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das LG zurückverwiesen wurde, wo dann die Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurücknimmt (a.A. OLG Dresden RVGreport 2011, 23 = AGS 2011, 66 = VRR 2011, 38).

4. Rücknahmezeitpunkt

Die Rücknahme der Berufung ist, wenn bereits ein Termin zur Hauptverhandlung anberaumt worden ist, fristgebunden. Sie muss dann zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen werden. Es gelten insoweit die Ausführungen bei III, 3 entsprechend. Nach Auffassung des LG Dresden (RVGreport 2010, 69 = AGS 2010, 131 = StRR 2010, 239) gilt die Frist in Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 VV RVG nur für die Rücknahme der Berufung des Angeklagten, nicht aber auch für die Berufungsrücknahme durch die Staatsanwaltschaft (a.A. OLG Dresden RVGreport 2011, 23 = AGS 2011, 66 = VRR 2011, 38 unter Hinweis auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift).

Offen ist die Frage, wie die Fälle zu lösen sind, in denen so kurzfristig terminiert wird, dass die Zweiwochen-Frist überhaupt nicht eingehalten werden kann, weil zwischen Terminierung und Hauptverhandlungstermin keine zwei Wochen Zeit bleiben. Soll der RA, wenn er dann noch die Berufung zurücknimmt, dann nicht die Nr. 4141 VV RVG erhalten? M.E. wird man zumindest in den Fällen „teleologisch“ auf die Einhaltung der 2-Wochen-Frist verzichten müssen (s. auch Burhoff RVGreport 2011, 23 in der Anm. zu OLG Dresden, a.a.O.). Man kann nicht die Einhaltung einer Frist, die gar nicht einzuhalten ist, als Voraussetzung für das Entstehen der Verfahrensgebühr aufrechterhalten (ähnlich AG Saarbrücken, AGS 2009, 324).

5. Rücknahme der Berufung nach Hauptverhandlung 

Auch im Berufungsverfahren kommt es nicht darauf an, ob überhaupt eine Hauptverhandlung vermieden worden ist. Vielmehr entsteht die Gebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG auch, wenn bereits eine Berufungshauptverhandlung stattgefunden hat, die ausgesetzt wurde, und die neu anzuberaumende Hauptverhandlung entbehrlich wird, weil der Verteidiger die Berufung früher als zwei Wochen vor dem Beginn der neuen Hauptverhandlung zurückgenommen hat (zutreffend OLG Bamberg RVGreport 2007, 150 = AGS 2007, 138 = RVGprofessionell 2007, 66; OLG Hamm AGS 2008, 228 m. Anm. N. Schneider; AG Dessau AGS 2006, 240; AG Tiergarten AGS 2007, 140; AG Wittlich AGS 2006, 500 = JurBüro 2006, 590; wegen weiterer Nachw. – auch zur teilweise vertretenen a.A. – s. oben I, 4). Auch hier ist immer auf die „nächste Hauptverhandlung“ abzustellen.

 

V. Rücknahme der Revision (Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG)

 

1. Allgemeines

Nach der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3  VV RVG verdient der Verteidiger die zusätzliche Gebühr auch, wenn er die Revision zurücknimmt und es daher nicht (mehr) zu einer Hauptverhandlung im Revisionsverfahren kommt. Es kann allerdings auch im Revisionsverfahren die Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG (vgl. oben I) entstehen, wenn das Revisionsgericht – ohne dass die Revision zurückgenommen worden ist – das Verfahren nicht nur vorläufig einstellt. Dazu ist es z.B. im Fall des § 153 StPO befugt, nicht aber nach § 153a StPO.

 

2. Begriff der Rücknahme

Für die Rücknahme gelten die Ausführungen zur Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl (oben II, 2) und zur Rücknahme der Berufung (oben III. ) entsprechend. Voraussetzung für das Entstehen der Gebühr ist also auch im Revisionsverfahren, dass durch die Rücknahme der Revision das Verfahren gegen den jeweiligen Angeklagten insgesamt erledigt ist (zur bestehenden Beweispflicht der Staatskasse ausdrücklich KG AGS 2009, 324).

