aus ZAP Heft 15/2013, F. 22 R., S. 801
(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "ZAP" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "ZAP" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)
von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
Auf Folgendes ist hinzuweisen:
Während vor einigen Jahren kaum ein Monat verging, in dem nicht eine Entscheidung des BVerfG zu den Anforderungen an den Erlass und die Begründung einer Durchsuchungsanordnung erging (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 6. Aufl., 2013, Rn. 1086 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]), ist es hinsichtlich dieser Problematik seit einiger Zeit verhältnismäßig ruhig geworden. Wer daraus aber schließen will, dass die Rechtsprechung des BVerfG zu den Anforderungen an eine Durchsuchungsanordnung bei dem Amts und Landgerichten angekommen ist und deshalb ein Eingreifen des BVerfG nicht mehr oder nicht mehr in dem früheren Umfang erforderlich ist, unterliegt einem Trugschluss. Das zeigt anschaulich der BVerfG, Beschl. v. 24. 1. 2013 - 2 BvR 376/11 StRR 2013, 216.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschuldigte, dem Bestellbetrug vorgeworfen wird, bewohnt in einem von seinen Eltern als Wochenendhaus "genutzten Anwesen", offenbar am Tegernsee gelegen, eine Wohnung. Am 20. 3. 2010 verstirbt ein Nachbar. Am 22. 3. 2010 wurden zwischen 18:03 Uhr und 18:28 Uhr unter dem Namen des verstorbenen Nachbarn verschiedene Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements im Wert von rund 170 abgeschlossen. Die Druckerzeugnisse erreichten den Haushalt des Verstorbenen in den folgenden Wochen nur in wenigen Fällen. Am 23. 3. 2010 wurden ebenfalls unter dem Namen des Verstorbenen verschiedene Abbuchungen im Gesamtwert von 135,54 von einem Konto einer Stiftung, deren Kontodaten im Internet einsichtig waren, vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft beantragt auf dieser Grundlage den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses sowie die Sicherstellung des Computers des Beschuldigten. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Täter umfangreiches Detailwissen über den Verstorbenen gehabt haben müsse, da bei der Bestellung und den Abbuchungen insbesondere das Geburtsdatum des Verstorbenen nur leicht verändert angegeben worden sei. Seine Telefonnummer sei hinsichtlich der Vorwahl und der ersten drei Ziffern korrekt angegeben worden. Der Beschuldigte sei der direkte Nachbar des Verstorbenen, der dort mit Hauptwohnsitz gemeldet sei, während seine Eltern das Haus lediglich als Wochenendhaus nützten. Der Täter müsse die fehlenden Zeitungen aus dem Briefkasten des Verstorbenen rechtzeitig entfernt und sich deswegen in unmittelbarer Nähe aufgehalten haben. Aus diesem Grund richte sich der Tatverdacht gegen den Beschuldigten. Das AG erlässt den Beschluss. Im Beschwerdeverfahren fordert das LG München I den ermittelnden Polizeibeamten in Bad Wiessee auf zu erläutern, weshalb ein Durchsuchungsbeschluss gerade gegen den Beschuldigten und nicht gegen einen der übrigen Nachbarn erwirkt wurde. In seiner Stellungnahme gab dieser als Grund erneut die unmittelbare Nachbarschaft an und stellte ferner u.a. darauf ab, der Beschuldigte sei promovierter Arzt und komme wegen seines Intellekts als Leser der abonnierten Zeitungen in Frage. Das LG München I verwirft die Beschwerde.
Die Verfassungsbeschwerde des Beschuldigten hat dann aber beim BVerfG Erfolg (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24. 1. 2013 - 2 BvR 376/11, StRR 2013, 216). Das BVerfG hat die Verfassungswidrigkeit der Beschlüsse des AG und des LG festgestellt. Dazu referiert es zunächst seine ständige Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Begründung Durchsuchungsbeschlüsse, vor allem an den erforderlichen Tatverdacht (vgl. dazu die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Burhoff, EV, Rn. 1086 ff.). Es verweist erneut darauf, dass Verdachtsgründe vorliegen müssen, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Diese sieht das BVerfG hier nicht. Es verweist darauf, dass die Telefonnummer des Verstorbenen öffentlich zugänglich war, weil sie im Telefonbuch stand, und dass die Kenntnis des Beschuldigten vom Geburtsdatum des Verstorbenen, das noch dazu im Rahmen der Zeitungsbestellungen hinsichtlich des Geburtsjahres fehlerhaft angegeben wurde, lediglich vermutet werde. Hinzu komme, dass am Tag der Tatbegehung in zwei lokalen Zeitungen eine Todesanzeige erschienen sei. Soweit auf die räumliche Nähe der Wohnung des Beschuldigten zum Anwesen des Verstorbenen abgestellt werde, könne aus dieser allein ebenfalls nicht ohne weiteres auf die Begehung der vorgeworfenen Taten durch den Beschuldigten geschlossen werden. Warum gerade dieser und nicht eine sonstige dritte Person die Zeitungen aus dem Briefkasten des Verstorbenen entnommen haben soll, sei nicht nachvollziehbar.
