aus StRR 2015, 8
(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "StRR" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "StRR" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)
von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Durch das "Gesetz zur Änderung des TKG und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft v. 20.06.2013" (BGBl I, S. 1602) ist § 100j in die StPO eingefügt worden. Die nachfolgenden Ausführungen stellen diese neue Regelung vor.
Geregelt wird in § 100j StPO die sog. Bestandsdatenauskunft. Erfasst wird also die Abfrage von Bestandsdaten, nicht die von Verkehrsdaten. Für Verkehrsdaten gilt § 100g (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 100j Rn. 1; Eschelbach in: SSW-StPO, § 100j Rn. 1). Die Regelung in § 100j war aufgrund des BVerfG, Beschl. v. 24. 1. 2012 (1 BvR 1299/05, NJW 2012, 1419), der die Regelung des § 113 Abs. 1 Satz. 2 TKG a.F. als verfassungswidrig angesehen hatte, erforderlich geworden (zur Neuregelung Bär MMR 2013, 700; Dalby CR 2013, 361; Hauck StV 2014, 360; zur verfassungsrechtlichen Erforderlichkeit der Regelung SSW-Eschelbach, § 100j Rn. 2 ff.).
Hinweis:
Die Regelung, deren Bedeutung mit Zunahme der modernen Kommunikation erheblich ist (vgl. SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 5), ist am 01.07.2013 in Kraft getreten.
Die sachlichen Voraussetzungen der Bestandsdatenabfrage werden in § 100j Abs. 1 StPO geregelt. Danach darf, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten erforderlich ist, von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des TKG erhobenen Daten verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 TKG). Damit korrespondiert die Übermittlungspflicht des Anbieters in § 100j Abs. 5 StPO. Dieser ist verpflichtet, auf Grund eines Auskunftsverlangens, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich zu übermitteln. § 100j Abs. 1 Satz 1 StPO sieht eine allgemeine Informationsbeschaffungsbefugnis vor. Abs. 1 Satz 2 regelt die Erfassung von Zugangssicherungscodes (s. dazu II, 3).
Hinweis:
Nicht geregelt ist der Zugriff auf extern gespeicherte Daten, wie z.B. einer Cloud. Der heimliche Zugriff auf dort abgelegte/gespeicherte Daten ist also weiterhin unzulässig (SSW-Eschelbach, § 110j Rn. 10; Dalby CR 2013, 361, 368; Wicker MMR 2014, 298; a.A. offenbar Meyer-Goßner/Schmitt, § 110j Rn. 3). Zu Recht weist SSW-Eschelbach (a.a.O.) darauf hin, dass der heimliche Zugriff auf Datenwolken oder ähnliche externe Speichermöglichkeiten einer unzulässigen Online-Durchsuchung (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. 2068) nahe käme.
Nach Abs. 1 S. 1 muss derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, auf Verlangen der Ermittlungsbehörde eine Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 TKG) erteilen (BT-Drucks. 17/12034 S. 11 f.). Erfasst werden also folgende Bestandsdaten (vgl. auch Hauck StV 2014, 360, 361):
Für die Abfrage/Auskunft gelten folgende Voraussetzungen: Eine besondere Eingriffsschwelle, wie z.B. eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ist nicht vorgesehen. Auch setzt die Abfrage/Auskunft keine besondere Tatverdachtsdichte voraus. Ein einfacher Anfangsverdacht reicht aus (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 4; zum Anfangsverdacht Burhoff, EV, Rn. 344). Die Anfrage muss (nur) für die Erforschung des Sachverhaltes oder für die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten erforderlich sein. Eine darüber hinausgehende Subsidiaritätsklausel enthält die Vorschrift nicht. Sie ist damit ebenso ausgestaltet wie die Erfassung von Verkehrsdaten in § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn. 422).
Es gilt aber der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Abfrage/Auskunft muss also im Einzelfall zur Erreichung des Ermittlungszwecks geeignet und erforderlich sein. Der Eingriff in die Grundrechtsposition des Betroffenen muss in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Informationsbeschaffungsmaßnahme und dem Gewicht des strafrechtlichen Vorwurfs stehen, der aufgeklärt werden soll (SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 7). Insoweit hat die dem Verfahren zugrunde liegende Straftat dann doch Bedeutung. Zu berücksichtigen ist auch, dass die konkrete Bestandsdatenauskunft für sich genommen verhältnismäßig sein kann, sie aber im Rahmen einer aus einer Vielzahl von Informationsbeschaffungsmaßnahmen bestehenden weitreichenden Überwachung der Person unverhältnismäßig sein/werden kann (Stichwort: Totalüberwachung; SSW-Eschelbach, a.a.O.).
