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aus ZAP Heft 15/2010, F 22 R, S. 651

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "ZAP" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "ZAP" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Rechtsprechungsübersicht zum Strafrecht 2009/2010

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

Inhaltsverzeichnis

I. Zueignungsdelikte

1. Schwere Misshandlung nach Vollendung einer Raub- bzw. Erpressungstat

2. Abredewidrige Verwendung einer Tankkarte

3. Strafzumessung bei Bagatelldiebstählen

II. Erschleichen einer Beförderungsleistung (§ 265a StGB)

III. Verkehrsstraftaten

1. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

2. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr/Straßenverkehrsgefährdung (§§ 315b, 315c StGB)

a) Konkreter Schädigungsvorsatz

b) Verkehrsspezifische Gefahr

c) Beinaheunfall

d) Konkrete Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert9

IV. Urkundsdelikte

I. Zueignungsdelikte

1. Schwere Misshandlung nach Vollendung einer Raub- bzw. Erpressungstat

Der BGH hatte sich in seinem Urt. v. 25. 3. 2009 (5 StR 31/09, BGHSt 53, 234 = NJW 2009, 3041 = StRR 2009, 308) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob schwere Misshandlungen nach Vollendung einer Raubtat noch den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB erfüllen können. Er hat das – anders als das verurteilende LG - nur für den Fall bejaht, dass die Misshandlungshandlungen noch weiterhin von Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht getragen sind, insbesondere der Beutesicherung oder der Erlangung weiterer Beute dienen. Dazu weist der BGH darauf hin, dass es zwar im Ansatz zutreffe, dass eine Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB auch noch in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung der Raubtat möglich sei (Fischer, StGB,, 57. Aufl., 2010, § 250 Rn. 26). Der schlichte räumlich-zeitliche Zusammenhang zwischen einem – vollendeten – Raub oder einer räuberischen Erpressung und einer unmittelbar nachfolgenden schweren Misshandlung genüge für die Annahme des Tatbestandsmerkmals „bei der Tat“ im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a StGB jedoch nicht. Dem stehe schon der systematische Zusammenhang entgegen. Da die Raubdelikte durch die finale Verknüpfung von Gewalt und rechtswidriger Vermögensverfügung geprägt seien, beziehe sich das Merkmal „bei der Tat“ auf eben diese Verknüpfung.

Tipp/Hinweis:

Diese Rechtsprechung setzt konsequent die Rechtsprechung des BGH für den ähnlichen Fall des Verwendens einer Waffe „bei der Tat“ i.S. des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB fort. Dort stellt der BGH darauf ab, dass es zwar zur Anwendung des § 250 StGB genüge, dass die Waffe dem Täter zu irgendeinem Zeitpunkt des Tathergangs zur Verfügung stehe. Gleichwohl müsse der Täter die Waffe zwischen Vollendung und Beendigung des Raubes zur weiteren Verwirklichung seiner Zueignungsabsicht bzw. zur Beutesicherung eingesetzt haben (vgl. BGHSt 52, 376 = NJW 2008, 3651 = StRR 2008, 70; BGH NStZ-RR 2008, 342).

Es ist also Aufgabe des Verteidigers, den erforderlichen Zusammenhang zu widerlegen. Insoweit ist z.B. darauf hinzuweisen, dass die ggf. noch erfolgten Verletzungshandlungen in keinem Zusammenhang mehr mit der eigentlichen Raub- oder Erpressungstat gestanden haben, der Täter keinen Anlass für die Annahme hatte, der Geschädigte werde versuchen, die ihm abgenommene Beute wieder zu erlangen und der Geschädigte durch die Misshandlungen auch nicht zur Herausgabe weiterer Gegenstände veranlasst werden sollte.

Inhaltsverzeichnis

2. Abredewidrige Verwendung einer Tankkarte

Eine interessante Fallgestaltung hatte das AG Eggenfelden zu entscheiden. Dort hatte ein Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber ausgestellte Tankkarte abredewidrig zum Erwerb von Kraftstoff für private Zwecke benutzt und war deshalb wegen Diebstahls angeklagt worden. Das AG Eggenfelden (NStZ-RR 2009, 139 = NZV 2009, 408) hat den Tatbestand des § 242 StGB verneint. Es sei kein Diebstahl an dem Kraftstoff gegeben. § 242 StGB scheide mangels eines tauglichen Tatobjekts, einer fremden Sache, aus. Die Verwendung der Tankkarte des Arbeitgebers führe nicht dazu, dass der Kraftstoff in dessen Eigentum übergeht. Vielmehr werde der Kraftstoff an den Nutzer der Tankkarte übereignet (AG Eggenfelden, a.a.O.).