Hinweis |
Rechtlich bringt die Entscheidung des BVerfG keine Neuerungen. Das BVerfG bezieht sich auf seine ständige Rechtsprechung zur Durchsuchungsanordnung (vgl. dazu Burhoff, EV, a.a.O.). M.E. war aber dennoch ein Hinweis auf die Entscheidung angebracht. Es ist nämlich schon erstaunlich, mit welchen abenteuerlichen Begründungen der für den Erlass einer Durchsuchungsanordnung erforderlich Tatverdacht bejaht und eine Durchsuchung angeordnet wird, obwohl an sich Art. 13 GG hohe Hürden aufbaut bzw. aufbauen soll. Man fragt sich wirklich, wie auf der hier vorhandenen (Tatsachen[?])Grundlage ein Durchsuchungsbeschluss erlassen werden und vom LG auch noch bestätigt werden konnte. M.E. hätte man doch spätestens beim LG merken müssen, dass das, was man als Verdachtsmomente - hat man eigentlich wirklich welche? - nicht reichen kann. |
Immer wieder muss sich der BGH mit Beweisverwertungsverboten befassen, die auf der Grundlage von (vermeintlichen) Belehrungsfehlern der Ermittlungsbehörden reklamiert werden (vgl. dazu die Zusammenstellung der BGH-Rechtsprechung bei Burhoff, EV, Rn. 2392 ff.). So vor kurzem auch im BGH, Beschl. v. 10. 1. 2013 (1 StR 560/12, NStZ 2013, 299). Dort hatte die Angeklagte in der Revision die Rüge eines Verstoßes gegen ein Beweisverwertungsverbot für die Angaben eines als Zeugen vernommenen Polizeibeamten erhoben. Dieser Rüge lag folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Nach ihrer Festnahme war die Angeklagte durch einen Polizeibeamten gem. §§ 163a Abs. 4, 136 Abs. 1 StPO belehrt worden und hatte darum gebeten, mit einer von ihr namentlich genannten Verteidigerin sprechen zu können. Dieselbe Verteidigerin benannte nach Belehrung auch der mitbeschuldigte Ehemann der Angeklagten. Nachdem vergeblich versucht worden war, die Verteidigerin telefonisch zu erreichen, hatten die Angeklagte und ihr Ehemann unabhängig voneinander von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Nachdem die Verteidigerin sich auch bis zum Mittag desselben Tages nicht zurückgemeldet hatte, unternahm der Polizeibeamte J. einen weiteren Vernehmungsversuch, bei dem er die Angeklagte erneut gem. § 163a StPO belehrte. Die Angeklagte ließ sich nunmehr zur Sache ein. In der Hauptverhandlung sagte der Zeuge J. dann zum Inhalt der Einlassung aus.
