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aus Praxis Steuerstrafrecht (PStR) 2000, 154

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "PStR" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "PStR" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Bankenverfahren

Ein Blick zurück nach vorn

von Richter am OLG Detlef Burhoff, Ascheberg

Banken und Sparkassen stehen seit 1994 im Visier der Steuerfahndung. Ziel war vornehmlich die Enttarnung jener Bankkunden, die ab Sommer 1992 Kapital vor allem nach Luxemburg transferierten, um der ab 1.1.93 geltenden Zinsabschlagsteuer zu entgehen. Nach der "heißen Phase" der Durchsuchungswellen bei namhaften deutschen Kreditinstituten folgte die "Erledigungsphase" auf Ebene der betroffenen Institute selbst, die mit unterschiedlichen Strategien versucht haben, den Schaden für ihre Häuser und Vorstände möglichst gering zu halten.

Was die Bankkunden angeht, so bindet die Abarbeitung dieser Fälle vorerst weiterhin Personal, das auf Grund der gewonnenen Bankenexpertise vielleicht jedoch bald wieder zum Einsatz kommt (Schiffer/Peters PStR 2000, 125). Die Problematik der Beihilfe von Bankmitarbeitern wird darüber hinaus zu einer Entscheidung des BGH führen und wie man von dort hört (Harms/Jäger NStZ-RR 2000, 129, 138), ist alsbald mit einer Entscheidung zu rechnen. Grund genug also, für einen Moment rückblickend inne zu halten und einige interessante Aspekte näher zu beleuchten.

Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen

Die zur Problematik vorliegende Rechtsprechung ist in der Regel in Zusammenhang mit Durchsuchungsentscheidungen der Instanzgerichte ergangen. Dazu sei verwiesen auf das LG Paderborn (PStR 99, 127, 148), das LG Münster (PStR 99, 105) und das LG Bielefeld (PStR 99, 44, 85). Bekannt geworden sind außerdem noch zwei Beschlüsse des LG Detmold (PStR 99, 215).

Diese Entscheidungen sind u.a. insofern von Bedeutung, als sie den unterschiedlichen Meinungsstand in der Rechtsprechung zur Frage des Anfangsverdachts hinsichtlich einer Steuerhinterziehung bei Tafelgeschäften mit Auslandsbezug wiederspiegeln. Während der vom LG Paderborn, vom LG Münster und vom LG Detmold bejaht wird, wird er vom LG Bielefeld mit guten Gründen verneint. Darüber hinaus enthalten die Entscheidungen zum Teil Ausführungen zur erforderlichen Konkretisierung des Anfangsverdachts in einem Durchsuchungsbeschluss (siehe LG Paderborn, aaO).

Beihilfe von Bankmitarbeitern

Zu diesem Problemkreis liegt erste landgerichtliche Rechtsprechung vor. Das LG Wuppertal (PStR 99, 190) und das LG Bochum (NJW 2000, 1430) haben Bankmitarbeiter, die Geldvermögen von Kunden anonym transferiert haben, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Der Mitarbeiter habe nämlich dem Kunden als Haupttäter in der jeweiligen Vorbereitungsphase geholfen, das Entdeckungsrisiko der späteren Steuerhinterziehung deutlich zu verringern. Es sei aber für die Annahme einer Beihilfe ausreichend, dass der Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium gefördert habe. Eine solche Förderung sei gerade bei einer Steuerhinterziehung, die von langer Hand vorbereitet werde, charakteristisch. Die Strafbarkeit soll nach dieser Rechtsprechung auch nicht wegen "berufstypischen Verhaltens" entfallen, da das Vorgehen des Mitarbeiters in der Regel nicht sozial adäquat sei. Gegen beide Urteile ist durch die Angeklagten Revision eingelegt worden. Die Revision gegen das Urteil des LG Bochum wurde inzwischen jedoch wieder zurückgenommen, die gegen das Urteil des LG Wuppertal ist hingegen noch beim 5. Strafsenat des BGH anhängig.

Den Bankangestellten wird seitens der Steuerfahndung vorgeworfen, Beihilfe zu den Steuerhinterziehungshandlungen der Kunden begangen zu haben. Die Beihilfehandlungen der Angestellten werden in der Beratung und Durchführung des angebotenen oder erbetenen "spurenlosen Verbringens" von Tafelpapieren, Depotinhalten, Festgeldern, Termingeldern etc. zu den ausländischen Tochtergesellschaften gesehen.

