aus RVGreport 2004, 292 ff.
(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)
von RiOLG Detlef Burhoff, Münster/Hamm
Wir haben in den vergangenen Monaten über die neuen Gebühren des RVG bei der Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit in Straf- und OWi-Sachen berichtet (vgl. zur Grundgebühr Burhoff, RVGreport 2004, 53; zur Verfahrensgebühr Burhoff, RVGreport 2004, 127; zur Terminsgebühr Burhoff, RVGreport 2004, 177; zur Vernehmungsterminsgebühr Burhoff RVGreport 2004, 245). Die Anwendung dieser Gebühren wollen wir Ihnen nun in einigen Beiträgen anhand einiger Abrechnungsbeispiele verdeutlichen. Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Kriterien des § 14 RVG-E (früher § 12 BRAGO) alle durchschnittlich sind und deshalb für den Wahlanwalt immer der Ansatz der sog. Mittelgebühr gerechtfertigt ist.
Die nachfolgenden Beispiele betreffen im Wesentlichen die Grundgebühr und das vorbereitende Verfahren. Die Beispiele zu den anderen Verfahrensabschnitten folgen. |
Beispiel 1: Verteidigung nur im vorbereitenden Verfahren Dem Beschuldigten B wird von der Staatsanwaltschaft Handel mit BtM vorgeworfen. Er wird im Ermittlungsverfahren von Rechtsanwalt R vertreten. Dieser nimmt an einer Vernehmung des Beschuldigten durch die Staatsanwaltschaft teil. Als Rechtsanwalt R dem Beschuldigten rät, sich geständig einzulassen, entzieht dieser ihm das Mandat.
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Beispiel 2: Verteidigung nur im vorbereitenden Verfahren; neuer Rechtsanwalt wird beauftragt Im Beispiel 1 beauftragt der Beschuldigte B nach der Entziehung des Mandats Rechtsanwalt R 2 mit seiner Vertretung. Diesem gelingt es, die Staatsanwaltschaft von der Geringfügigkeit des Vorwurfs zu überzeugen. Das Verfahren gegen B wird gemäß § 153 StPO eingestellt.
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Beispiel 3: Mandatsübernahme erst im Revisionsverfahren Dem Beschuldigten B wird ein Diebstahl zur Last gelegt. Er verteidigt sich beim AG zunächst selbst. Seinen (späteren) Verteidiger Rechtsanwalt R, der Revisionsspezialist ist, sucht er erst auf, nachdem er vom AG verurteilt worden ist, um ihn mit seiner Verteidigung zu beauftragen. Rechtsanwalt R legt dann "Rechtsmittel" ein, das später als Revision bezeichnet wird. R begründet die Revision. Das OLG hebt das amtsgerichtliche Urteil auf und verweist das Verfahren an das Amtsgericht zurück. R legt das Mandat nieder.
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Entsprechendes gilt, wenn R nicht Revision einlegt, sondern das Berufungsverfahren durchgeführt wird (zur Grundgebühr Burhoff, RVGreport 2004, 53 ff.; Burhoff/Burhoff, a.a.O., Nr. 4100 Rn. 6). Auch dann erhält R die Grundgebühr. |
Beispiel 4: Gebühren des Zeugenbeistandes Bei dem Wirtschaftsboss B wird von der Staatsanwaltschaft durchsucht. Anschließend soll ein Angestellter A des B von der Staatsanwaltschaft vernommen werden. B ruft den Rechtsanwalt R an und bittet ihn, an dem Vernehmungstermin als Beistand für A teilzunehmen. R kommt dieser Bitte nach. Wie kann R später die bis dahin entstandenen Gebühren abrechnen?
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Entsprechendes gilt, wenn R nicht Revision einlegt, sondern das Berufungsverfahren durchgeführt wird (zur Grundgebühr Burhoff, RVGreport 2004, 53 ff.; Burhoff/Burhoff, a.a.O., Nr. 4100 Rn. 6). Auch dann erhält R die Grundgebühr. |
Beispiel 5: Vertretung im vorbereitenden Verfahren; inhaftierter Mandant Der Beschuldigte B wird bei einem Handelsgeschäft mit BtM, bei dem er an einen Scheinkäufer der Polizei 1 Kg Heroin verkaufen will, vorläufig festgenommen. Er wird zur Vernehmung auf die Polizeibehörde gebracht. Von dort aus verständigt er seinen Rechtsanwalt R, der an der anschließenden polizeilichen Vernehmung teilnimmt. Am nächsten Tag wird B dem Haftrichter vorgeführt. Dort beantragt die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Haftbefehls. Dieser wird vom Ermittlungsrichter erlassen. R beantragt in dem Termin, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen. Der Haftrichter kommt diesem Antrag nach. Zwischen B und R kommt es im Anschluss an die Freilassung zum Streit wegen des weiteren Vorgehens. R legt das Mandat nieder.
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Beispiel 6: Vertretung auch im gerichtlichen Verfahren Im Beispiel 1 wird Rechtsanwalt R das Mandat nicht entzogen. Es kommt vielmehr zur Anklage beim AG. Dieses eröffnet das Hauptverfahren. Die Hauptverhandlung findet an einem Tag beim Schöffengericht statt. Das Urteil wird rechtskräftig.
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Die Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG entsteht nur einmal. Vorbereitendes Verfahren und gerichtliches Verfahren sind auch nach dem RVG keine verschiedenen Angelegenheiten (Burhoff/Burhoff, a.a.O., Vergütungs-ABC: Angelegenheiten [§ 15 ff.], Rn. 5; a.A. Schneider/Mock, Das neue Gebührenrecht für Anwälte, § 25 Rn. 22). Im Übrigen gilt aber § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG. Die weiteren Rechtszüge Berufung und/oder Revision sind besondere Angelegenheiten, in den die Postentgeltpauschale, dann jeweils entsteht. |
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