Tipp/Hinweis:

Zur Rechtsprechung zu den Diebstahls- und Raubdelikten wird im Übrigen verwiesen auf die umfassende Rechtsprechungsübersicht von Krawczyk in StRR 2009, 49.

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3. Strafzumessung bei Bagatelldiebstählen

Die Strafzumessung im Bereich von Bagatelldelikten, vornehmlich auch bei Bagatelldiebstählen nach § 248a StGB, krankt häufig daran, dass die Instanzgerichte bei der Verhängung von Freiheitsstrafen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB nicht beachten. Danach muss die kurzfristige Freiheitsstrafe unerlässlich, also „ultima ratio“, sein. Es müssen aber immer auch die allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte beachtet werden. Die Strafe darf den Rahmen des Schuldangemessenen nicht überschreiten (§ 46 Abs. 1 S. 1 StGB). Berücksichtigt werden können nach § 46 Abs. 2 StGB u.a. die verschuldeten Auswirkungen der Tat, wie z.B. beim Diebstahl der Wert der Beute, und das Vorleben des Täters, wie z.B. einschlägige Vorstrafen. Die strafschärfend ins Gewicht fallenden einschlägigen Vorstrafen dürfen aber bei der Strafzumessung nicht derart im Vordergrund stehen, dass der geringe Wert der Beute übergangen wird (vgl. zu allem a. Krawczyk StRR 2010, 49 ff.)

Tipp/Hinweis:

Stellt das Gericht maßgeblich auf Vorstrafen ab, sind nähere Darlegungen dazu erforderlich, in welchem zeitlichen Abstand die Vortaten liegen, wie groß deren Schuldgehalt ist und ob bzw. inwieweit sich die Lebensverhältnisse des Angeklagten zwischenzeitlich geändert haben (KG, Beschl. v. 24. 9. 2008 – (3) 1 Ss 326/08). Für die Entscheidung, ob eine kurze Freiheitsstrafe in Betracht kommt, sind die Lebensverhältnisse des Angeklagten zum Zeitpunkt des Urteils maßgeblich (KG, a.a.O.).

Hinzuweisen ist in dem Zusammenhang auf zwei Entscheidungen des OLG Oldenburg. Dieses hat es als schlechthin unangemessen angesehen, die Entwendung von Waren im Wert von ca. 5 € mit einer Freiheitsstrafe von vier Monaten zu ahnden (OLG Oldenburg StraFo 2008, 297 = StRR 2008, 283 [Ls.]). Im Beschl. v. 28. 7. 2008 (Ss 266/08, StRR 2008, 323 [Ls.]) hat dieses der Praxis eine Anwendungsregel an die Hand gegeben: Liegt bei einem Diebstahl der Wert der Beute nicht über 1/3 des Höchstwertes einer geringwertigen Sache i.S. von § 248a StGB, den das OLG Oldenburg bei 30 € ansetzt (NStZ-RR 2005, 111), so ist für eine Verurteilung nach § 248a StGB eine Freiheitsstrafe über der gesetzliche Mindeststrafe von 1 Monat auch dann nicht mehr schuldangemessen, wenn in der Person des Angeklagten besondere Straferschwerungsgründe liegen. Ähnlich argumentiert das OLG Brandenburg (Beschl. v. 15. 10. 2008 – 1 Ss 70/08; Beschl. v. 21. 1. 2009 – 1 Ss 95/08; Beschl. v. 13. 7. 2009 – 1 Ss 48/09).

Tipp/Hinweis:

Stellt man wegen der Rechtsfolgen bei einem Bagatelldiebstahl auf die Schadenshöhe ab, muss diese als tatbezogener Umstand im Urteil festgestellt werden (OLG Brandenburg, a.a.O.). Entscheidend ist dann ggf. auch (vgl. Oldenburg StRR 2008, 323 [Ls.]) wo die Geringwertigkeitsgrenze des § 248a StGB zu ziehen ist. Teilweise wird sie bei 30 € gesehen (OLG Oldenburg, a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.10.2008 – 1 Ss 70/08; offen bei OLG Frankfurt NStZ-RR 2008, 311), teilweise aber auch bei 50 € (vgl. OLG Hamm StV 2003, 672; wistra 2004, 345; abl. Fischer, a.a.O., § 248a Rn. 3 m.w.N.).