In der Literatur ist dieser Standpunkt nicht unumstritten:

Vogelberg (PStR 99, 8) untersuchte die Rechtsprechung in ähnlichen Fällen und kam zu dem Ergebnis, dass die Bankmitarbeiter Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben. Die Mitarbeiter, denen wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit der Einführung der Zinsabschlagsteuer die spätere Absicht ihrer Kunden nicht unbekannt gewesen sei, hätten nämlich durch ihre Hilfestellung bei der Anonymisierung des Geldtransfers den Kunden das entscheidende Tatmittel zu der späteren Hinterziehung der Zinsen in die Hand gegeben. Damit liege nach der Rechtsprechung des BGH Beihilfe vor.

Gegen die Strafbarkeit werden u.a. folgende Argumente angeführt: Karpinski/Wolsfeld (PStR 99, 12) sehen das entscheidende Argument gegen eine Strafbarkeit des Bankmitarbeiters darin, dass dieser sich nur banküblich verhalten habe. Strafbar könne er sich nur machen, wenn er von seinem banküblichen Verhalten abweiche (so im Übrigen auch Hassemer wistra 95, 81 ff.; Löwe-Krahl wistra 95, 201 ff.). Ähnlich argumentieren Werner in PStR 99, 50; Behr in wistra 99, 245, wobei Behr zusätzlich noch darauf abstellt, dass der Bankmitarbeiter in der Regel auch keinen "Gehilfenvorsatz" habe.

Burkhard (Vermögen & Steuern 99, 22 ff., dazu PStR 99, 126) setzt bei der vom Gehilfen zu fördernden Haupttat an. Vorgeworfen werde dem Kunden das unrichtige oder unvollständige Ausfüllen der Steuererklärung. Dabei helfe/unterstütze der Bankmitarbeiter aber nicht. Er helfe vielmehr beim Verbringen des Geldes ins Ausland. Das werde dem Kunden aber gerade nicht strafrechtlich vorgeworfen.

Nach Harzer/Vogt (StraFo 2000, 39) erfüllen die Handlungen von Vorstandsmitgliedern von Banken bzw. Bankmitarbeitern oder sonstige Vermögensberatern schon nicht den objektiven Tatbestand nach den §§ 370 Abs. 1 AO, 27 Abs. 1 StGB, da eine tatbestandsmäßige Beihilfehandlung dieser Personen nicht vorliegt. "Hilfeleistung" in Form einer eigenständigen Tathandlung sei nämlich nicht gegeben. Der strafrechtlich relevante Verantwortungsbereich liege vielmehr ausschließlich bei den steuerpflichtigen und letztlich steuerhinterziehenden Bankkunden.

Verfahrenserledigung nach § 153a StPO

Sollte die Verhaltensweise der Bankmitarbeiter strafbar gewesen sein, so schlägt Cramer (wistra 99, 290) eine verfahrensökonomische "Einstellung nach der Einstellung" vor.

Nach seiner Auffassung kann, sobald die Beihilfeverantwortlichkeit des betreffenden Bankmitarbeiters dem Grund nach geklärt sei, das Verfahren gegen ihn in Bezug auf die bereits ausermittelten Fälle förmlich – und einvernehmlich – gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden. Diese Einstellung werde verbunden mit der gemeinsamen Absicht der Beteiligten, künftig bekannt werdende Beihilfetaten ohne weiteres und ohne weitere Beteiligung des beschuldigten Bankmitarbeiters gemäß § 153 StPO wegen Geringfügigkeit einzustellen.

Konsequenzen für Bankvorstände

Im Zusammenhang mit Verfahrenserledigungen nach § 153a StPO ist darauf hingewiesen worden, dass die Einstellung eines sog. Bankenstrafverfahrens gem. § 153a StPO für ein Vorstandsmitglied der Bank "regelmäßig die Gefahr der Abberufung wegen mangelnder Zuverlässigkeit in sich trage" (Mack StraFo 99, 260). Dem wurde jedoch jüngst widersprochen, da weder die Tatsache der Einstellung noch die der Zustimmung zur Einstellung die Prognose der Unzuverlässigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 KWG rechtfertige (Ignor und Rixen StraFo 2000, 157).

Selbstanzeige von Bankmitarbeitern

Dass die Selbstanzeige eines bloßen Gehilfen einer Steuerstraftat strafbefreiende Wirkung haben könne, auch wenn dieser nicht eigentlich eine Steuererklärung berichtige, ist umstritten. Der Gehilfe/Bankmitarbeiter macht aber andererseits seinen in der Verschleierung der Vorgänge bestehenden Tatbeitrag wieder rückgängig.

