aus RVGreport 2004, 177
(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)
von Richter am OLG Detlef Burhoff, Münster/Hamm
Neben der Verfahrensgebühr (vgl. dazu Burhoff, RVGreport 2004, 127) kennt das RVG auch im Bereich der anwaltliche Vergütung in Strafsachen nach Teil 4 VV RVG grds. nur noch die Terminsgebühr (zur Grundgebühr s. Burhoff, RVGreport 2004, 53 ff.). Sie ist - ebenso wie die Verfahrensgebühr - aus der alten Hauptverhandlungsgebühr des § 83 BRAGO entwickelt.
Allgemein wird die Terminsgebühr in Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG geregelt. Hier wird der allgemeine Abgeltungsbereich der Gebühr festgelegt. Die an dieser Stelle gegebene Legaldefinition der Terminsgebühr gilt für alle Terminsgebühren, die für den RA im Strafverfahren nach Teil VV RVG entstehen können. Das sind:
Beibehalten worden ist auch für die Terminsgebühr, wie die Regelungen in Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 zeigen, die Abhängigkeit der Höhe im ersten Rechtszug - ebenso wie die der gerichtlichen Verfahrensgebühr (vgl. Burhoff, RVGreport 2004, 127) - von der Ordnung des Gerichts, bei dem der RA tätig wird. Damit wird nach wie vor auch für die Teilnahme an Hauptverhandlungen die Schwierigkeit und Bedeutung des jeweiligen Verfahrens bei der Bemessung der anwaltlichen Gebühren angemessen berücksichtigt werden können. Eine Ausnahme gilt für die (Vernehmungs)Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV. Deren Gebührenrahmen ist nicht davon abhängig, wo das Verfahren, in dem der Termin außerhalb der Hauptverhandlung durchgeführt wird, anhängig ist oder wird. I.Ü. sind die Rahmen der Terminsgebühren für das Berufungs- und das Revisionsverfahren angehoben worden.
Zuständigkeit des Gerichts |
Gebührenrahmen/Festgebühr (ohne Zuschläge) |
||
|
Wahlverteidiger |
Pflichtverteidiger |
|
von |
bis |
||
Terminsgebühr Nr. 4102 VV RVG HV beim AG ([erw.]Schöffengericht, Jugendschöffengericht, Strafrichter, Jugendrichter |
30,00
60,00 |
250,00
400,00 |
112,00
184,00 |
HV beim
LG (Große Strafkammer [ohne Schwurgericht und ohne Staatsschutz- und Wirtschaftsstrafkammer], Jugendkammer) |
70,00 | 470,00 | 216,00 |
HV beim
Schwurgericht, Staatsschutz- und Wirtschaftsstrafkammer, Jugendkammer, (soweit Schwurgerichtszuständigkeit), erstinstanzlich beim Oberlandesgericht |
110,00 | 780,00 | 356,00 |
Berufungsverfahren | 70,00 | 470,00 | 216,00 |
Revisionsverfahren | 100,00 | 470,00 | 228,00 |
Nach der Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG erhält der RA eine Terminsgebühr für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Einschränkung ist erforderlich, weil in Nr. 4102 VV RVG auch die Teilnahme an nicht gerichtlichen Terminen, nämlich z.B. Vernehmungstermine bei der Staatsanwaltschaft, mit einer Terminsgebühr abgegolten wird. Vorgesehen sind Terminsgebühren insbesondere für Hauptverhandlungstermine und darüber hinaus für die Nr. 4102 VV erwähnten (Vernehmungs)Termine. Für andere Termine, z.B. Besprechungstermine mit anderen Verfahrensbeteiligten, entstehen keine Terminsgebühren. Die Teilnahme an diesen Terminen muss bei der Bemessung der konkreten (Verfahrens)Gebühr über § 14 RVG berücksichtigt werden.
Die Gebühr erfasst nach dem Wortlaut der Vorschrift die "Teilnahme an" gerichtlichen Terminen. Damit wird vor allem die Anwesenheit des Rechtsanwalts in dem Termin, insbesondere der Hauptverhandlung, abgegolten. Davon geht auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung aus, wenn dort formuliert ist, dass die Terminsgebühr die Tätigkeit des RA "in" der Hauptverhandlung erfassen soll (s. BT-Dr. 15/1971, S. 221).
Die Terminsgebühr erfasst aber auch sonstige mit dem jeweiligen Termin in Zusammenhang stehende Tätigkeiten, wie z.B. die konkrete Vorbereitung dieses Termins. Das ergibt sich zumindest insoweit auch aus der Gesetzesbegründung zu Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV, wo zur Begründung der Terminsgebühr für einen "geplatzten Termin" auch auf den zur Vorbereitung dieses "geplatzten Termins" erbrachten Zeitaufwand abgestellt wird (vgl. vgl. dazu BT-Dr. 15/1971, S. 221). Zu den mit der Terminsgebühr also auch abgegoltenen Tätigkeiten können z.B. zählen das nochmalige Aktenstudium, die Überprüfung, ob alle in der Anklageschrift benannten oder vom Verteidiger zur Entlastung benannten Zeugen geladen sind. Die darüber hinausgehenden Tätigkeiten, die nicht der Vorbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins gelten, sondern allgemein der Vorbereitung bzw. der Verteidigung in der Hauptverhandlung werden von der jeweiligen gerichtlichen Verfahrensgebühr abgegolten (so auch Burhoff, RVGreport 2004, 127; Burhoff/Kindermann/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Vorbem. 4 VV Rn. 34 f., 54 f.).