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II. Erschleichen einer Beförderungsleistung (§ 265a StGB)

Zum Tatbestand der Beförderungserschleichung bestand in Rechtsprechung und Literatur Streit, ob das Erschleichen einer Beförderung durch ein Verkehrsmittel i.S. des § 265a Abs. 1 StGB voraussetzt, dass der Täter sich mit einem täuschungsähnlichen oder manipulativen Verhalten in den Genuss der Leistung bringt und somit die Entgegennahme einer Beförderungsleistung ohne gültigen Fahrausweis, die nicht mit der Umgehung von Kontroll- oder Zugangssperren oder sonstigen Sicherheitsvorkehrungen verbunden sei, reiche nicht aus (vgl. Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder StGB, 27. Aufl., § 265a Rn. 11; Tiedemann in: LK, 11. Aufl., § 265a Rn.. 34 ff.; Wohlers in: Münch-Komm, § 265a Rn.. 53 ff.; Fischer, a.a.O., § 265a Rn.. 6, 21; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl., § 265a Rn.. 6a, jeweils m.w.N.). Dies wird einerseits, mit dem Wortsinn des Begriffs „Erschleichen“, zum anderen aus der Systematik des Gesetzes abgeleitet (s. auch OLG Naumburg, (Vorlage)Beschl. v. 6. 2. 2008, 2 Ss 410/07). In der Rechtsprechung (vgl. u.a. OLG Stuttgart NJW 1990, 924, 925; OLG Hamburg NStZ 1991, 587, 588; OLG Düsseldorf NJW 2000, 2120, 2121 und OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001, 269, 270) wurde bereits früher überwiegend die Auffassung vertreten, dass unter dem Erschleichen einer Beförderung i.S. des § 265a Abs. 1 StGB jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen sei, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt. Eines heimlichen Vorgehens des Täters, einer List, einer Täuschung oder einer Umgehung von Sicherungen oder Kontrollen bedürfe es nicht. Das Erschleichen einer Beförderung entfalle auch nicht deshalb, weil der Zugang zum Verkehrsmittel nicht kontrolliert werde.

Der BGH hat sich in seinem Beschl. v. 8. 1. 2009 - 4 StR 117/08, BGHSt 53, 122 = StRR 2009, 309) auf Vorlage des OLG Naumburg (a.a.O.) der letzeren Auffassung angeschlossen. Der Wortlaut der Norm setze weder das Umgehen noch das Ausschalten vorhandener Sicherungsvorkehrungen oder regelmäßiger Kontrollen voraus. Nach seinem allgemeinen Wortsinn beinhalte der Begriff der „Erschleichung“ lediglich die Herbeiführung eines Erfolges auf unrechtmäßigem, unlauterem oder unmoralischem Wege (vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, 8. Bd. [1999], Sp. 2136; Brockhaus, 10. Aufl. Bd. 2 S. 1217). Er enthalte, so der BGH, allenfalls ein „täuschungsähnliches“ Moment dergestalt, dass die erstrebte Leistung durch unauffälliges Vorgehen erlangt wird; nicht erforderlich sei, dass der Täter etwa eine konkrete Schutzvorrichtung überwinden oder eine Kontrolle umgehen muss.

Tipp/Hinweis:

Die Entscheidung, der sich das vorlegende OLG Naumburg (vgl. StraFo 2009, 343) inzwischen angeschlossen hat, ist grds. zutreffend (krit. Alwart JZ 2009, 478). Sie führt dazu, dass derjenige den Tatbestand des Erschleichens nicht erfüllt, der offen auf seinen fehlenden Fahrschein hinweist.