Mit der Revision reklamierte die Angeklagte hinsichtlich der Angaben des Polizeibeamten ein Verwertungsverbot, weil der Zeuge die Angeklagte in der (zweiten) Belehrung weder ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Verteidigerin noch nicht erreicht worden sei, noch dass sie nicht dieselbe Verteidigerin wie ihr Ehemann wählen könne; der Zeuge habe es deshalb versäumt, der Angeklagten die Gelegenheit zur Wahl eines anderen Verteidigers zu geben. Der 1. Strafsenat des BGH (NStZ 2013, 299) hat ein Beweisverwertungsverbot verneint. Das Vorbringen der Angeklagten lasse nicht erkennen, dass diese durch den unterbliebenen Hinweis auf den bis dahin fehlgeschlagenen Kontaktversuch zu der Verteidigerin in ihrem Recht auf Verteidigerkonsultation beeinträchtigt worden sei. Die Angeklagte sei über dieses Recht am Beginn beider Vernehmungen belehrt worden; ihren zunächst geäußerten Wunsch auf Verteidigerkonsultation vor der Vernehmung hätten die Beamten respektiert (vgl. demgegenüber BGHSt 38, 372, 374). Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte nach der zu Beginn der zweiten Vernehmung erfolgten erneuten Belehrung keine frei verantwortliche Entscheidung über die Ausübung ihres Schweigerechts hätte treffen können (vgl. dazu BGHSt 42, 170), seien nicht ersichtlich. Unbeschadet der Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalls eine darüber hinausgehende Hilfestellung bei der Verteidigersuche überhaupt noch erforderlich gewesen wäre (zu einem solchen Fall vgl. BGHSt 42, 15, 19; vgl. auch BGHSt 47, 233, 234), hätten sich die Beamten jedenfalls aktiv und ernstlich um die Kontaktaufnahme zu der von der Angeklagten gewählten Verteidigerin bemüht. Auch ein besonderer Hinweis an die Angeklagte, dass sie und ihr Ehemann um Kontaktaufnahme mit derselben Verteidigerin gebeten hätten, sei so der BGH nicht erforderlich gewesen. Eine Mehrfachverteidigung habe bereits objektiv nicht vorgelegen, weil die Verteidigerin im Zeitpunkt der zweiten polizeilichen Vernehmung der Angeklagten noch kein konkurrierendes Mandat übernommen hatte. Das Verbot sei zudem an ein förmliches gerichtliches Zurückweisungsverfahren (§ 146a Abs. 1 StPO) geknüpft. Die Annahme eines Verwertungsverbotes habe dabei schon wegen der weiteren Wirksamkeit der bis zur Zurückweisung vorgenommenen Handlungen des Verteidigers (§ 146a Abs. 2 StPO) fern gelegen.
Hinweis |
Der BGH hat im entschiedenen Fall ein Beweisverwertungsverbot verneint. Ob das allerdings für jeden Fall dieser in der Praxis sicherlich nicht alltäglichen - Konstellation gilt, lässt sich m.E. dem Beschluss nicht abschließend entnehmen. Die Formulierung im Beschluss: Das Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Angeklagte durch den unterbliebenen Hinweis auf den bis dahin fehlgeschlagenen Kontaktversuch zu der Verteidigerin in ihrem Recht auf Verteidigerkonsultation beeinträchtigt worden sei. kann man auch dahin verstehen, dass dann, wenn durch fehlende entsprechende Hinweise, das Recht des Beschuldigten auf Verteidigerkonsultation beeinträchtigt ist, ggf. ein Beweisverwertungsverbot angenommen werden könnte. Aber dazu muss dann konkret vorgetragen werden. |
Und natürlich: Es gilt auf jeden Fall die Widerspruchslösung (vgl. dazu grundlegend BGHSt 38, 214; Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 7. Aufl., 2013, Rn. Rn. 3491 ff. m.w.N. [im Folgenden kurz: Burhoff, HV]).
a) Hohe Straferwartung = Fluchtgefahr i.S. des § 112 Abs. 1 Nr. 2 StPO?
Jeder Verteidiger in Haftsachen kennt die Argumentation vieler AG und auch LG, die zur Begründung der Fluchtgefahr i.S. des § 112 Abs. 1 Nr. 2 StPO dahin geht, dass diese wegen der vorliegenden hohen Straferwartung gegeben sein. Demgegenüber werden die OLG nicht müde in ihren Haftentscheidung immer wieder quasi gebetsmühlenartig zu formulieren, dass eine hohe Straferwartung eben (allein) Fluchtgefahr nicht zu begründen vermag, sondern die Straferwartung lediglich Ausgangspunkt für die Erwägung ist, ob der in ihr liegende Anreiz zur Flucht auch unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände so erheblich ist, dass die Annahme gerechtfertigt, ist der Beschuldigte werde ihm wahrscheinlich nachgeben und flüchtig werden. Die Annahme, dass Fluchtgefahr besteht, muss nach der Rechtsprechung der OLG aus bestimmten Tatsachen hergeleitet werden, allgemeine Befürchtungen genügen nicht (vgl. zu allem Burhoff, EV, Rn. 2859 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung). Umso erfreuter ist man dann, wenn man einen amtsgerichtlichen Beschluss findet, der diese Rechtsprechung beispielhaft umsetzt und mit einer wohl abgewogenen Begründung trotz hoher Straferwartung wegen starker sozialer Bindungen Fluchtgefahr verneint (so der AG Backnang, Beschl. v. 19. 3. 2013 - 2 Ls 222 Js 113636/12, JurionRS 2013, 34295).