Entscheidend ist die teleologische Auslegung der Vorschrift des § 371 AO, die eine steuerpolitische Zielsetzung verfolgt. Durch sie sollen verheimlichte Steuerquellen erschlossen werden. Dahinter hat dann der staatliche Strafanspruch zurückzutreten. Nicht ausreichend ist jedoch eine Selbstanzeige nur dem Grunde nach. Vielmehr muss der Gehilfe zumindest soviel mitteilen, dass der Steueranspruch nach eigenen, einfach durchzuführenden Aufklärungsschritten durch das FA feststeht, damit dann Zugriff auf die verheimlichte Steuerquelle genommen werden kann (s. hierzu Riegel/Kruse in NStZ 99, 325).

Die zeitliche Grenze für eine Selbstanzeige liegt bei einem frühen Zeitpunkt im Ermittlungsverfahren. Bei der Durchsuchung einer Bank werden in der Praxis von den Ermittlungsbehörden zunächst u.a. die Arbeitsplätze der Anlageberater durchsucht. Zu diesem Zeitpunkt ist den Anlageberatern der Steuerfahnder daher im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO erschienen, mit der Folge, dass eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung nicht mehr möglich ist. Anderen Mitarbeitern der Bank bleibt hingegen der Weg der strafbefreienden Selbstanzeige zumindest bis zur Entdeckung der Tat oder bis zur Bekanntgabe der Einleitung eines Verfahrens gegen sie offen (s. hierzu Riegel/Kruse aaO).

Selbstanzeige von Bankkunden

Die Steuerfahndung hat offensichtlich Probleme in der Abarbeitung und Auswertung der in den diversen Durchsuchungen beschlagnahmten Bankunterlagen und das, obwohl die Steuerfahndung seit Beginn der Bankenfälle um 50 Prozent auf rund 2.300 Mitarbeiter aufgestockt wurde (PStR 99, 253).

Deshalb achtete z.B. die Steuerfahndung Münster darauf, dass durch ihr Verhalten die strafbefreiende Wirkung von Selbstanzeigen bei den Bankkunden zunächst erhalten blieb. Hierzu wurden Bankkunden angeschrieben und die entsprechenden Schreiben nicht vom FA für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen, sondern von den Veranlagungsfinanzämtern verschickt, um so den Bankkunden nicht die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige durch Tatentdeckung oder die Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens zu nehmen. In den entsprechenden Anschreiben wurde den Bankkunden mitgeteilt, dass im Rahmen von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Mitarbeiter verschiedener Banken wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung festgestellt wurde, dass der betreffende Bankkunde Kapital ins Ausland transferiert habe. Sodann wird der Bankkunde gebeten, zum Zwecke der Überprüfung eine entsprechende Steuererklärung einschließlich Zinsaufstellung, getrennt nach Banken, abzugeben. Gleichzeitig wird auf die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige hingewiesen (Haack NWB F.13, 935).

Information des Bankkunden durch die Bank

Damit auch der betroffene Bankkunde mit einer Selbstanzeige reagieren kann, muss ihn das Kreditinstitut rechtzeitig informieren. Erfüllt die Bank damit aber nicht den Tatbestand der Strafvereitelung nach § 258 StGB?

Nach Ransiek (wistra 99, 401) scheidet eine Strafbarkeit der Informationsweitergabe über Ermittlungsmaßnahmen grundsätzlich aus. Die Strafbarkeit des Bankmitarbeiters ist immer davon abhängig, in welcher Weise der informierte Kunde auf die Mitteilung über Ermittlungen bei seinem Kreditinstitut reagiert oder zumindest reagieren kann. Erstattet er Selbstanzeige nach § 371 AO, liege schon kein Vereitelungserfolg i.S.d. § 258 StGB vor. Die Information, die das ermögliche, ist deshalb straffrei. Das gleiche gelte für den Rücktritt vom Versuch einer Steuerhinterziehung und andere gesetzlich geregelte Fälle der tätigen Reue.

Die Zulässigkeit der Information von Bankkunden über Ermittlungsmaßnahmen beim Kreditinstitut und die Straffreiheit des Informanten folgt nach Auffassung von Ransiek u.a. auch aus den Regelungen in den §§ 104 ff. StPO und der AO, wonach Durchsuchungen und Besteuerungsverfahren grundsätzlich offen durchgeführt werden müssen. Das gelte insbesondere dann, wenn der Bankkunde Rechtsmittel gegen die Ermittlungsmaßnahmen einlegen könne, was zumindest bei der Beschlagnahme "seiner" Kontounterlagen und bei seinen Konten betreffenden Auskunftsersuchen der Fall sei. Diese Befugnis setze zwingend voraus, dass dann auch die Information des Kunden erlaubt sei. Nach Ransiek ändert sich die Rechtslage auch nicht durch die Aufforderung zur Geheimhaltung durch Strafverfolgungs- oder Finanzbehörden.


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