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aus RVGreport 2016, 2

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport 2016" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport 2016" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Anwaltsvergütung für Tätigkeiten im sog. Klageerzwingungsverfahren

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

Der Beitrag setzt die Reihe fort, in der wir die Vergütungsfragen zu bestimmten Verfahren(sarten) vorstellen (vgl. u.a. zu Verkehrsstrafsachen RVGreport 2015, 282; zu Bußgeldverfahren RVGreport 2015, 362; zu Schwurgerichtsverfahren RVGreport 2015, 362). Die nachfolgenden Ausführungen behandeln die Anwaltsvergütung im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung/Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO) (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl., 2015, Rn. 2370 ff. Burhoff/Kotz (Hrsg.), Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2013, Teil B Rn. 589 ff.).     .

I. Allgemeines

Bei der Abrechnung anwaltlicher Tätigkeiten im sog. Klageerzwingungsverfahren ist zu unterscheiden zwischen dem Vertreter des Antragstellers (II.) und dem Vertreter/Verteidiger des Beschuldigten (vgl. dazu III.). Außerdem kommt es darauf an, ob der RA jeweils bereits (schon) den Auftrag zur vollen Vertretung/Verteidigung erhalten hatte, oder ob er im Rahmen einer Einzeltätigkeit tätig geworden ist (Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG).

II. Rechtsanwalt des Antragstellers im Klageerzwingungsverfahren:

1. Voller Auftrag

Soll der RA für den Antragsteller nicht nur im Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO tätig werden, sondern hat von vornherein den vollen Auftrag den Antragsteller als Verletzten, der sich ggf. einer erhobenen Anklage als Nebenkläger anschließen will, zu vertreten, gilt Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG (Burhoff/Volpert, RVG 4. Aufl., Nr. 4301 VV Rn. 26; AnwKomm-RVG/N. Schneider, 7. Aufl., VV 4301 Rn. 23; Burhoff RVGprofessionell 2014, 216). Der RA ist dann Vertreter eines Verletzten/Nebenklägers und rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab (Burhoff RVGprofessionell 2014, 216). Wird der RA dem Antragsteller im (gesamten) vorbereitenden Verfahren als Beistand bestellt (§ 172 Abs. 3 Satz 2 (vgl. Burhoff, RM, Teil B Rn. 700), fallen keine Gebühren für Einzeltätigkeiten an (vgl. zu denen II, 2), sondern die Abrechnung erfolgt nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG (OLG Stuttgart RVGreport 2008, 383 = Justiz 2008, 229 = Rpfleger 2008, 441 = StRR 2008, 359). In Betracht kommt dann auch die Gewährung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.).

Für den RA/Vertreter entstehen im Klageerzwingungsverfahren

  • die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG,
  • die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren Nr. 4104 VV RVG.

Für diese Gebühren gelten die allgemeinen Regeln, was insbesondere auch hinsichtlich der Abgeltungsbereiche der Gebühren gilt (zur Grundgebühr allgemein Burhoff RVGreport 2014, 42 m.w.N.; zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 34 ff.).

Weitere Gebühren entstehen für diesen RA als Vertreter des Antragstellers für seine Tätigkeit im Klageerzwingungsverfahren nicht. Dieses ist mit dem Beschluss nach § 175 StPO beendet. Die vom OLG beschlossene Erhebung der Anklage wird von der Staatsanwaltschaft durchgeführt (§ 175 Satz 2 StPO). Das vorbereitende Verfahren ist erst mit dem Eingang der Anklage beim Gericht beendet (vgl. Anm. zu Nr. 4104 VV RVG; s. auch Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4104 VV Rn. 4 ff.). Erst dann entsteht ggf. die gerichtliche Verfahrensgebühr.