Dort drohte so die Prognose des AG - dem Angeklagten wegen verschiedener BtM-Delikte eine hohe Strafe. Das AG Backnang (a.a.O.) hat die Aufhebung eines von einem anderen AG im Ermittlungsverfahren erlassenen Haftbefehls und die Ablehnung des Neuerlasses eines Haftbefehls auf der Grundlage der inzwischen beim AG Backnang erhobenen Anklage wie folgt begründet: Zwar habe der Angeschuldigte im Falle der Verurteilung mit einer erheblichen und möglicherweise auch nicht mehr bewährungsfähigen Freiheitsstrafe zu rechnen, und es drohe ihm ferner im Verurteilungsfalle der Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe. Dennoch komme der Erlass eines Haftbefehls nicht in Betracht, da Fluchtgefahr i.S. des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO nicht vorliege. Eine hohe Straferwartung allein könne Fluchtgefahr nicht begründen, die Straferwartung ist vielmehr lediglich Ausgangspunkt für die Erwägung, ob der in ihr liegende Anreiz zur Flucht auch unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände so erheblich sei, dass die Annahme gerechtfertigt sei, der Beschuldigte werde ihm wahrscheinlich nachgeben und flüchtig werden Das hat das AG hier verneint. Beim Angeklagten seien starke familiäre Bindungen vorhanden. Der Angeklagte, der über einen festen Wohnsitz verfüge, sei nämlich verheiratet und habe zwei Kinder im Alter von drei und neun Jahren. Soweit in dem aufgehobenen Haftbefehl darauf abgestellt werde, die kroatischen Wurzeln der Ehefrau des Angeschuldigten ließen befürchten, der Beschuldigte werde im In- oder Ausland untertauchen, teile das Gericht die dieser Annahme zugrunde liegende Auffassung nicht. Der Umstand alleine, dass die Ehefrau der Ehefrau des Angeschuldigten aus Kroatien stamme und über die kroatische Staatsangehörigkeit verfüge, rechtfertige die Annahme einer Fluchtgefahr nicht. Der Angeschuldigte selbst sei deutscher Staatsangehöriger, seine beiden Kinder seien in Deutschland geboren, und seine Frau lebe seit über zwölf Jahren ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Absetzen nach Kroatien wäre daher für den Angeschuldigten nicht nur die bloße Rückkehr in die alte Heimat, sondern würde eine vollständige Verlagerung des Lebensmittelpunktes bedeuten. Dies wäre nur möglich, wenn entweder erhebliche finanzielle Mittel vorhanden wären oder die Möglichkeit bestünde, über Freunde oder Verwandte der Ehefrau des Angeschuldigten Unterschlupf zu erhalten. Über eigene finanzielle Mittel verfügt der Angeschuldigte nicht, die Familie sei mit 80.000,00 verschuldet. Sie lebe zuletzt von Sozialleistungen. Auch sei nicht ersichtlich, dass er sich illegale Einnahmen, etwa aus den ihm vorgeworfenen Betäubungsmittelgeschäften, in einem Umfang verschafft hat, die ihm und seiner Familie einen kompletten Neuanfang im Ausland ermöglichen würden.
Hinweis |
Endlich mal ein AG, dass sich an die "Vorgaben" der OLG (vgl. zuletzt u.a. KG StRR 2012, 154) hält und nicht damit argumentiert, dass dem sich aus der hohen Straferwartung ergebenden Fluchtanreiz nicht ausreichende soziale Bindungen gegenüberstehen, was dann zur Anordnung/Fortdauer der U-Haft führt. Denn bei dieser Argumentation wird häufig übersehen, dass die vorhandenen sozialen Bindungen doch ausreichend wären, den Beschuldigten von einer Fluch abzuhalten bzw. einen Fluchtanreiz zu mindern und somit mindestens eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls rechtfertigen würden. Anders der vorliegende Beschluss, der alle persönlichen Umstände des Angeschuldigten berücksichtigt. Und dazu gehören sicherlich auch die schlechten finanziellen Verhältnisse des Angeschuldigten, die es ihm so ist das AG zu verstehen unmöglich machen, sich nach einer Flucht im Ausland einen neuen Lebensmittelpunkt aufzubauen. Das wird ihn m.E. eher von einer Flucht abhalten als diese ggf. fördern (so wohl AG Leipzig NStZ-RR 1997, 305). |
Im Anschluss an den Überblick in ZAP F. 22 R, S. 758 ff. ist auf folgende Entscheidungen hinzuweisen:
Am 19. 3. 2013 war in Karlsruhe der Tag der Entscheidung des BVerfG zur (neuen) Abspracheregelung in § 257c StPO (vgl. dazu die Zusammenstellung der Rechtsprechung in StRR 2011, 248 und ZAP F. 22 R, S. 753 m.w.N. zu früheren Zusammenstellungen).