Hinweis
Die Vorschrift bezieht sich auch auf (nicht beschuldigte) Dritte, es sei denn, es wird ohne jeden Verfahrensbezug Auskunft verlangt (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 2; Bär MMR 2013, 700, 702).
§ 100j Abs. 1 Satz 2 StPO erfasst die Auskunft von sog. Zugangssicherungscodes. Hinsichtlich dieser Daten schränkt Abs. 1 Satz 2 den allgemeinen Auskunftsanspruch ein, weil es sich um besonders sensible Daten handelt, die nicht zu den allgemeinen Bestandsdaten (vgl. dazu II, 2) gehören. Gemeint sind mit dem Begriff Sicherungs- und Zugriffcodes, namentlich PIN und PUK bei Mobiltelefonen, Smartphones und Tablets mit Internetzugängen über das Mobilfunknetz (SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 3; Hauck StV 2014, 360, 361). Diese Zugangsdaten zu den Einzelgeräten werden unabhängig davon erfasst, ob diese bereits voreingestellt sind oder vom Nutzer selbst erst angelegt wurden (Hauck StV 2014, 360, 362 m.w.N.).
Der Zugriff auf diese Zugangsdaten ist eingeschränkt. Eine Auskunft kann nach § 100j Abs. 1 Satz 2 StPO nur verlangt werden kann, "wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen" (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 5; SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 8; Hauck StV 2014, 360, 361). Das bedeutet: Die Auskunft über Zugangsdaten darf nur verlangt und erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Nutzung auch dieser Sicherungsdaten vorliegen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; SSW-Eschelbach, a.a.O.), also auch die Eingriffsvoraussetzungen für einen Zugriff auf die Verbindungsdaten (BT-Drucks. 17/12034, S. 13), namentlich nach §§ 100a, 100b StPO. Darüber hinaus gilt auch der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (s. Rdn. 437e).
Beispiele (nach Hauck StV 2014, 360, 362)
Die Polizei beantragt die Auskunft über Zugangscodes, um mit deren Nutzung laufende Telekommunikation zu überwachen. Hier müssen die (Anordnungs)Voraussetzungen der §§ 100a, 100b vorliegen, wenn die Auskunft nach § 100j Abs. 1 S. 2 rechtmäßig erfolgen soll (vgl, Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 3).
Nach der Beschlagnahme eines Mobiltelefons soll der Inhalt, z.B. das Verzeichnis der Kontakte, unter Nutzung der PIN ausgelesen werden. Das Auslesen des Datenspeichers unterliegt hier keinen besonderen Voraussetzungen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.).
Hinweis
§ 100j Abs. 1 Satz 2 StPO regelt die strafprozessualen Zugriffe auf Zugangscodes abschließend. Die Ermittlungsbehörden dürfen die Anforderungen an diese Maßnahme nicht, z.B. durch eigenes Ausprobieren oder Ausnutzen von Lücken im Betriebssystem, umgehen (Hauck, a.a.O.). Solche Ermittlungsmaßnahmen sind zumindest rechtswidrig, wenn nicht sogar gem. § 202a StGB strafbar (Hauck, a.a.O.; SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 8).
§ 100j Abs. 2 StPO stellt schließlich klar, dass sich die Auskunftserteilung auf dynamische IP-Adressen beziehen kann. Gemeint sind damit die jeweils beim Aufbau einer Internetverbindung einem Gerät für die Dauer der konkreten Nutzung zugeteilten Adressen in Computernetzen, die auf dem Internetprotokoll (IP) basieren. Sie machen das Gerät adressierbar und erreichbar, sind also praktisch die Telefon-Nummer des Geräts (vgl. Hauck StV 2014, 360, 362; s. auch BVerfG NJW 2012, 1419).
Es gelten folgende Abfragevoraussetzungen: Erforderlich ist der Anfangsverdacht einer Straftat. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind unzulässig (BVerfG NJW 2012, 1419; SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 4; Bruns in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 100j Rn. 4). Die Auskunftserteilung kann verlangt werden, wenn dies zur weiteren Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten geboten ist.
Hinweis:
Erforderlich ist die Angabe eines Zeitpunktes, zu welchem die betreffende IP-Adresse verwendet wurde. Die Angabe eines Nutzungszeitraums reicht wegen der insoweit potentiellen Drittbetroffenheit nicht aus (Hauck StV 2014, 360, 362).