2. Einzeltätigkeit

a) Einstellungsbeschwerde

Hat der RA nicht den vollen Auftrag erhalten, sondern wird für den Antragsteller nur im Rahmen von Einzeltätigkeiten tätig, gilt Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG (Burhoff RVGprofessionell 2015, 14). Es fallen dann ggf. folgende Gebühren an:

  • Soll der RA nur die sog. Einstellungsbeschwerde (§ 172 Abs. 1 StPO) einlegen, entsteht dafür die Verfahrensgebühr Nr. 4302 Ziff. 1 VV RVG (Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4301 Rn. 26; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4301 Rn. 23, Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 22. Aufl. 2015, VV 4301 Rn. 17).
  • Soll der RA die Einstellungsbeschwerde (§ 172 Abs. 1 StPO) ggf. (auch) begründen, entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 4302 Nr. 2 VV RVG.
  • Ist der RA mit der Beistandsleistung im Einstellungsbeschwerdeverfahren beauftragt, entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 4302 Ziff. 3 VV RVG (Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 4301 VV Rn. 27).

Hinsichtlich der Frage, welche Gebühren entstehen, wenn dieser RA von vornherein gleichzeitig mit der Beschwerdeeinlegung und -begründung beauftragt wird bzw. die Aufträge nacheinander erteilt werden, gelten die allgemeinen Regeln (vgl. dazu Burhoff/Kotz, RM, Teil B, Rdn. 168). Es handelt sich jeweils um selbstständige Angelegenheiten (Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 4301 VV Rn. 29 m.w.N.). Es gilt über Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG § 15 Abs. 6 RVG (Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4. 3 VV Rn. 69 ff. m.w.N.).

Weitere Gebühren entstehen nicht. Das gilt insbesondere für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Diese entsteht nicht zusätzlich (OLG Düsseldorf AGS 2009, 14 = AnwBl. 2009, 312; OLG Köln RVGreport 2007, 306 = NStZ-RR 2007, 287 = AGS 2007, 452; OLG Schleswig StV 2006, 206 = RVGreport 2005, 70 = JurBüro 2005, 252).

b) Klageerzwingungsverfahren

Erhält der RA den Auftrag, den Antragsteller nach einer erfolglosen Einstellungsbeschwerde auch im eigentlichen Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 bis 4 StPO zu vertreten, entsteht dafür eine Verfahrensgebühr Nr. 4301 Ziff. 5 VV RVG (Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4301 VV Rn. 26; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 4.3. Rn. 24; Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 4301 VV Rn. 27). Diese Verfahrensgebühr deckt im Verfahren nach § 172 Abs. 2 bis 4 StPO sämtliche vom RA erbrachte Tätigkeiten ab. Das können sein Erstellung, Unterzeichnung und Einreichung des Klageerzwingungsantrags, Beratung des Antragstellers im weiteren Verfahren und sonstige Beistandsleistungen, wie z.B. bei gerichtlichen Ermittlungen (Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 4301 VV Rn. 27; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4301 Rn. 27).

Die Verfahrensgebühr Nr. 4301 Ziff. 5 VV RVG kann, wenn der RA zunächst auch mit der Einstellungsbeschwerde beauftragt war (vgl. dazu II, 2 a) neben der der Verfahrensgebühr Nr. 4302 Nr. 1 VV RVG entstehen. Es handelt sich um unterschiedliche Angelegenheiten i.S. des § 15 RVG (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV 4301 Rn. 17 m.w.N.). Über Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG gilt aber § 15 Abs. 6 RVG. In jeder Angelegenheit kann dann auch die Nr. 7002 VV RVG entstehen (vgl. die Anm. zu Nr. 7002 VV RVG). Erhält der RA später den vollen Auftrag, den Antragsteller im Strafverfahren zu vertreten (vgl. II, 1), gilt Vorbem. 4.3 Abs. 4 RVG. Die für die Einzeltätigkeit erhaltenen Gebühren werden angerechnet (vgl. dazu Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.3 VV Rn. 39).

Auch hier entstehen keine weiteren Gebühren, was insbesondere für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG gilt (OLG Düsseldorf AGS 2009, 14 = AnwBl. 2009, 312; OLG Köln RVGreport 2007, 306 = NStZ-RR 2007, 287 = AGS 2007, 452; OLG Schleswig StV 2006, 206 = RVGreport 2005, 70 = JurBüro 2005, 252).