Hinweis |
Das Fazit der Entscheidung (vgl. Urt. v. 19. 3. 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11, StraFo 2013, 153 = StRR 2013, 179 m. Anm. Deutscher): Gerade noch einmal gut gegangen für die Neuregelungen. |
Das BVerfG stellt in seiner Entscheidung noch einmal die Maßstäbe für das Strafverfahren zusammen. Das Strafrecht beruhe auf dem Schuldgrundsatz, der Verfassungsrang habe und sei in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG) sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert sei. Der Strafprozess habe den Schuldgrundsatz zu sichern Der Staat sei von Verfassungs wegen gehalten, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege zu gewährleisten, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden könne. Die Aussagefreiheit des Beschuldigten und das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare) seien notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung. Die Unschuldsvermutung habe als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ebenfalls Verfassungsrang. Das GG gewährleiste den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, vor einem unabhängigen und unparteilichen Richter zu stehen, der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand bietet.
Auf der Grundlage dieser Maßstäbe könne so das BVerfG (a.a.O.) - zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung der Verständigung im Strafverfahren (§ 257c StPO) nicht festgestellt werden. Der Gesetzgeber habe Verständigungen im Strafprozess lediglich in einem begrenzten Rahmen zugelassen und sein Regelungskonzept mit spezifischen Schutzmechanismen versehen, die bei der gebotenen präzisierenden Auslegung und Anwendung erwarten ließen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Strafprozesses erfüllt werden. Das Verständigungsgesetz statuiere nach dem in seinem Wortlaut und Normgefüge zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers kein neues, konsensuales Verfahrensmodell. Vielmehr integriere es die von ihm zugelassene Verständigung mit dem Ziel in das geltende Strafprozessrechtssystem, weiterhin ein der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Findung einer gerechten, schuldangemessenen Strafe verpflichtetes Strafverfahren sicherzustellen.
Hinweis |
Das BVerfG hat zwar auf der Grundlage einer von ihm im Verfahren eingeholten Studie von Prof. Altenhain aus Düsseldorf erhebliche Mängel im Vollzug des Verständigungsgesetzes festgestellt. Diese führen aber wegen der im Gesetz vorhandenen Schutzmechanismen (noch) nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung, da dessen Regelungskonzept keine strukturellen Mängel aufweise. Der Gesetzgeber müsse aber die weitere Entwicklung sorgfältig im Auge behalten. Es bleibt abzuwarten, wie die (gerichtliche) Praxis auf diese Entscheidung reagieren wird. Jedenfalls ist endgültig über die Abspracheregelung noch nicht entschieden. Sie befindet sich noch im verfassungsrechtlichen Beobachtungsmodus. Viel wird davon abhängen, wie die Praxis mit dem deutlichen Verbot/Verdikt informeller Absprachen umgehen wird. Sie sind/waren auch dem BVerfG ein besonderer Dorn im Auge (zu deren Unzulässigkeit s. auch schon BGH NStZ 2011, 107 = StV 2010, 673 = StRR 2010, 382; StV 2011, 645 = StRR 2011, 326). |
Einen Klassiker behandeln die BGH, Beschl. v. 8. 1. 2013 (1 StR 602/12 (StRR 2013, 122 [Ls.] = JurionRS 2013, 10354) bzw. v. 5. 3. 2013 5 StR 39/13 (JurionRS 2013, 33781), nämlich die Frage nach den Voraussetzungen für die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens. In beiden Entscheidungen, einmal ging es um eine Vergewaltigung einer Frau, einmal um sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung eines Jungen, referieren die Senate quasi wie mit einem Textbaustein die bekannte Rechtsprechung des BGH zur Erforderlichkeit eines Glaubwürdigkeitsgutachtens (vgl. dazu z.B. auch BGH NStZ 2010, 51, 52; NStZ-RR 2006, 241; 2006, 242, 243; s. dazu auch Burhoff, HV, Rn. 1634 ff.), nämlich: Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen sei grds. Aufgabe des Tatgerichts. Es sei regelmäßig davon auszugehen, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügten, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich sei, und dass sie diese Sachkunde den beteiligten Laienrichtern vermitteln könnten. Dies gelte bei jugendlichen Zeugen erst recht, wenn die Berufsrichter zugleich Mitglieder einer Jugendschutzkammer seien und über spezielle Sachkunde in der Bewertung der Glaubwürdigkeit von jugendlichen Zeugen verfügten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sei die Hinzuziehung eines psychologischen Sachverständigen lediglich dann geboten, wenn der Sachverhalt Besonderheiten aufweise, die Zweifel daran aufkommen ließen, ob die eigene Sachkunde des Tatgerichts zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den konkret gegebenen Umständen ausreiche. Solche Umstände könnten gegeben sein, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Erinnerungsfähigkeit einer Beweisperson aus besonderen, psychodiagnostisch erfassbaren Gründen eingeschränkt sei oder dass besondere psychische Dispositionen oder Belastungen - die auch im verfahrensgegenständlichen Geschehen selbst ihre Ursache haben könnten -die Zuverlässigkeit der Aussage in Frage stellen könnten, und dass für die Feststellung solcher Faktoren und ihrer möglichen Einflüsse auf den Aussageinhalt eine besondere, wissenschaftlich fundierte Sachkunde erforderlich sei, über welche der Tatrichter im konkreten Fall nicht verfüge.