 

3. Mitwirkung des Verteidigers

Für die Mitwirkung des Verteidigers gelten ebenfalls die allgemeinen Grundsätze (vgl. Burhoff RVGreport 2015, 3). Es werden also bei der Rücknahme der Revision ebenfalls keine besonders hohen Anforderungen an die Mitwirkung des Verteidigers gestellt (s. oben I, 2)). Es gelten die Ausführungen zur Rücknahme der Berufung entsprechend. Die Mitwirkung des Verteidigers muss sich für das Entstehen der Verfahrensgebühr nicht aus den Akten ergeben (OLG Düsseldorf RVGreport 2006, 67 = AGS 2006, 124 m. zust. Anm. Schneider). Es ist also keine Tätigkeit gegenüber dem Revisionsgericht erforderlich. Insbesondere ist es auch nicht erforderlich, dass der Verteidiger sich inhaltlich mit dem Verfahren beschäftigt und er sich (eingehend) mit dem Mandanten über die Erfolgsaussichten der Revision beraten hat (so aber LG Göttingen AGS 2006, 181). Der Umfang der Mitwirkung kann – wie bei allen anderen Alternativen der Anm. 1 Satz 1 – gering sein. Allein durch das Abraten, Rechtsmittel einzulegen, entsteht die Gebühr allerdings wohl nicht (OLG Nürnberg RVGreport 2009, 464Rpfleger 2009, 645 = VRR 2009, 399StRR 2010, 115; StRR 2010, 443 [Ls.]; s. aber auch AG Tiergarten AGS 2010, 220 = RVGreport 2010, 140 = StRR 2010, 400). Der Verteidiger sollte in den Fällen der Revisionsrücknahme seine „Mitwirkung“ an der Rücknahme bei Geltendmachung der Gebühr ausdrücklich und möglichst ausführlich darlegen. Die Gebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG ist keine bloße Rücknahmegebühr, sondern erfordert schon Tätigkeiten, die zur Rücknahme der Revision durch den Mandanten geführt haben. Diese muss der Verteidiger aufführen (OLG Hamm StraFo 2006, 433 = AGS 2006, 600 = JurBüro 2007, 30).

 

4. Rücknahmezeitpunkt

Die Rücknahme der Revision ist, wenn bereits ein Termin zur (Revisions-) Hauptverhandlung anberaumt worden ist, fristgebunden. Es gelten insoweit die Ausführungen bei III, 3 und IV, 4 entsprechend.

 

5. Weitere Voraussetzungen?

In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob im Fall der Rücknahme der Revision noch weitere Voraussetzungen für das Entstehen der Gebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG vorliegen müssen. Der Streitstand lässt sich wie folgt zusammenfassen (vgl. auch Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV RVG VV Rn. 66 ff.):

  • Nach wohl überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung der OLG wird angenommen, dass es für das Entstehen der Gebühr erforderlich sein soll, dass der Revisionshauptverhandlungstermin anberaumt ist bzw. zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre – „nahe gelegen hat“ –, wenn nicht die Revision zurückgenommen worden wäre (s. KG, 04.05.2006 – 4 Ws 57/06, www.burhoff.de; OLG Brandenburg AGS 2007, 403 = JurBüro 2007, 484; OLG Braunschweig Nds.Rpfl. 2012, 42; OLG Düsseldorf JurBüro 2008, 85; OLG Hamburg RVGreport 2008, 340; OLG Hamm [4. Strafsenat] StraFo 2006, 474 = AGS 2006, 548 = JurBüro 2006, 591 = NStZ-RR 2007, 160; OLG Jena, Beschl. v. 30.11.2006 – 1 Ws 254/06; OLG Koblenz, Beschl. v. 15.05.2008 – 1 Ws 229/08; OLG Köln AGS 2008, 447 = RVGreport 2008, 428 = StRR 2009, 239; OLG München NStZ-RR 2013, 64 = AGS 2013, 174 = StRR 2012, 403 [Ls]; grds. OLG Naumburg AGS 2013, 521 = VRR 2013, 479 = StRR 2014, 79; OLG Rostock JurBüro 2012, 301 [LS]; OLG Saarbrücken JurBüro 2007, 28 m. abl. Anm. Madert; OLG Stuttgart AGS 2007, 402 = RVGreport 2007, 190 = StRR 2007, 78; OLG Zweibrücken AGS 2006, 74 m. abl. Anm. Schneider; JurBüro 2007, 28; LG Potsdam JurBüro 2013, 586 = RVGreport 2014, 71 = AGS 2014, 17 [für den Sonderfall der Beendigung des Revisionsverfahrens durch Einstellung wegen Todes des Mandanten]). Davon soll z.B. nicht ausgegangen werden können, wenn die Zurücknahme vor Abfassung des schriftlichen Urteils und vor Vorlage der Sache an das Revisionsgericht erklärt worden ist (OLG Oldenburg NStZ-RR 2011, 96 = JurBüro 2011, 254 [Ls]). Diese Auffassung ist abzulehnen. Sie steht nicht im Einklang mit dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG und ist offensichtlich von rein fiskalischen Erwägungen getragen (abl. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 132 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 38 f.).
  • Nicht so stark vertreten ist in der Rechtsprechung der OLG, wie z.B. KG (vgl. RVGreport 2005, 352 = AGS 2005, 434 m. Anm. Schneider = JurBüro 2005, 533), OLG Bamberg, Beschl. v. 22.03.2006 – 1 Ws 142/06, www.burhoff.de; OLG Braunschweig RVGreport 2006, 228 = AGS 2006, 232; OLG Hamm [2. Strafsenat] StraFo 2006, 433 = AGS 2006, 600 = JurBüro 2007, 30); OLG München, Beschl. v. 11.02.2008 – 4 Ws 008/08 [K]; NStZ-RR 2013, 64 = AGS 2013, 174 = StRR 2012, 403 [Ls]); OLG Nürnberg StRR 2010, 443 [Ls.]) die Auffassung, wonach die Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG im Revisionsverfahren nicht entstehen soll, wenn die Revision nicht zumindest bereits begründet worden war. Dann sei eine „Mitwirkung“ des Verteidigers nicht feststellbar. Auch diese Auffassung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung, die das Entstehen der Gebühr nicht an zusätzliche Bedingungen knüpft.
  • Zutreffend, weil mit dem weitere Umstände für das Entstehen der Verfahrensgebühr nicht voraussetzenden Wortlaut übereinstimmend, ist die (Minder) Auffassung des OLG Düsseldorf (RVGreport 2006, 67 = AGS 2006, 124 m. zust. Anm. N. Schneider) und des LG Hagen (RVGreport 2006, 229 = AGS 2006, 232). Danach ist weder die bevorstehende Terminierung einer Revisionshauptverhandlung erforderlich noch die Begründung der Revision (s. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 98 ff.). Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV kann allerdings nicht damit begründet werden, dass das Revisionsgericht möglicherweise das tatrichterliche Urteil aufgehoben und an das Tatgericht zurückverwiesen hätte und in der Folgezeit dort ggf. eine neue Hauptverhandlung stattgefunden hätte, die durch die Rücknahme des Rechtsmittels nun entfällt (OLG München NStZ-RR 2013, 64 = AGS 2013, 174 = StRR 2012, 403 [Ls]).