Voraussetzung für eine Terminsgebühr ist, dass ein gerichtlicher - oder sonstiger - Termin stattgefunden hat, für den das RVG eine Terminsgebühr vorsieht, und dass der RA an diesem teilgenommen hat (s. im Übrigen die Komm bei Burhoff, a.a.O., bei den jeweiligen Terminsgebühren). Eine Ausnahme ist in Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV für den "geplatzten Termin" enthalten.
Hinweis: Ausreichend für das Entstehen der Gebühr ist i.d.R. die bloße Anwesenheit des RA im Termin. Er muss z.B. keine Anträge gestellt und auch nicht zu bestimmten Fragen Stellung genommen haben. Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 1 VV RVG verlangt grds. nur die "Teilnahme". Etwas anderes gilt für Nr. 4102 Ziff. 3 und 4 VV RVG. Hier wird ein "Verhandeln" vorausgesetzt. |
Für die Terminsgebühr stehen unterschiedliche Gebührenrahmen zur Verfügung. Aus diesen muss der Wahlverteidiger unter Anwendung der Kriterien des § 14 RVG die jeweils angemessene Gebühr bestimmen. Der Betragsrahmen richtet sich im gerichtlichen Verfahren nach der Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts. Das wesentliche Bemessungskriterium für die Höhe einer Terminsgebühr ist, da die Terminsgebühr für die "Teilnahme" an den gerichtlichen Terminen gezahlt wird, die zeitliche Dauer des Termins an dem der RA teilgenommen hat. Das wird auch deutlich durch die Gesetzessystematik, die beim Pflichtverteidiger allein an den Umstand der zeitlichen Dauer des Termins von "mehr als 5 und bis 8 Stunden" bzw. von "mehr als 8 Stunden" zusätzliche Gebühren knüpft (zur Bemessung s. auch Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn. 58 ff.; Burhoff/Kindermann, Rechtsanwaltsvergütung 2004, Rn. 93). Als durchschnittlich und damit grundsätzlich die Mittelgebühr rechtfertigend wird man heute ansehen können: beim Strafrichter bis zu 1 Stunde, beim Schöffengericht bis zu 2 oder 3 Stunden, bei der Strafkammer bis zu 5 Stunden, beim Schwurgericht bis zu 7 Stunden, Tendenz aber abnehmend (so auch Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn. 61). Bei der Feststellung der Dauer des Termins sind Wartezeiten zu berücksichtigen. Pausen werden nicht abgezogen (vgl. die Nachweise bei Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 Rn. 63; Burhoff/Kindermann, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 2004, Rn. 289). Der Pflichtverteidiger erhält einen sich unmittelbar aus dem RVG ergebenden Festbetrag in Höhe von 80 % der Mittelgebühr des Wahlanwalts.
Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass vor Verweisung/Trennung/Verbindung entstandene Terminsgebühren erhalten bleiben. Nach Verweisung/Trennung/Verbindung entstehen nur noch in dem bzw. in den "neuen" Verfahren Terminsgebühren. Wird durch eine Verweisung der Betragsrahmen der Terminsgebühr erhöht, gilt der höhere Gebührenrahmen nur für diejenigen Gebühren, die vor dem höheren Gericht (noch) entstehen. Für bereits abgeschlossene Gebührentatbestände bleibt es hingegen bei dem niedrigeren Rahmen (so auch AnwKom-BRAGO N.Schneider, § 83 Rn. 23 m.w.N. aus der Rspr. und zur a.A.; wegen der Einzelheiten Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 VV Rn. 40 ff.).
Hinweis: Sollen mehrere Verfahren erst in der HV verbunden werden, muss der RA nach wie vor darauf achten, dass die Verbindung erst nach dem Aufruf der Sache vorgenommen wird. Nur dann hat er an einem Termin in der jeweiligen, noch nicht verbundenen Sache teilgenommen und es entsteht die Terminsgebühr. Wird vor dem Aufruf verbunden, entsteht nur eine Terminsgebühr in dem dann nur vorliegenden einheitlichen Verfahren. Die einheitliche Terminierung ist noch keine Verfahrensverbindung (Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 83 Rn. 22). |
Entfallen ist auch bei der Terminsgebühr ein Zuschlag, wenn der RA im Hinblick auf Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis tätig wird (früher § 88 Satz 3 BRAGO). Diese Tätigkeiten sind jetzt über § 14 RVG zu berücksichtigen.
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