Auf der Grundlage hat der 1. Strafsenat im Beschl. v. 8. 1. 2013 (1 StR 602/12 (StRR 2013, 122 [Ls.] = JurionRS 2013, 10354) betreffend die Vergewaltigung der Frau die Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens als nicht erforderlich angesehen. Die entscheidende Jugendkammer habe sich auf der Grundlage eines vorliegenden, der Zeugin Aussagetüchtigkeit zuschreibenden psychiatrischen Sachverständigengutachtens mit der Persönlichkeit der Zeugin und möglichen für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit relevanten Aspekten, wie ihrer zeitweiligen psychiatrischen Behandlung, den Berichten von déja -vu-Erlebnissen sowie einer denkbaren Übertragung einer möglicherweise erlebten Vergewaltigung auf das Verhalten des Angeklagten, umfassend und sorgfältig auseinandergesetzt sowie erkennen lassen, warum sie zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit aufgrund eigener Sachkunde in der Lage gewesen sei. Der 5. Strafsenat hat hingegen im Beschl. v. 5. 3. 2013 (5 StR 39/13, JurionRS 2013, 33781) betreffend die Vergewaltigung des Jungen die unterlassene Einholung des Sachverständigengutachtens als rechtsfehlerhaft angesehen, weil besondere Umstände vorlagen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erforderte, die dem LG nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Beurteilung einer psychischen Störung des vielfach in psychiatrischen Einrichtungen untergebrachten sowie in seinem Aussageverhalten auffälligen Nebenklägers habe besonderer Sachkunde, da der Nebenkläger schon im Kindesalter verhaltensauffällig gewesen sei und auf Anraten des behandelnden Psychologen und des Jugendamts schon 1992 aus seiner Familie herausgenommen und in die Obhut der Großmutter gegeben worden sei, und der die Einzelheiten der sexuellen Übergriffe erstmals als Erwachsener seiner damaligen Lebensgefährtin und im Rahmen einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung im Januar 2012 mitgeteilt habe. Die Auswirkungen einer ggf. vorliegenden psychischen Störung auf die Aussagetüchtigkeit habe spezifisches Fachwissen bedurft, das nicht Allgemeingut von Richtern sei.