III. Rechtsanwalt als Verteidiger des Beschuldigten im Klageerzwingungsverfahren

1. Voller Auftrag

Hat der RA von vornherein den vollen Auftrag, den Beschuldigten im Ermittlungsverfahren zu verteidigen, gilt Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG (Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4301 VV Rn. 26; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4301 Rn. 23; insoweit zutreffend OLG Koblenz RVGreport 2014, 397 = StRR 2014, 511 = RVGprofessionell 2014, 208). Der RA ist dann (Voll) Vertreter eines Verletzten/Nebenklägers und rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab. Für ihn entstehen die Gebühren, die auch für den Vertreter des Antragstellers entstehen, wenn ihm der volle Auftrag erteilt ist (vgl. dazu o. III, 1). Die erbrachten Tätigkeiten werden also - ebenso wie z.B. Tätigkeiten des Verteidigers in einem Beschwerdeverfahren (vgl. dazu Burhoff RVGreport 2012, 12) - durch die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren Nr. 4104 VV RVG mitabgegolten (s. auch noch vgl. auch Burhoff StRR 2012, 172 und RVGreport 2013, 213, ders., RVGprofessionell 2015, 33; ders., RVGreport 2014, 397 in der Anm. zu OLG Koblenz, a.a.O.).

Hat die Tätigkeit des Verteidigers im Klageerzwingungsverfahren zu einem Mehraufwand des Verteidigers geführt, was i.d.R. der Fall sein dürfte, ist, wenn bei Ablehnung des Antrags eine Kostenentscheidung zugunsten des Beschuldigten ergangen ist (§ 175 StPO) die sog. Differenztheorie anzuwenden und einmal die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG mit Klageerzwingungsverfahren und einmal ohne Klageerzwingungsverfahren zu ermitteln. Der insoweit entstehende Differenzbetrag ist vom Antragsteller zu erstatten (Burhoff RVGprofessionell 2015, 33; insoweit lückenhaft OLG Koblenz, a.a.O.).

2. Einzeltätigkeit

Hat der RA nicht den vollen Auftrag, den Beschuldigten im Ermittlungsverfahren als Verteidiger zu verteidigen, sondern soll er im Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 bis 4 StPO nur Beistand leisten, entsteht für diese Beistandsleistung nur die Verfahrensgebühr Nr. 4301 Ziff. 5 VV RVG (Burhoff/Volpert, RVG, Nr. 4301 VV Rn. 26; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV Vorb. 4.3. Rn. 25; Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 4301 VV Rn. 27). Diese Verfahrensgebühr deckt sämtliche vom RA im Verfahren nach § 172 Abs. 2 bis 4 StPO für den Beschuldigten erbrachte Tätigkeiten ab. Das können sein Abgabe einer Erklärung nach § 173 Abs. 2 StPO oder sonstige Beistandsleistungen, wie z.B. bei gerichtlichen Ermittlungen (Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 4301 VV Rn. 27; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4301 Rn. 25 f.).

Erhält der RA später den vollen Auftrag, den Beschuldigten im Strafverfahren zu verteidigen, gilt Vorbem. 4.3 Abs. 4 RVG. Die für die Einzeltätigkeit erhaltenen Gebühren werden angerechnet (vgl. dazu Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.3 VV Rn. 73).

Bei mehreren Einzeltätigkeiten ist auf die Beschränkung der Vorbem. 4.3 Abs. 3 Satz 2 VV RVG i.V.m. § 15 Abs. 6 RVG, zu achten.

Auch hier entstehen keine weiteren Gebühren, was insbesondere für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG von Bedeutung ist (OLG Düsseldorf AGS 2009, 14 = AnwBl. 2009, 312; OLG Köln RVGreport 2007, 306 = NStZ-RR 2007, 287 = AGS 2007, 452; OLG Schleswig StV 2006, 206 = RVGreport 2005, 70 = JurBüro 2005, 252).


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