Das Verfahren der Auskunftserteilung ist in § 100j Abs. 3 geregelt. Es ist zu unterscheiden zwischen Auskunftsverlangen nach § 100j Abs. 1 Satz 1 StPO, Verlangen nach § 100j Abs. 2 StPO und Verlangen nach § 100j Abs. 1 Satz 2 StPO. Insoweit gilt:
Für die allgemeine Bestandsdatenabfrage nach Abs. 1 Satz 1 und die Auskunft über dynamische IP-Adressen nach Abs. 2 sind keine besonderen Verfahrensvoraussetzungen vorgesehen. Sie unterliegen also allein der Anordnungskompetenz der Ermittlungsbehörden (krit. dazu Hauck StV 2014, 360, 362 f. m.w.N. aus der Rspr. des BVerfG).
Für das Auskunftsverlangen auch über Sicherheits- und Zugangscodes nach § 100j Abs. 1 Satz 2 StPO) bestehen hingegen besondere Verfahrensvoraussetzungen, und zwar: Nach § 100j Abs. 3 Satz 1 StPO besteht grds. ein Richtervorbehalt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass kein absolut heimlich bleibender Zugriff auf Daten in zugangsgeschützten Bereichen erfolgt (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 5). Nach Abs. 3 Satz 4 ist die richterliche Anordnung nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn die Nutzung eines Zugangssicherungscodes bereits durch anderweitige gerichtliche Entscheidung gestattet wurde, etwa durch Beschlagnahme der gesicherten Daten aufgrund einer richterlichen Beschlagnahmeanordnung, oder wenn der Betroffene Kenntnis vom Herausgabeverlangen hat oder haben muss und in die Nutzung insbesondere der Zugangssicherungscodes ausdrücklich eingewilligt hat). Dies muss gegebenenfalls aktenkundig gemacht werden (vgl. § 100j Abs. 3 Satz 5 StPO; dazu Hauck StV 2014, 360, 363).
Hinweis:
Weitere Verfahrensvorgaben mit Ausnahme des Umstandes, dass die Maßnahme auf Antrag der StA ergeht, macht § 100j Abs. 3 nicht. Allerdings wird der (Ermittlungs)Richter durch zu begründenden Beschluss zu entscheiden haben. Wegen der Nähe zu TÜ wird man die Anforderungen an einen eine TÜ anordnenden Beschluss entsprechend heranziehen müssen (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn. 2684 ff.).
Bei "Gefahr im Verzug" sieht § 100j Abs. 3 Satz 2 StPO eine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vor. Diese Regelung ist wegen der geringeren Eingriffsintensität der Bestandsdatenerfassung weiter als diejenige des § 100b Abs. 1 Satz 2 StPO bei der Anordnung einer Telefonüberwachung. Wegen der Vorliegens von "Gefahr im Verzug" gelten die allgemeinen Regeln (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn. 1092 ff.). Wegen der Gefahren einer Totalüberwachung, die durch die Bestandsdatenauskunft besteht, sind die Voraussetzungen für die Annahme von "Gefahr im Verzug" eng auszulegen (s. auch Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 5; Hauck StV 2014, 360, 363; wohl auch SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 14).
Nach einer wegen "Gefahr im Verzug" von der StA/einer Ermittlungsperson angeordneten Maßnahme ist nach § 100j Abs. 3 S. 3 die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Die Folge eines Verfahrensfehlers hierbei regelt das Gesetz nicht.
Eine dem § 100b Abs. 1 Satz 3 StPO vergleichbare Regelung, wonach die Anordnung einer Telefonüberwachung durch die Staatsanwaltschaft außer Kraft tritt, wenn sie nicht binnen drei Werktagen vom Gericht bestätigt wird, fehlt. Damit stellt sich die Frage, ob dann, wenn keine Nachholung der richterlichen Entscheidung erfolgt oder der Ermittlungsrichter die Anordnung ablehnt, die Eilanordnung rückwirkend unwirksam wird bzw. außer Kraft tritt. Das wird von Hauck (StV 2014, 360, 363) unter zutreffendem Hinweis auf die Nähe zur Telefonüberwachung bejaht, SSW-Eschelbach (a.a.O., § 100j Rn. 15) lässt die Frage offen.