Hinweis |
In diesen Fällen ist bei der Begründung der Verfahrensrüge darauf zu achten, dass an diese besondere Anforderungen gestellt werden. Grds. bedarf es für die gesetzlich nicht geregelte Untersuchung von Zeugen auf ihre Glaubwürdigkeit nämlich einer Einwilligung des Betroffenen (BGHSt 36, 217, 219; BGH NJW 2005, 1519). Diese muss im Rahmen der Revision dann dargetan werden (BGH, Beschl. v. 8. 1. 2013, 1 StR 602/12 (StRR 2013, 122 [Ls.] = JurionRS 2013, 10354; vgl. aber BGH, Beschl. v. 5. 3. 2013, 5 StR 39/13, JurionRS 2013, 33781 wonach das nicht gilt, wenn einem Sachverständigen ersichtlich unabhängig von einer Einwilligung des Zeugen die erforderlichen Erkenntnisse auch ohne persönliche Begutachtung verschafft werden können). Ebenso muss die Revision sämtliche von der Verteidigung während des Strafverfahrens gestellte Anträge auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens und die daraufhin ergangenen Entscheidungen der Strafkammer aufführen . |
Fast am Ende eines umfangreich begründeten Urteils zu betäubungsmittelrechtlichen Fragen hat der BGH auch (noch einmal) zur reduzierten Besetzung der großen Strafkammer nach altem Recht Stellung genommen (§ 76 GVG a.F.; 338, 222b StPO; vgl. Urt. v. 20. 12. 2012 3 StR 407/12, JurionRS 2012, 35888). Bis zum 31. 12. 2011 war die Besetzung der Strafkammer mit drei Berufsrichtern der Normalfall, nur in Sonderfällen war die Besetzung mit nur zwei Berufsrichtern erlaubt (vgl. zur Altregelung Burhoff, HV, Rn. 2196 m.w.N.). Inzwischen hat sich die Rechtslage erheblich geändert: Jetzt ist die Zweierbesetzung die Regel (vgl. zu allem Burhoff, HV, Rn. 2170; Deutscher StRR 2012, 10). Obwohl sich das Urt. v. 20.12.2012 noch auf die alte Rechtslage bezieht, kann die Entscheidung auch herangezogen werden zur Auslegung und Anwendung der seit dem 1. 1. 2012 geltenden Neuregelung des § 76 GVG.
Nach dem Sachverhalt waren die Angeklagten waren wegen verschiedener Verstöße gegen das BtMG verurteilt worden. Mit ihren Verfahrensrügen hatten sie u.a. beanstandet, dass das mit zwei Berufsrichtern besetzte LG nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei, da nach Umfang und Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig gewesen sei (§ 338 Nr. 1 StPO, § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG a.F.). Diese Rüge hatte beim BGH keinen Erfolg. Denn dazu wäre so der BGH - erforderlich (gewesen), dass die Entscheidung der Strafkammer objektiv willkürlich gewesen sei, weil diese den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten habe (BGHSt 44, 328, 333; NJW 2003, 3644, 3645). Das sei hier nicht der Fall. Wie sich insbesondere aus dem die Besetzungseinwände zurückweisenden Beschluss der Kammer ergebe, sei diese von zutreffenden Maßstäben bei der Beantwortung der Frage ausgegangen, ob die Hinzuziehung eines dritten Richters notwendig erscheine. Dabei habe sie die Anzahl von fünf Angeklagten und zehn Verteidigern, der insgesamt 13 Delikte sowie der 22 Zeugen bedacht. Zudem habe sie berücksichtigt, dass die Anklagevorwürfe gegen die Angeklagten weitgehend gleichgelagert waren, die Hinzuziehung von Dolmetschern entbehrlich gewesen sei, die Akten vier Bände nebst einigen Sonderheften umfassten, sich zwei Angeklagte im Ermittlungsverfahren umfangreich eingelassen hätten und zwei ggf. einzuholende Sachverständigengutachten keinen besonderen Umfang erwarten ließen. Demnach habe sich die Kammer weder auf sachfremde Erwägungen gestützt noch den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten. Dass ggf. auch eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre oder sogar näher gelegen haben könnte und die Hauptverhandlung schließlich an 17 Tagen stattfand, lasse es nicht zu, die ursprüngliche Besetzungsentscheidung als objektiv willkürlich zu bewerten.