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III. Verkehrsstraftaten

1. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

In Zusammenhang mit der Strafbarkeit des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hat das BVerfG in seiner Entscheidung v. 19. 3. 2007 (BVerfG NJW 2007, 1666 = StRR 2007, 109 = VRR 2007, 232 = NZV 2007, 368 m. Anm. Laschewski NZV 2007, 444) die Auffassung vertreten, dass die ständige Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte, wonach auch das unvorsätzliche Entfernen vom Unfallort als „berechtigtes oder entschuldigtes" Entfernen i.S. von § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB gelten kann (vgl. dazu die Nachw. bei Fischer, a.a.O., § 142 Rn. 52.), gegen das Analogieverbot verstoße. Nach Auffassung des BVerfG ist jedoch eine verfassungskonforme Auslegung des § 142 Abs. 1 StGB in Anlehnung an die Grundsätze in BGHSt 14, 89 und 18, 114 möglich, also in der Weise, dass eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 StGB in Betracht kommt, wenn das Sichentfernen vom Unfallort im Zeitpunkt der Kenntniserlangung noch nicht beendet ist. Dabei sei auch der Begriff des Unfallorts konkretisierungsfähig und – bedürftig (vgl. auch König/Seitz DAR 2007, 361, 362).

Diese Rechtsprechung ist von den Instanzgerichten inzwischen aufgegriffen worden (zur verfassungskonformen Anwendung des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB s. auch Mitsch NZV 2008, 217 und Küper NStZ 2008, 597), allerdings kommen die beiden OLG, die sich mit der Problematik befasst haben (vgl. OLG Düsseldorf NZV 2008, 12007 = DAR 2008, 154 = VRR 2008, 109 und OLG Hamburg VA 2009, 106 = NZV 2009, 301 = VRR 2009, 270 = DAR 2009, 404), zu teilweise unterschiedlichen Folgerungen. Die jeweils zu entscheidenden Sachverhalte wiesen allerdings keine großen Unterschiede auf: Nach den tatrichterlichen Feststellungen hatte der Angeklagte jeweils im öffentlichen Straßenverkehr fahrlässig die Beschädigung eines Fahrzeugs verursacht, die er nicht bemerkte, so dass er unvorsätzlich weiterfuhr. Dem Angeklagten folgte ein anderer Verkehrsteilnehmer, der versuchte den Angeklagten durch Betätigen von Hupe und Lichthupe zum Anhalten zu bewegen. Nach einer längeren Fahrstrecke und Fahrtzeit – im Fall des OLG Düsseldorf etwa fünf bis zehn Minuten Fahrzeit und etwa drei Kilometer Fahrtstrecke hielt der Angeklagte dann an und wurde auf den Unfall hingewiesen. Er ist dann jeweils weiter gefahren, ohne die Feststellungen seiner Personalien zu ermöglichen. Beide OLG (vgl. OLG Düsseldorf und OLG Hamburg, jew. a.a.O.) haben auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG (a.a.O.) eine Bestrafung des Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB verneint. Beide untersuchen dann entsprechend den Vorgaben des BVerfG (a.a.O.), ob sich der Angeklagte ggf. aber (doch) nach § 142 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat. Dabei weist das OLG Düsseldorf (a.a.O.) darauf hin, dass die Vorschrift des § 142 Abs. 1 StGB - anders als § 142 Abs. 2 StGB - keinen abgeschlossenen Sachverhalt des Sich-Entfernt-Habens voraussetze und ein Entfernens-Vorsatz grds. bis zur Beendigung der Tat durch ein erfolgreiches Sich-Entfernt-Haben gebildet werden könne; auch das BVerfG spreche in einem obiter dictum von der potenziellen Strafbarkeit des „Weitersichentfernens“. Deshalb könne ein Unfallbeteiligter könne den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB auch dann verwirklichen, wenn er den Unfall nicht bemerkt, deshalb seine Fahrt zunächst fortsetzt, aber noch innerhalb eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfallgeschehen von diesem erfährt und dann weiter fährt, abgelehnt. Das OLG Hamburg (a.a.O.) sieht das unter Hinweis auf das überwiegende Schrifttum (vgl. u.a. Fischer, § 142 Rn. 20, 52; Mitsch NZV 2008, 217, 218 f.; 2009, 105; abweichend. Laschewski NZV 2007, 444, 447; Blum NZV 2008, 495, 496.) anders: Der Begriff des Unfallortes müsse objektiv bestimmt und dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Unfallbeteiligte sogleich Kenntnis vom Unfall hatte oder nicht. Hätte der Angeklagte den Unfall beim Überholen bemerkt, hätte er den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch Weiterfahren trotz Haltemöglichkeit schon nach wenig mehr als 100 m verwirklicht. Für den Fall unvorsätzlicher Tatbestandsverwirklichung könne nichts anderes gelten.