Der vorstehend dargestellte Streit hat keine Bedeutung, wenn es um die Rücknahme des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft geht. Dann entsteht die zusätzliche Gebühr, wenn der Verteidiger zu der Revision(sbegründung) der Staatsanwaltschaft bereits Stellung genommen hatte; da im Fall der Revision der Staatsanwaltschaft i.d.R. eine Hauptverhandlung stattfindet (KG AGS 2009, 324). Allerdings haben in dem Fall die mit der „Mitwirkung“ zusammenhängenden Fragen stärkere Bedeutung

IV. Verfahrensbeendigung durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO (Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 4 VV RVG)

 

1. Allgemeines

Nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG ist in der neuen Nr. 4 der Anm. 1 zu Nr. 4141 VV RVG geregelt, dass dem Verteidiger, der nach Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf die Tagessatzhöhe an der Zustimmung des Mandanten zur Entscheidung ohne Hauptverhandlung im schriftlichen Verfahren mitwirkt und wenn das Verfahren dann durch Beschluss endet, eine zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV zusteht (vgl. dazu Burhoff StRR 2013, 84 = VRR 2013, 287; ders., RVGreport 2013, 330; s. auch früher schon in der Literatur u.a. Gerold/Schmidt/Burhoff, [20. Aufl.] VV 4141 Rn. 30; AnwKomm-RVG/N. Schneider, [6. Aufl.] VV 4141 Rn. 130 ff.; N. Schneider AnwBl. 2006, 274; Soujon zfs 2007, 661 und teilweise auch die Rechtsprechung, vgl. AG Darmstadt, AG 2008, 344 = VRR 2008, 243 [Ls.] = StRR 2008, 243 [Ls.]; AG Köln AGS 2008, 284 = RVGreport 2008, 226 = StRR 2008, 240 = VRR 2008, 239; a.A. OLG Frankfurt am Main RVGreport 2008, 428 = AGS 2008, 487 = VRR 2009, 80 = StRR 2009, 159; OLG Hamm NStZ-RR 2008, 360 [Ls.]).

 

2. Mitwirkung des Verteidigers

Für die Mitwirkung des Verteidigers gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. dazu Burhoff RVGreport 2015, 3). Es werden also an den Umfang seiner Mitwirkung an der Beendigung des Verfahrens durch Beschluss nach § 411 Abs. 1 Satz 3 StPO keine besonders hohen Anforderungen gestellt (s. auch oben I, 3). Es gelten im Übrigen die Ausführungen zur (Teil-) Einstellung (s. I, 2) entsprechend. Voraussetzung für das Entstehen der Verfahrensgebühr nach Nr. 4 ist also grds., dass das Verfahren insgesamt erledigt ist.


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