Hinweis |
Aus der Entscheidung lässt sich m.E. zur neuen Rechtslage die Auffassung des BGH entnehmen, dass bei den festgestellten Verfahrensumständen offenbar wohl die Dreierbesetzung vorzuziehen gewesen wäre sogar näher gelegen haben könnte -, wenn gleich die andere Entscheidung des LG (noch) nicht objektiv willkürlich war. Nachträglich eingetretene weitere Umstände führen nicht zur Willkürlichkeit der ursprünglichen Entscheidung. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass nach § 76 Abs. 3 GVG jetzt ein Regelfall mit der Folge der Dreierbesetzung vorliegt, wenn von vorherein abzusehen ist, dass die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als 10 Hauptverhandlungstage dauern wird. Das war hier allerdings wohl nicht der Fall. |
Für die Praxis der Nebenklage von Bedeutung ist der OLG Oldenburg, Beschl. v. 6. 2. 2013 (1 Ws 70/13, JurionRS 2013, 34162). Nach dem Sachverhalt war der Angeklagte vom AG wegen Betruges in sechs Fällen zum Nachteil der Geschädigten verurteilt, in drei Fällen war er frei gesprochen worden. Dagegen legt die Geschädigte, die vom AG gem. §§ 395 Abs. 3, 396 StPO als Nebenklägerin zugelassen worden war, Berufung ein. Die wird vom LG als unzulässig verworfen. Die Nebenklägerin sei nicht durch ein Nebenklagedelikt i.S. des § 395 StPO verletzt, weshalb es für die Zulässigkeit der Berufung an der notwendigen Beschwer der Nebenklägerin fehle. Das OLG Oldenburg hat das anders gesehen. Der einmal nach § 395 Abs. 3 StPO als Nebenkläger zugelassene Geschädigte, bleibe Nebenkläger, die Zulassung habe konstitutive Bedeutung. Anders als ein gem. § 395 Abs. 1 oder Abs. 2 StPO ergangener Zulassungsbeschluss begründe die auf § 395 Abs. 3 StPO gestützte Zulassung einen materiellen Anschlussgrund mit konstitutiver Wirkung. Sie sei durch § 396 Abs. 2 StPO jeder Anfechtung entzogen und binde auch das Rechtsmittelgericht, mit der Folge, dass das LG bei der im Rahmen der Zulässigkeit der Berufung zu prüfenden Beschwer der Nebenklägerin deren Nebenklageberechtigung nicht abweichend von der materiellen Entscheidung des Amtsgerichts beurteilen dürfe (vgl. BGH NJW 2012, 2601 = StV 2012, 710 = StRR 2012, 343 m. Anm. Baron; OLG Düsseldorf NStZ 1994, 49 mit Anm. Rössner NStZ 1994, 506; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 11).
Ich habe u.a. auch in ZAP F 22 R, S. 783 ff. über den verfahrensrechtlichen Dauerbrenner im Bußgeldverfahren aus den letzten Jahren berichtet, nämlich die Frage nach dem Einsichtsrecht des Verteidigers in die Bedienungsanleitung und andere Unterlagen, die zu dem bei einer Messung verwandten Messgerät gehören. Inzwischen gibt es über die an dieser Stelle vorgestellte obergerichtliche Rechtsprechung des KG (vgl. Beschl. v. 7. 1. 2013 3 Ws (B) 596/12, StRR 2013, 77 = VRR 2013, 78) und des OLG Naumburg (VRR 2013, 37 = StRR 2013, 36 = DAR 2013, 37) weitere oberlandesgerichtliche Rechtsprechung, die sich mit den anstehenden Fragen auseinandersetzt. Das ist einmal ein Beschluss des OLG Celle (OLG Celle, Beschl. v. 28. 3. 2013 311 SsRS 9/13, VRR 2013, 192 = StRR 2013, 196 = DAR 2013, 283 ) und ein Beschluss des OLG Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 12. 4. 2013 2 Ss-OWi 137/13, VRR 2013, 230). Beide OLG haben im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob die jeweils erhobene Verfahrensrüge ausreichend i.S. des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben ist, auch zu der materiellen Frage der (Akten)Einsicht Stellung genommen. und diese teilweise verneint. Beide OLG gehen (wohl) davon aus, dass dann, wenn die Bedienungsanleitung sich nicht bei der Akte befindet, der Tatrichter nicht verpflichtet sei, sie beizuziehen (so auch noch OLG Celle, Beschl. v. 11. 9. 2012 - 311 SsRs 124/12, DAR 2013, 214 ; zutreffend a.A. KG, a.a.O.; Cierniak zfs 2012, 664 ff.). Das OLG Frankfurt (a.a.O.) verlangt insoweit einen tatsachenfundierten Antrag, ohne allerdings mitzuteilen, wie der Verteidiger den stellen soll, wenn er die Umstände der Messung nicht kennt und nicht prüfen kann, weil ihm die entsprechenden Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt werden. Alles in allem ein Teufelskreis, in dem sich der Verteidiger befindet. Es ist zu hoffen, dass bald der BGH aufgrund einer Vorlage hier so oder so Abhilfe schafft.
Hinweis |
Bis dahin muss der Verteidiger in diesen Fällen besondere Sorgfalt auf die Begründung der Rechtsbeschwerde verwenden, um durch eine ausreichend begründete und damit zulässige Verfahrensrüge zu erreichen, dass das OLG in der Sache entscheiden muss. Die Anforderungen hier sind sehr hoch, da die OLG umfangreichen Vortrag verlangen.
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