Tipp/Hinweis:

Zutreffend dürfte, schon vom Wortlaut her, die Entscheidung des OLG Hamburg (a.a.O.) sein. Unter Strafe gestellt ist das vorsätzliche Entfernen von Unfallort. Entscheidend ist also, dass der Beschuldigte noch am „Unfallort“ vom Unfall entfernt. Insoweit muss man davon ausgehen, dass eine Entfernung von mehreren Kilometern und ein Zeitraum von mehreren Minuten den örtlich und auch zeitlichen Zusammenhang zum Unfallgeschehen unterbricht und der Ort, an dem der Angeklagte von seiner Unfallbeteiligung erfährt, dann nicht mehr „Unfallort“ i.S. des § 142 Abs. 1 StGB ist.

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2. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr/Straßenverkehrsgefährdung (§§ 315b, 315c StGB)

a) Konkreter Schädigungsvorsatz

Der BGH hat seine Rechtsprechung zu § 315b StGB, der in der Praxis eine große Rolle spielt, schon 2003 u.a. in BGHSt 48, 223 (== NJW 2003, 1613 = NZV 2003, 488) geändert. Danach muss zu dem bewusst zweckwidrigen Ein­satz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommen, dass das Fahrzeug mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz - etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug - missbraucht wird. Erst dann liegt eine - über den Tatbestand des § 315c StGB hinausgehende - „Pervertie­rung" des Verkehrsvorgangs zu einem gefährlichen „Eingriff" in den Straßenverkehr i.S. des § 315b Abs. 1 StGB vor. Diese Rechtsprechung ist in der Folgezeit vom BGH bestätigt (vgl. u.a. BGH DAR 2004, 230; 2006, 30; zuletzt u.a. BGH, Beschl. v. 9. 2. 2010, 4 StR 556/09) und von den OLG übernommen worden. Das ist gerade für die sog. Fluchtfälle von erheblicher Bedeutung. Dass der Täter das Fahrzeug als Fluchtmittel - und somit zu Verkehrszwecken - nutzt und dabei verkehrswidrig fährt, reicht allein für die Annahme eines gefährlichen Eingriffs im Sinne von § 315b StGB nicht aus, wenn er hierbei nicht mit Schädigungsvorsatz handelt (OLG Jena VRS 111, 187). Ähnlich formulieren das KG (KG VRS 111, 184) und das OLG Hamm (OLG Hamm NZV 2008, 261, s.a. Beschl. v. 26. 5. 2009, 2 Ss 195/09)

Tipp/Hinweis:

Es genügt also nicht, dass sich Handlungen im Verkehr als verkehrsfremde Eingriffe darstellen. Es muss vielmehr zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrswidriger Absicht hinzukommen, dass es mindestens mit bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wird (ähnlich AG Bochum VRR 2009, 114).

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b) Verkehrsspezifische Gefahr

Der BGH hat seine Rechtsprechung zu § 315b StGB 2003 noch an einer weiteren Stelle geändert. In BGHSt 48, 119 hat er darauf hingewiesen, dass der Tatbestand des § 315b StGB dreistufig aufgebaut sei: Durch eine der in § 315b Abs. 1 StGB bezeichneten Tathandlungen müsse die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt und hierdurch eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter begründet worden sein. Erforderlich sei danach, dass die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirke, die sich zu einer konkreten Gefahr für eines der genannten Schutzobjekte verdichtet (BGHSt 48, 119, 122; BGH NStZ 2007, 34, 35). Regelmäßig würden hierbei zwar der Eingriff und die Begründung der abstrakten Gefahr zeitlich dem Eintritt der konkreten Gefahr vorausgehen, etwa, wenn der Eingriff zu einer kritischen Verkehrssituation führt, durch die sodann eines der Schutzgüter konkret gefährdet wird (sog. "Beinahe-Unfall"). Nach der Rspr. des BGH ist das jedoch nicht zwingend (vgl. dazu BGHSt 48, 119, 122 ff). Danach kann der Tatbestand des § 315b Abs. 1 StGB in sämtlichen Handlungsalternativen auch dann erfüllt sein, wenn die Tathandlung unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung (Beschädigung des Kraftfahrzeugs) führt. Zudem besteht nach der Rechtsprechung des BGH noch ein weitere Ausnahme. Es ist nämlich nicht jede Sachbeschädigung oder auch Körperverletzung im Straßenverkehr tatbestandsmäßig i.S. des § 315b StGB. Vielmehr gebiete – so der BGH - der Schutzzweck des § 315b StGB insoweit eine restriktive Auslegung der Norm, als unter einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur verkehrsspezifische Gefahren verstanden werden dürften (BGHSt 48, 119, 124). Dies sei der Fall, wenn die konkrete Gefahr - jedenfalls auch - auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte (Dynamik des Straßenverkehrs) und nicht nur auf die sog. Eigendynamik zurückzuführen sei.