Nach § 100j Abs. 4 StPO ist der von der Maßnahme Betroffene zu benachrichtigen. Das gilt aber nur in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 (Zugangssicherungscodes; vgl. oben, II, 3) und des Abs. 2 (dynamische IP-Adresse; oben II, 4). Im Fall der allgemeinen Bestandsdatenauskunft nach Abs. 1 Satz 1 (s. II, 2) besteht keine Benachrichtigungspflicht (krit. zu dieser Regelung Hauck StV 2014, 360, 364 f.). Sinn und Zweck dieses Unterschiedes ist es in den Fällen der größeren Eingriffsintensität und der Nähe zum Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG, dem Grundsatz der Transparenz Rechnung zu tragen und den Betroffenen eine Möglichkeit für nachträglichen Rechtsschutz zu eröffnet werden (BT-Drucks. 17/12879 S. 11).
Hinweis:
Die Regelung ist eine Sonderreglung gegenüber § 101 Abs. 4 u. 5 StPO.
Die Benachrichtigung hat durch die StA zu erfolgen, der im EV die Sachleitung obliegt (BT-Drucks. 17/12879 S. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 100j Rn. 6). Nach § 100j Abs. 4 Satz 2 StPO kann die Benachrichtigung zurückgestellt werden, solange infolge der Auskunft der konkrete Ermittlungszweck vereitelt würde. Sie kann nach Abs. 4 S. 3 unterbleiben, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen, wobei eine Abwägung im Einzelfall erforderlich sein wird (SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 18; zu den Abwägungskriterien Bär MMR 2013 700, 704; sehr krit. Hauck StV 2014, 360, 364 f.). Die Zurückstellung einer Benachrichtigung ist zusammen mit den dafür maßgeblichen Gründen aktenkundig zu machen (§ 100j Abs. 4 Satz 4 StPO).
§ 100j Abs. 5 StPO sieht eine Mitwirkungspflicht der Diensteanbieter vor. Diese haben aufgrund eines Auskunftsverlangens nach Abs. 1 oder 2 die erforderlichen Daten unverzüglich zu übermitteln. Abs. 5 Satz 2 bestimmt, dass entsprechend § 95 Abs. 2 Satz 1 StPO zur Durchsetzung der Auskunftspflicht die in § 70 StPO bestimmten Ordnungs- und Zwangsmittel festgesetzt werden können (wegen der Einzelh. Hauck StV 2014,360, 365).
Der von der Maßnahme Betroffene kann, da er von ihr erst nachträglich erfährt, auch erst nachträglich Rechtsschutz erlangen. Da die Vorschrift des § 100j nicht im Katalog der Maßnahmen des § 101 StPO erwähnt ist, greift nur die allgemeine Beschwerde nach § 304 ein (s. auch Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. § 100j Rn. 8; a.A. Hauck StV 2014, 360, 365 und wohl auch SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 22 [§ 101 Abs. 7 Satz 2 StPO analog]). Die Beschwerde ist auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme gerichtet. Dem Diensteanbieter steht grds. keine Beschwerdebefugnis zusteht, soweit es um die Anordnung selbst geht (SSW-Eschelbach, a.a.O. § 100j Rn. 19). Gegen die Festsetzung eines Ordnungs- und Zwangsmittel kann er aber Beschwerde (SSW-Eschelbach, a.a.O., § 100j Rn. 20).
§ 100j StPO enthält keine Regelung über die Verwendung/Verwertung personenbezogener Informationen/Zufallsfunde, die durch eine Auskunft nach § 100j StPO erlangt wurden. Daher gelten die allgemeinen Regeln (§ 477 Abs. 2 Satz 2 StPO). Wegen darüber hinausgehender Beweisverwertungsverbote kann man m.E. auf die Ausführungen bei Burhoff, EV, Rn. 430 betreffend Verkehrsdaten und damit wegen der Maßnahmen nach 100j Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 StPO auf die mit Beweisverwertungsverboten bei einer Telefonüberwachung zusammenhängenden Fragen verweisen (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn. 2724). Die dort gemachten Ausführungen gelten grds. entsprechend für die Erhebung von Bestandsdaten. Zu berücksichtigen ist aber, dass der Eingriff durch die Anordnung einer Bestandsdatenauskunft noch weniger schwer wiegt wie die Erfassung von Verkehrsdaten, da durch die Auskunft noch nicht einmal die Kommunikationsdaten ermittelt werden.
Hinweis:
Im Hinblick auf die Rspr. des BGH muss der Verteidiger gegen die Verwertung der Erkenntnisse aus einer von ihm als unverwertbar angesehenen Maßnahme in der HV widersprechen (BGH StV 2001, 545 für TÜ; a.A. hinsichtlich der Erforderlichkeit des Widerspruchs Ventzke StV 2001, 545; Wollweber wistra 2001, 182).
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