Das hat der BGH vor kurzem bei folgendem Sachverhalt verneint (vgl. vgl. BGH VRR 2009, 110 = NZV 2009, 155): Die Angeklagten waren nach Begehung eines Banküberfalls mit einem Pkw geflüchtet. Sie werden von einem Zeugen verfolgt, der sich dem Fluchtwagen nähert. Der beifahrende Angeklagte schießt dann mit einer Pistole auf das verfolgende Fahrzeug, um es fahruntauglich zu machen und auf diese Weise dessen Fahrer an einer weiteren Verfolgung zu hindern. Es kommt zur Beschädigung des Verfolgerfahrzeugs. Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) rechtfertigt allein die Beschädigung des verfolgenden Kfz durch die einschlagenden Projektile nicht die Annahme einer vollendeten Tat nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB, weil dieser Sachschaden - wie i.d.R. Fall - in keinem relevanten Zusammenhang mit der Eigendynamik der Fahrzeuge zum Tatzeitpunkt stehe, sondern ausschließlich auf die durch die Pistolenschüsse freigesetzte Dynamik der auftreffenden Projektile zurückzuführen sei.

Tipp/Hinweis:

In Betracht kommt in diesen Fällen dann aber eine Verurteilung wegen eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angenommen hat. Den hat auch der BGH angenommen. Nach seiner Auffassung lag es auf der Hand, dass die Angeklagten jedenfalls damit rechneten und dies auch billigend in Kauf nahmen, dass es durch die Schüsse zu einer kritischen Verkehrssituation und damit zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben des verfolgenden Zeugen und/oder des von ihm geführten Fahrzeugs kommen könnte.

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c) Beinaheunfall

In einigen neueren Entscheidungen hat sich der BGH mit zwei anderen Problem(Bereichen) des § 315b StGB beschäftigen müssen, die auch Auswirkungen auf den Tatbestand des § 315c StGB haben. In den Entscheidungen (BGH, Beschl. v. 3. 11. 2009 - 4 StR 373/09, StRR 2010, 71 = VRR 2010, 70 = VA 2010, 29; Beschl. v. 10. 12. 2009, - 4 StR 503/09, VRR 2010, 150 = VA 2010, 83 (Ls.) = StraFo 2010, 170, jew. m.w.N.) ging es zunächst u.a. um den Begriff des sog. Beinaheunfalls. Der BGH hat hier noch einmal darauf hingewiesen, dass die Verurteilung wegen eines vollendeten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) eine Tathandlung voraussetzt, die über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht.

Verurteilungen wegen Verstoßes gegen § 315b StGB bzw. § 315c StGB kranken in der Praxis immer wieder daran, dass zu diesem „Beinahe-Unfall“ nicht ausreichende Feststellungen getroffen werden. Die vorliegenden Entscheidungen (vgl. die o.a. Nachw.) sind dafür ein gutes Beispiel, zumal der BGH im Beschl. v. 3. 11. 2009 (BGH, Beschl. v. 3. 11. 2009 - 4 StR 373/09, StRR 2010, 71 = VRR 2010, 70 = VA 2010, 29) der beim LG neu entscheidenden Strafkammer immer einzelnen aufgibt, was noch festgestellt werden muss bzw. worauf zu achten ist. Daraus lassen sich „Verteidigungsansätze“ ableiten:

  • Zunächst Feststellung der Verkehrssituation, ggf. unter Hinzuziehung eines Sachverständigen für Verkehrsunfallrekonstruktion, wobei allerdings an die diesbezüglichen Feststellungen im Urteil keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, a.a.O.).
  • Können für einen „Beinaheunfall“ ausreichende Feststellungen nicht getroffen werden, kommt die Strafbarkeit wegen eines Versuchs nach § 315b Abs. 2 StGB in Betracht. Insoweit ist dann aber darauf zu achten, dass für die subjektive Tatseite ein bloßer Gefährdungsvorsatz nicht genügt, vielmehr der Täter mit – mindestens bedingtem – Schädigungsvorsatz handeln muss (BGHSt 48, 233, 237 f.).
  • Es ist auch darauf zu achten, dass in § 315b StGB – gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr – in Abs. 2 alle Fälle des § 315b StGB erfasst werden. In § 315c StGB werden in Abs. 2 hingegen nur die Fälle des § 315c Abs. 1 Nr. StGB – Gefährdung des Straßenverkehrs durch Fahrunsicherheit, z.B. durch Alkohol oder Drogen – erfasst. Das bedeutet: Eine Bestrafung des Angeklagten wegen eines Versuchs des § 315c StGB kommt nur in Betracht, wenn der Angeklagte alkoholisiert war und er z.B. infolge seiner Alkoholisierung entgegen der Fahrtrichtung in eine Kraftfahrstraße eingefahren und dabei eine (konkrete) Gefährdung des Gegenverkehrs zumindest billigend in Kauf genommen hat (§§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 2, 22 StGB; BGH, Beschl. v. 10.12.2010, 4 StR 502/09).
  • Schließlich ist in vergleichbaren Fällen immer auch zu prüfen, ob der Angeklagte von einem Versuch nach § 315b Abs. 2 StGB mit strafbefreiender Wirkung gem. § 24 Abs. 1 StGB zurückgetreten ist, indem er seinerseits nach rechts ausgewichen ist und dadurch eine Kollision beider Fahrzeuge verhindert hat.

Tipp/Hinweis:

Unabhängig von einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 315b StGB kommt aber ggf. eine Verurteilung des Angeklagten jedenfalls wegen vollendeter Nötigung (§ 240 Abs. 1 und 2 StGB) in Betracht (vgl. die Fallgestaltung bei BGH, Beschl. v. 20. 10. 2009 - 4 StR 408/09, VRR 2010, 29 = StRR 2010, 72).

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d) Konkrete Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert

Eine andere Entscheidung (BGH, Beschl. v. 20. 10. 2009 - 4 StR 408/09, VRR 2010, 29 = StRR 2010, 72) behandelt ebenfalls den Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei der Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315c StGB). Der BGH verlangt u.a. tatsächliche Feststellungen dazu, ob durch das Verhalten des Täters im Straßenverkehr Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet wurden. Das LG hatte die Angeklagte u.a. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr – und zwar wegen eines sog. Scheppermannfalles - verurteilt. Der BGH weist darauf hin, dass der Straftatbestand des § 315b Abs. 1 StGB u.a. voraussetzt, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Er hat beanstandet, dass dazu vom LG keine hinreichenden Feststellungen getroffen worden waren. So hat dem BGH (a.a.O.) nicht ausgereicht, dass, die Strafkammer nur ausgeführt hatte, dass bei der festgestellten Art von Unfall regelmäßig ein HWS-Trauma zu erwarten sei. Allein damit seit jedoch – so der BGH - eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen nicht hinreichend belegt. Vermisst hat der BGH (a.a.O.) insbesondere Angaben zu den Geschwindigkeiten der beteiligten Pkws im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen.

Auch die konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert hat der BGH (a.a.O.) in dieser Entscheidung als nicht ausreichend festgestellt angesehen. Er hat erneut darauf verwiesen, dass bei der Prüfung, ob einer fremden Sache von bedeutendem Wert in einem zweiten Prüfungsschritt zu prüfen ist, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht habe, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein könne als der maßgebliche Gefährdungsschaden (Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, stets zwei Prüfungsschritte erforderlich sind: Zunächst ist zu klären, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelte. Dies könne – so der BGH (a.a.O.) - etwa bei älteren oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein. Handelte es sich um eine Sache von bedeutendem Wert, so sei in einem vgl. BGH StraFo 2008, 343 = VRR 2008, 312 = StRR 2008, 353).

Tipp/Hinweis:

Die Entscheidung des BGH (a.a.O.) behandelt zwei Problemkreise, bei denen in der Praxis nicht selten Fehler gemacht werden. Nicht selten fehlen nämlich (ausreichende) Feststellungen zur konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen bzw. einer Sache von bedeutendem Wert (s.o.). Insbesondere ist darauf zu achten, dass sich die Feststellungen nicht nur in Allgemeinplätzen bzw. in allgemeinen Ausführungen erschöpfen dürfen, sondern es muss sich ihnen entnehmen lassen, dass „es gerade noch einmal gut gegangen ist“, das Ausbleiben eines Schadens sich also als Zufall darstellt (vgl. hierzu Fischer, § 315b Rn. 18 m.w.N.). Dazu ist i.d.R. eine genaue Schilderung des Verkehrsgeschehens erforderlich sein. Bei der konkreten Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert dürfen die beiden Prüfungsschritte nicht übersehen worden sein. Bei der Frage, ob es sich um eine Sache von bedeutendem Wert handelt, geht die h.M. von einem Wert von mindestens 1.300 € aus (vgl. Fischer, a.a.O., § 315b Rn. 16). Der Begriff des „bedeutenden Werts“ ist im Übrigen von dem des „bedeutenden Schadens“ in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB zu unterscheiden. Bei diesem sind auch Reparatur-, Abschlepp- und Bergungskosten einzubeziehen sind. Hinzukommen muss dann ein drohender bedeutender Schaden. Insoweit dürfte die Grenze bei 750 € liegen (vgl. dazu BGH VRR 2008, 70 = DAR 2008, 272; zuletzt BGH StraFo 2008, 343 = VRR 2008, 312 = StRR 2008, 353; sowie OLG Jena, Beschl. v. 17.09. 2008, 1 Ss 167/08, nicht bei Sache von nur 500 € Wert).

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IV. Urkundsdelikte

In der Praxis spielt die Frage, ob Telefaxe Urkundenqualität haben, eine Rolle. Zu der Frage haben sich in letzter Zeit sowohl der BGH (vgl. Beschl. v. 27. 1. 2010 - 5 StR 488/09, StraFo 2010, 169 = StRR 2010, 189 m. Anm. Deutscher) als auch das OLG Oldenburg NStZ 2009, 391 = StRR 2009, 392 m. Anm. Deutscher geäußert (vgl. früher schon OLG Zweibrücken NJW 1998, 2918). Die Rechtsprechung verneint den Urkundenbegriff i.S. des § 267 StGB. Urkunden im Sinne des Strafrechts seien verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen. Zwar könne im Wege computertechnischer Maßnahmen wie der Veränderung eingescannter Dokumente grundsätzlich eine (unechte) Urkunde hergestellt werden. Dafür müsse die Reproduktion jedoch den Anschein einer von einem bestimmten Aussteller herrührenden Gedankenäußerung vermitteln, also einer Originalurkunde so ähnlich sein, dass die Möglichkeit einer Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann. Daran fehlte es nach Auffassung des BGH (a.a.O.) – es ging um den bloßen Ausdruck einer Computerdatei/eines manipulierten Vertrages – jedoch. Dieser weise nicht die typischen Authentizitätsmerkmale auf, die einen notariellen Kaufvertrag bzw. die Ausfertigung eines solchen prägen. Er spiegele für den Betrachter erkennbar lediglich ein Abbild eines anderen Schriftstücks wider. Damit stehe er einer bloßen Fotokopie gleich, der, sofern als Reproduktion erscheinend, mangels Beweiseignung sowie Erkennbarkeit des Ausstellers ebenfalls kein Urkundencharakter beizumessen sei (BGH, a.a.O., m.w.N.).

Tipp/Hinweis:

Das gilt nach Auffassung des BGH auch dann, wenn durch das Telefaxgerät des Empfängers auf der Telekopie die übliche Kurzbezeichnung des Absenders aufgedruckt gewesen ist. Ein solcher Aufdruck sei entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Cramer/Heine in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 267 Rn. 43 m.w.N.; vgl. zu allem näher Deutscher StRR 2008, 54; Beckkämper JuS 2000, 123). Dem ist zuzustimmen. Der Erklärungswert des Telefax beschränkt sich auf die optische Wiedergabe des übermittelten Schriftstückes. Es lässt weder seinen Aussteller erkennen und noch bietet es eine Garantie für die inhaltliche Richtigkeit des Übermittelten.

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